Die rückläufige Entwicklung bei der Inflation schürt unter Schweizer Immobilienbesitzern Hoffnung auf bald sinkende Zinsen: Die US-Konsumentenpreise stiegen im Juni nur noch um 3,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das ist der kleinste Anstieg seit März 2021. Und auch in der Schweiz ist die Entwicklung rückläufig, wie die Daten zum Juni gezeigt haben. Der Druck auf die Schweizerische Nationalbank (SNB) sinkt, die Leitzinsen im September nochmals zu erhöhen. Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler sagte hier gegenüber cash.ch Anfang Juli, dass gar keine Leitzinserhöhungen mehr anstehen.
Erst Mitte Juni hatte die SNB den Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf 1,75 Prozent angehoben, was gerade die Zinskosten von Geldmarkthypotheken direkt betrifft. Der Zinssatz von Geldmarkthypotheken richtet sich nach dem Saron (Abkürzung für Swiss Average Rate Over Night). Dieser ist ein Schweizer Referenzzinssatz, der sich eng am offiziellen Leitzins der SNB orientiert. Vor einem Jahr lag der Saron bei -0,2 Prozent. Jetzt liegt er bei 1,7 Prozent, was die Auswirkungen der vier Leitzinserhöhungen in derselben Zeitperiode illustriert.
Der von Festmarkthypotheken dominierte Hypotheke-Zinsindex wandert im Gegensatz dazu in der Tendenz seit dem Oktober-Hoch leicht abwärts und steht aktuell bei 2,54 Prozent.
Bereits jetzt ein Trend zu Festhypotheken?
Obwohl viele glauben, dass die Leitzinsen der SNB in den kommenden Jahren wieder sinken und sich damit Saron-Hypotheken wohl vergünstigen, werden bereits jetzt wieder vermehrt Festhypotheken abgeschlossen. Das beobachtet zumindest Florian Schubiger von Hypotheke.ch. Entschieden sich vor einem Jahr knapp 50 Prozent der Immobilienkäuferinnen und -käufer für die sich an den Leitzinsen orientierende Geldmarkthypothek Saron, sei die Quote im Juli auf 37 Prozent gesunken.
«Was auffällt: Der tiefere Saron-Anteil geht grösstenteils auf eine höhere Quote bei 10-jährigen Festhypotheken zurück», sagt Schubiger auf Anfrage von cash.ch. Aktuell würden bei Hypotheke.ch 27 Prozent eine zehnjährige Festhypothek abschliessen, vor einem Jahr lag die Quote noch bei 15 Prozent. Das Bedürfnis nach Sicherheit und Planbarkeit sei gestiegen - auch wenn das bei den sich an Staatsobligationen orientierenden Festhypotheken mit höheren Kosten einhergehe.
Oxifina-Geschäftsführer Giampiero Brundia kann diese Entwicklung bei seiner Kundschaft noch nicht feststellen: «Einzig führt die aktuell inverse Zinskurve dazu, dass Hypothekarnehmer längere Laufzeiten (7 bis 10 Jahre) den kürzeren (3 bis 5 Jahre) vorziehen.» Die meisten seiner Kunden schliessen auf Saron-Basis ab. Dies mit der Absicht, bei tiefer sinkenden Zinsen in eine Festzinshypothek zu wechseln.
Die aktuellen «Schaufensterpreise» für Schweizer Hypotheken zeigen diese Invertierung der Zinskurve exemplarisch: Festhypotheken mit drei Jahren Laufzeit beginnen auf der Vergleichsplattform hypotheke.ch bei 2,31 Prozent, bei Wohnkrediten über fünf und zehn Jahre lautet das günstigste Angebot 2,25 Prozent. Je nach Einkommen, Höhe des Eigenkapitals oder Art der Immobilie können andere Zinssätze ausgehandelt werden. Für Hypothekarnehmer, die keine Top-Bonität mitbringen, können die Zinskosten allerdings auch deutlich höher ausfallen.
Viele Hypothekarnehmer haben in den letzten Jahren von günstigen Hypothekenbedingungen profitiert. Sowohl mit der Libor-/ Saron-Hypothek wie auch Festzinshypotheken. Der Zinsanstieg in den letzten 2 Jahren von 2 Prozent hat die Liegenschaftskosten für Hypothekarnehmer mit Libor-/Saron-Hypotheken oder ablaufenden Festzinshypotheken klar verteuert. «Um die Mehrbelastung abzufedern, gehen nun einige Hypothekarnehmer in die Saron-Hypothek, welche 2,2 Prozent kostet, und nicht in eine langlaufende Festzinshypothek, welche über 2,5 Prozent kostet», erklärt Brundia.
Hypothekarnehmer in der «Lauerstellung»
Brundia stellt fest, dass Hypothekarnehmer bei einer Zinskorrektur von 0,5 Prozent für langlaufende Festzinshypotheken empfänglich sind. «Das Gleiche gilt übrigens auch bei stark steigenden Zinsen aus Angst zur Absicherung.» Brundia beurteilt diese «Lauerstellung» als zielführend. Es mache keinen Sinn, sich mit kleinsten Korrekturen «verrückt» zu machen.
Diese abwartende Haltung stellt auch Schubiger fest: «Aus Gesprächen mit Kundinnen und Kunden hören wir oft, dass sie abwarten, um bei fallenden Zinsen dann in ein längeres Modell zu wechseln.» Vor zwei Jahren argumentierten viele für Saron-Hypotheken, weil kaum jemand mit steigenden Zinsen rechnete und sie sich darum für das günstigste Modell entschieden hätten. Heute seien die Argumente für Saron anders. Viele glauben daran, dass die Zinsen in den nächsten Jahren fallen werden und möchten sich deshalb nicht lange anbinden.
Diese Zurückhaltung vor einer zu frühen Anbindung bewahrt Hypothekarnehmer davor, eine «überteuerte» langlaufende Festzinshypothek einzugehen. Wenn die Zinsen fallen, könnten sie von dieser Entwicklung nicht profitieren. Das sei beispielsweise zwischen 2000 und 2008 vielen passiert, als die langlaufenden Hypotheken 3,5 bis 4,5 Prozent kosteten. Kurz darauf sind die Zinsen stark gesunken.
Saron und kurzlaufende Festhypotheken im Vorteil
«Ich finde, man kann auch jetzt noch gut eine Saron-Hypothek abschliessen - sofern man den finanziellen Spielraum hat und auch stark steigende Zinsen aushalten kann», sagt Schubiger. Das scheinen Kundinnen und Kunden ähnlich zu sehen: Sowohl bei Hypotheke.ch als auch bei Oxifina sei die Saron-Abschlussquote nach wie vor relativ hoch. «Das erstaunt mich nicht, denn die Zinskurve ist auch bei Hypotheken bei gewissen Anbietern invers», sagt Schubiger.
Auch wenn Schubiger es für unwahrscheinlich hält, müsse einem bei Saron-Hypotheken aber bewusst sein: Die Zinsen könnten auf deutlich mehr als 4 Prozent ansteigen. «Wer dann in finanzielle Bedrängnis kommt oder nicht mehr ruhig schlafen kann, sollte auch in der aktuellen Situation eine längere Festhypothek abschliessen.»
Die Saron-Hypotheken und kurzlaufende Festzinshypotheken sind für Brundia im aktuellen Zinsumfeld derzeit wegen den rückläufigen Hypothekarzinsen im Vorteil. Doch nach wie vor schliesst Oxifina vereinzelt Festzinshypotheken mit längeren Laufzeiten ab, deren Zinskonditionen unter dem Marktangebot für Saron- und kurzlaufenden Festzinshypotheken liegen - sogenannte Schnäppchen.
Doch ehrlicherweise seien diese Schnäppchen für viele Immobilienbesitzer letztlich unerreichbar: Dafür sind grössere Kreditvolumen (ab 5 Millionen Franken), vermietete Wohnliegenschaften (Mehrfamilienhäuser) an guter Lage und tiefe Belehnung (bis 60 Prozent) notwendig.
Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.
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