Die Maskenpflicht in Läden und Shoppingcentern ist auch in Konstanz (D) längst Geschichte. Und doch sind die Händler noch immer unzufrieden mit dem Gang ihrer Geschäfte. Denn die einkaufslustigen Schweizerinnen und Schweizer, die einen grossen Teil des Umsatzes ausmachen, kommen längst nicht mehr in Scharen in die Einkaufshochburg am Bodensee.
Selbst im Lago, dem bekanntesten und grössten Shoppingtempel in der Stadt, sieht man im Parkhaus deutlich weniger Autos mit Schweizer Kennzeichen als noch vor der Corona-Krise. Mit ein Grund dafür: Die rekordhohen Spritpreise schrecken viele von einem Trip nach Deutschland ab, um sich den Kofferraum mit Lebensmitteln zu füllen. Es lohnt sich schlicht nicht mehr, wenn man alle Kosten berücksichtigt. Zumal die Teuerung ennet der Grenze höher ist als in der Schweiz.
«Grosse Verwirrung auf beiden Seiten der Grenze»
Nun stellen die betroffenen Händler Forderungen auf. Denn die Schweizer Kunden kaufen auch deutlich weniger ein. Ihre Portemonnaies sind weniger gefüllt. Das merken die Detailhändler. Und Besucher stellen fest, dass die Zahl der leerstehenden Läden zunimmt. Nun sollen es die Stadtverwaltung und der Gemeinderat richten. Sogar das deutsche Nachrichtenmagazin «Stern» berichtet über die Shopping-Flaute im Süden Deutschlands.
Blick hat sich in Konstanz umgehört. «Unter der Woche ist die Kundenfrequenz noch immer 10 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau», sagt Lago-Chef Peter Herrmann (53) zu Blick. «Das liegt natürlich auch an einem Rückgang der Schweizer Kundinnen und Kunden.»
Er führt das vor allem darauf zurück, dass zu verschiedenen Zeiten während der Pandemie in beiden Ländern verschiedene Regeln galten. Etwa in Sachen Masken- und Testpflicht, Einreisebestimmungen und Impfstatus. «Das hat auf beiden Seiten der Grenze immer wieder zu grosser Verwirrung geführt», sagt der Chef des bei Schweizern beliebten Einkaufscenters.
Werbekampagne soll es richten
Die Kundinnen und Kunden hätten vermehrt online eingekauft. Das Lago wirbt im grossen Stil in Schweizer Medien, um die früheren Stammkunden zurückzugewinnen. Auch eine gross angelegte Radiokampagne soll es richten. «Wir sind zuversichtlich, auf diese Weise im Herbst wieder auf dem Vor-Corona-Niveau anzukommen. Die Zeichen dafür stehen gut!», sagt Herrmann.
Bei der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK) hat man exakte Daten. Besonders eingeschenkt hat die Zeit, als die Grenze wegen Corona dicht war. «Für die Einzelhändler, die noch geöffnet sein konnten, fehlte von heute auf morgen fast die Hälfte der Kundschaft», sagt Heike Wagner von der IHK Bodensee-Hochrhein im «Stern».
Ein Drittel weniger Kundschaft
In der Konstanzer Altstadt hört man zwar wieder viel Schweizer Dialekt. Und doch: Die zwei Corona-Jahre haben tiefe Spuren hinterlassen. Der Handel habe gelitten, heisst es. Und er ist noch nicht wieder auf die Beine gekommen. «Gerade der Einzelhandel in den Innenstädten berichtet uns, dass immer noch gut ein Drittel der Kundschaft fehlt», weiss Heike Wagner.
Dass Schweizer Deutschland in Sachen Shoppen die kalte Schulter zeigen, überrascht. Denn in den ersten vier Monaten des Jahres sind sie wieder deutlich mehr ins Ausland gereist. Darauf deuten die Ausgaben hin, die sie dort bargeldlos tätigten. Diese übertrafen teilweise sogar das Vorkrisenniveau.
Deutschland schneidet schlecht ab
In Deutschland blieben die Umsätze noch rund 9 Prozent unter dem Vorkrisenniveau zurück. Insbesondere die Konsumausgaben lagen 10 Prozent unter dem Vorkrisenniveau, was auf einen Einbruch beim Einkaufstourismus hindeutet. Die Umsätze bei Übernachtungen lagen sogar ein Drittel tiefer als vor der Krise.
Ein Grund für das schlechte Abschneiden Deutschlands dürfte die dort lange Zeit geltenden strengeren Corona-Massnahmen gewesen sein. Diese haben Schweizer Touristen und auch Einkaufstouristen abgeschreckt.