Davor graut es der Bankenbranche schon lange. Aufgrund der Notübernahme der Credit Suisse durch die Konkurrentin UBS wird ein massiver Stellenabbau befürchtet. Seit der Ankündigung wirft das einen Schatten über den Finanzplatz. Noch kann über das tatsächliche Ausmass aber nur spekuliert werden.
Laut Medienberichten könnten allein in der Schweiz 10'000 Stellen wegfallen. Weltweit könnten insgesamt sogar 30'000 bis 35'000 Jobs gestrichen werden. Ende 2022 haben die beiden Grossbanken zusammen bis zu 120'000 Arbeitsplätze angeboten.
Wenigstens gute Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt
In der Schweiz fällt der anstehende Personalabbau immerhin in ein Umfeld mit angenehmen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Mit einer äusserst tiefen Arbeitslosenquote und Fachkräftemangel stehen die Vorzeichen nicht allzu schlecht. Zudem schreibt die Bankenbranche derzeit dank einer günstigen Zinssituation steigende Gewinne. Darum blickt sie insgesamt zuversichtlich nach vorne. Das zeigt die jüngste Konjunkturumfrage der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF).
«Eigentlich müsste man davon ausgehen, dass das Umfeld für einen solchen Stellenabbau gut ist», sagt der Geschäftsführer des Verbands Arbeitgeber Banken, Balz Stückelberger (51). Das bestätigen die Zahlen des Arbeitsmarktindexes, die vom Verband erhoben wurden. So waren schweizweit zur Jahresmitte 6600 offene Stellen in der Branche gemeldet. Gleichzeitig waren nur 2400 Bankangestellte als arbeitslos registriert.
Die Daten wiesen allerdings auch auf mögliche Komplikationen hin. So suchen die Finanzinstitute vielfach andere Qualifikationen, als viele der Stellensuchenden zu bieten hätten, erklärt Stückelberger. Sehr gesucht seien Fachleute für ICT oder für Compliance. Für Angestellte in Backoffice-Bereichen gestalte sich die Situation schon schwieriger.
Auch der Schweizerische Bankenpersonalverband (SBPV) befürchtet eine erschwerte Arbeitssuche für entlassene Backoffice-Angestellte. Sorgen machen dem Berufsverband zudem die drohenden Stellenverluste gerade für langjährige und ältere Angestellte. Trotz Sozialplänen mit verlängerter Kündigungsfrist könnte es für diese Personen problematisch werden.
Sollten arbeitsuchende Angestellte der Grossbanken zudem in eine andere Branche wechseln müssen, könnte ihnen auch ein deutlich tieferes Lohnniveau drohen. Dementsprechend müsste mit Einschränkungen im Lebensstandard gerechnet werden: Noch werden im Bankensektor laut Personalfachleuten bis zu 30 Prozent höhere Löhne bezahlt als in anderen Branchen.
Angestellte nehmen das Heft selbst in die Hand
Allerdings haben angesichts der anstehenden Zusammenlegung der beiden Banken zahlreiche CS-Angestellte das Heft bereits selbst in die Hand genommen. Dabei haben viele sich eigenständig nach einer neuen Stelle umgesehen. UBS-Chef Sergio Ermotti hatte bereits Mitte Juni erklärt, dass in den vorangegangenen Monaten bis zu 10 Prozent der CS-Mitarbeitenden der Bank den Rücken gekehrt hätten. Auch seither reissen Berichte um Stellenwechsel von CS-Bankern oder auch ganzer Teams im In- und Ausland nicht ab.
Denn die Konkurrenz hat längst ihren Blick auf «interessante» Angestellte geworfen. Primär im Fokus sind dabei Kundenberater mit einem Portfolio an vermögenden Kunden. Aber auch spezialisierte Investment Banker haben offenbar wenig Mühe beim Stellenwechsel. Gewisse Banken hätten sich – zum Ärger der UBS – regelrecht bei der Credit Suisse «bedient», sagt ein Brancheninsider. Begehrte Leute seien dabei auch mit hohen Zahlungen abgeworben worden.
Immerhin wird der anstehende Stellenabbau wohl über einen längeren Zeitraum abgewickelt werden. Damit wird es den Schweizer Arbeitsmarkt nicht auf einen Schlag treffen. So hat die Grossbank bereits einen Sozialplan mit Lohnfortzahlungen angekündigt. Die Massnahmen sollen während der Stellensuche bis zu einem Jahr unterstützend wirken.
Entsprechend erwartet das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) keinen Einfluss der UBS-Fusion auf die Arbeitslosenrate. Dies erklärte der Leiter der Direktion für Arbeit, Boris Zürcher (59), im Juli an einer Medienkonferenz. Beim besonders betroffenen Kanton Zürich gibt man sich derweil abwartend: Bis zur Vorlage offizieller Angaben zum Stellenabbau durch die UBS wolle man sich nicht äussern, sagte ein Sprecher der Volkswirtschaftsdirektion auf Anfrage. Die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) seien aber «gewappnet».
Konkrete Auskünfte über ihre Pläne zur CS-Integration und über den Personalabbau wird die UBS wohl spätestens mit der Publikation ihrer Halbjahreszahlen am 31. August vorlegen. (SDA/wgr)