«Herzlich willkommen an Bord Ihres Swiss-Fluges nach London», klingt es aus den Lautsprechern in der Flugzeugkabine. Kein vorangestelltes «Sehr geehrte Damen und Herren» mehr, um die Willkommensgrüsse einzuleiten. Die Airline Swiss setzt künftig konsequent auf geschlechtsneutrale Formulierungen. Das hat der Swiss-Mutterkonzern Lufthansa in Frankfurt am Main (D) angekündigt. Neben Swiss und Lufthansa gilt die neue Regelung auch für Austrian, Eurowings und Brussels Airlines.
Die Crews könnten ihre Passagierinnen und Passagiere künftig also mit «Guten Tag», «Guten Abend» oder schlicht und einfach mit «Grüezi» ansprechen.
Auch drittes Geschlecht ansprechen
Mit den geschlechtsneutralen Formulierungen will die Swiss ein Zeichen für Vielfalt und Gleichberechtigung setzen, sagt ein Sprecher zu Blick. «Wir wollen zeigen, dass Vielfalt nicht nur eine leere Worthülse, sondern gelebte Realität ist. Kundinnen, Mitarbeiterinnen und Menschen des dritten Geschlechts sollen nicht nur ‹mitgemeint›, sondern gezielt angesprochen werden.»
Pilotversuche mit den genderneutralen Begrüssungen an Bord gibt es bisher noch nicht. Daher ist auch unklar, wie die neue Sprachregelung beim Personal sowie bei den Passagieren ankommt. Die Umsetzung erfolgt Schritt für Schritt, einen Stichtag gibt es nicht. Will heissen: Bis Formulierungen wie «Sehr geehrte Damen und Herren» ganz aus der Kabine verbannt sind, dürfte es noch eine Weile dauern.
Bereits länger in die Mottenkiste der Geschichte gehört die «Stewardess» und erst recht die abwertende Formulierung «Saftschubse». Stattdessen nennt Swiss das Kabinenpersonal «Maître de Cabine» oder «Flight Attendant», abhängig vom Rang. Wer im Cockpit sitzt, heisst offiziell nicht Pilot oder Pilotin, sondern «Captain» oder «First Officer».
Gender-Forscherin erfreut
Bei der Diversity- und Gender-Forscherin Nora Keller (33) von der Universität St. Gallen kommt die neue Sprachregelung der Swiss gut an: «Aus der Forschung geht klar hervor, dass genderspezifische Formulierungen dazu führen, dass sich gewisse Menschen nicht angesprochen fühlen.» Wer sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnet, fühlt sich durch die Begrüssung «Sehr geehrte Damen und Herren» also alles andere als willkommen an Bord.
Nora Keller glaubt denn auch nicht, dass Swiss lediglich Image-Politur betreibt. Und selbst wenn, so Keller: «Je mehr Unternehmen ihren täglichen Sprachgebrauch anpassen, desto mehr wird das zur neuen Normalität. Sprache schafft Wirklichkeit.»