Abbauwelle bei Schweizer Industriebetrieben rollt an
Warum Firmen nun Massenentlassungen aufgleisen

Schweizer Zulieferfirmen im Bau und Industrie machen derzeit schwierige Zeiten durch. Sie kündigen den Abbau Hunderter Stellen an. Ist das der Beginn einer Abkühlung? Oder nur eine kurze Delle? Blick hat sich bei Analysten umgehört.
Publiziert: 20.07.2023 um 18:44 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2023 um 22:41 Uhr
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Vor allem der Einbruch der Bautätigkeit in Deutschland macht Schweizer Firmen zu schaffen.
Foto: imago/photothek

Gleich zwei Schweizer Grossfirmen kündigen am Donnerstag den Abbau Hunderter Jobs an. Der Ostschweizer Bauzulieferer Arbonia leidet unter dem Rückgang der Bautätigkeit. Grund dafür sind historisch hohe Baukosten und die gestiegenen Zinsen. Die Thurgauer müssen dringend Kosten sparen. Und kennen keine Gnade.

Ein Werk wird geschlossen. 600 Angestellte sollen bis 2024 ihren Job verlieren. Arbeitsplätze in der Schweiz sind davon allerdings nicht betroffen, heisst es am Donnerstag. Arbonia will damit bis zu 12 Millionen Franken im Jahr sparen. Die Heizkörperproduktion wird von Belgien nach Tschechien verlegt. Einsparungen hier: 4 Millionen im Jahr. Entlassungen: 70 Arbeiter.

Aber auch in der Industrie ist Sparen angesagt. Zum Beispiel bei Rieter, dem Spinnereimaschinen-Hersteller aus Winterthur ZH. Dessen Auftragseingang stürzte im ersten Halbjahr um 63 Prozent auf 325 Millionen Franken ab. Eine rasche Erholung ist nicht in Sicht. Deshalb verlieren am Hauptsitz Winterthur mit seinen 580 Angestellten 100 Personen ihren Job. In Deutschland stehen bald 200 Angestellte auf der Strasse – so will Rieter 80 Millionen Franken pro Jahr sparen. Die Alarmglocken läuten: Einen weiteren Abbau von 400 bis 600 Stellen kann das Unternehmen nicht ausschliessen.

Ist das erst der Anfang?

Kommen auch andere Industriefirmen unter die Räder? Was ist mit Bauzulieferern wie Geberit, Forbo oder Zehnder? Martin Hüsler, Analyst bei der ZKB glaubt: «Aufgrund der abkühlenden Konjunktur sind weitere Massnahmen nicht auszuschliessen. Höhere Zinsen und Kosteninflation führen insbesondere im Wohnungsbau zu einer geringeren Investitionsbereitschaft.» Laut dem Experten würde eine längere Durststrecke zu Massnahmen wie Kurzarbeit, Abbau von Temporärstellen und schliesslich zu einem Personalabbau oder Werksschliessungen führen.

Bausektor schwächelt

Für Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler ist klar: «Die massiven Zinserhöhungen haben zu einer konjunkturellen Abschwächung geführt. Sie trifft die Industriebetriebe wie Rieter besonders stark.» Sie hätten lange von vollen Auftragsbüchern profitiert. «Die haben sich aber geleert. Nun geraten einige Unternehmen unter Druck», sagt er zu Blick.

Besonders zu spüren bekommen die Zulieferer im Bausektor die schwächelnde europäische Baukonjunktur. «Darunter leidet auch Arbonia, wie die aktuellen Sparmassnahmen zeigen», weiss Geissbühler. Vor allem in Schweden und Deutschland seien die Immobilienpreise stark eingebrochen. Es wird weniger gebaut.

Geissbühler: «Es werden weitere Betriebe Stellen abbauen. Die Arbeitslosigkeit wird in den nächsten Monaten ansteigen. Ich rechne aber nicht mit einem Stellenabbau auf breiter Ebene.» Die Firmen seien zurückhaltend. Weil es immer noch sehr schwierig sei, qualifiziertes Personal zu finden.

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