Kleidergeschäfte so weit das Auge reicht: Das Outletcity in Metzingen (D) hat gewaltige Dimensionen. Auf 40'000 Quadratmetern tummeln sich mehr als 500 Premium- und Luxusmarken. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie lockte die Outletcity jährlich über 4 Millionen Kunden an. Und dort möchte die Einkaufshochburg wieder hin. Am liebsten mit Schweizer Hilfe.
Die Bahnreiseveranstalterin Railtour bewirbt in den Schalterhallen der SBB derzeit unter dem Slogan «Mit der Bahn der Umwelt zuliebe!» Trips in die «City of Fashion». Das kommt beim Schweizer Handel überhaupt nicht gut an. «Wir finden es befremdlich, wenn ein subventioniertes Staatsunternehmen, welches in seinem Kerngeschäft Mängel aufweist – Stichwort Pünktlichkeit und Sauberkeit – solche Angebote bewirbt», kritisiert Hans-Ulrich Bigler (64), Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, die Werbekampagne in der «Aargauer Zeitung».
Staatsbetrieb als Werbeplattform für Einkaufstourismus
Auch dem Verband der Detailhandelsunternehmen Swiss Retail Federation ist die Werbung ein Dorn im Auge. Grundsätzlich müsse man mit Konkurrenz aus dem Ausland leben, sagt die Direktorin Dagmar Jenni (53) gegenüber der «Aargauer Zeitung». Weniger Verständnis hat sie jedoch dafür, dass die SBB dafür die Plattform bieten: «Die SBB sind ein Staatsbetrieb und auch mit Steuergeldern alimentiert. Sie sollten ein Interesse daran haben, dass die Mehrwertsteuer in der Schweiz generiert wird.»
Die SBB verweisen gegenüber der Zeitung darauf, dass es sich bei den Spots in den Reisezentren um bezahlte Werbung handle, die Railtour gemeinsam mit der Partnerin Outletcity gebucht hat. Die SBB hat Railtour ursprünglich mitgegründet, ihre Anteile aber mittlerweile an den Reisekonzern DER Touristik verkauft – die Zusammenarbeit ist jedoch geblieben.
Wann fällt die Wertfreigrenze?
Bei Railtour kann man die Kritik zwar nachvollziehen. Das Angebot gehört jedoch zum Geschäftsmodell: «Wir sind Anbieter von Städtereisen und Kurztrips auf Basis der Formel Bahn und Hotel in der Schweiz oder im benachbarten Ausland», sagt eine Railtour-Sprecherin zur «Aargauer Zeitung». Zudem spreche das Angebot nicht klassische Einkaufstouristen an. Es gehe viel mehr um die Kombination aus Shopping, Kultur, Sightseeing, Kunst und Kulinarik.
Das Schweizer Gewerbe hofft derweil darauf, dass der Bund die vom Parlament beschlossene Aufhebung der Wertfreigrenze so rasch wie möglich umsetzt. Aktuell können Einkaufstouristen bei Einkäufen bis 300 Franken die ausländische Mehrwertsteuer zurückverlangen, ohne dass in der Schweiz eine Einfuhrsteuer fällig wird. Das soll sich künftig ändern. (smt)