Wer eine Wohnung erbt, darf allen Grund zur Freude haben. Bei Paul R.* (56) und Martina K.* (50) sorgt die im Mai 2022 geerbte 3,5-Zimmer-Wohnung, die sie vermieten, aber für riesigen Frust. «Wir haben seit letzten November keine Miete mehr erhalten», sagt Paul R. Er wohnt mit seiner Partnerin im Bezirk March im Kanton Schwyz – nur wenige Hundert Meter von der Mietwohnung entfernt.
Das Schwyzer Paar möchte anonym bleiben, da es mit dem Mieter in einem offenen Verfahren steckt, dessen Abschluss in weiter Ferne liegt. «Beim Kantonsgericht hat man uns Mitte September auf Anfrage darüber informiert, dass es den Fall wegen Überlastung erst im nächsten Jahr behandeln kann», ärgert sich R.
Bis Ende Januar wird das Paar vom Mieter ganze 15 Monate keinen Rappen gesehen haben. «Wir fühlen uns von den Behörden im Stich gelassen», sagt Martina K.
Mieter ist auf Tauchstation
Dabei haben die beiden alles richtig gemacht: Als das Geld ausbleibt, habe man zuerst versucht, den Mieter zu kontaktieren. «Das war jedoch unmöglich. Er ist auf Tauchstation gegangen», sagt R. Es folgen zwei Zahlungsaufforderungen samt Kündigungsandrohung mit einer Frist von 30 Tagen. Anfang Februar kündigt das Paar den Mietvertrag auf einem amtlichen Formular per Ende März. Die Fristen sind damit alle erfüllt.
Doch der Mieter reagiert nicht und bleibt in der Wohnung. Martina K. und Paul R. verlangen deshalb beim Bezirksgericht die Ausweisung des Mieters – und bekommen am 5. Juni recht. Statt die Wohnung zu verlassen, ficht der Mieter die Ausweisung jedoch vor Kantonsgericht an. Dort ist der Fall seither hängig.
Das sagt der Mietrechtsexperte
Der 62-jährige Mieter ist für Blick nicht zu erreichen. Im Schreiben ans Kantonsgericht, das Blick vorliegt, argumentiert er mit seiner äusserst schwierigen finanziellen Lage samt Betreibungen und Lohnpfändung. Es sei für ihn äusserst hart, eine neue Unterkunft zu finden. Er fordert deshalb eine Erstreckung des Mietverhältnisses.
Seine Erfolgsaussichten tendieren jedoch gegen null, wie der Mietrechtsexperte Massimo Vecchiè (32) der Zürcher Kanzlei Peyer Partner Rechtsanwälte gegenüber Blick sagt. «Bei einer Kündigung wegen Zahlungsrückstand ist von Gesetzes wegen eine Erstreckung ausgeschlossen.»
Das Gericht prüfe, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Zahlungsrückstandes und somit für die Ausweisung eines Mieters gegeben sind – und das kann dauern: «Auch wenn solche Fälle rasch behandelt werden müssten. Ist das Gericht überlastet, hilft nur Geduld. Es gibt keine gesetzlichen Maximalfristen», so Vecchiè. Den Betroffenen sind die Hände gebunden.
Die Hypothek müssen sie trotzdem zahlen
Das Paar hat zwar Verständnis für die schwierigen Umstände des Mieters. Aber: «Wir sind nicht das Sozialamt, sondern private Vermieter, die nun für jemanden, der aufs Sozialamt gehört, den Kopf hinhalten müssen», sagt Martina K.
Während ihre eigene Mietwohnung kein Geld einbringt, überweisen sie jeden Monat brav die Miete für die Wohnung, in der sie selbst leben.
Der finanzielle Schaden ist immens: Bei einer Miete von monatlich 1550 Franken inklusive Nebenkosten türmen sich die Ausstände bis im Januar auf über 23'000 Franken auf. Hinzu kommen in dieser Zeit Auslagen von rund 18'000 Franken. Das Paar muss die Saron-Hypothek und den Unterhalt schliesslich weiterhin bezahlen. Obendrauf kommen noch die Gerichtskosten. R schläft seit Monaten schlecht. «Das ist finanziell langsam problematisch und bringt mich in der Nacht manchmal ins Grübeln», sagt er.
Das Geld werden sie wohl nie mehr sehen
Das Paar ist sich bewusst, dass es die fällige Miete höchstwahrscheinlich abschreiben muss: Mietzinsen sind im Fall eines Privatkonkurses Forderungen dritter Klasse. Zuerst müssen also praktisch alle anderen Gläubiger bedient werden. «Ich hoffe einfach darauf, dass dieses belastende Kapitel bald ein Ende hat», sagt R. resigniert.
Doch der Mieter könnte nach dem Kantons- noch vors Bundesgericht ziehen. Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy (45) sieht Handlungsbedarf. «Solche Ausweisungsfälle dauern im Durchschnitt über ein Jahr. Im Parlament laufen Bestrebungen für eine Beschleunigung», so Bregy, der im Vorstand des Hauseigentümerverbands Schweiz sitzt. Das Verbesserungspotenzial halte sich aber in Grenzen. Das Risiko von langfristigen Mietausfällen bleibt damit bestehen.
*Namen der Redaktion bekannt