Rekordsommer oder Flaute?
Der Schweizer Tourismus lechzt nach chinesischen Gästen

Die KOF-Prognose zum Tourismusgeschäft in der Schweiz geht von einem starken Anstieg der Logiernächte aus. Getrieben vom Comeback der chinesischen Touristen. Schweiz Tourismus ist deutlich weniger optimistisch.
Publiziert: 25.05.2023 um 14:51 Uhr
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Aktualisiert: 26.05.2023 um 16:33 Uhr
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Die Nachfrage nach Ferien in der Schweiz nimmt zu. Aber ob 2023 bereits ein Rekord drinliegt, ist unklar. Touristin posiert auf dem Jungfraujoch.
Foto: Keystone
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Kommen die Chinesen oder kommen sie nicht? Darüber scheiden sich im Schweizer Tourismus die Geister: Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) hat am Donnerstag eine euphorische Prognose publiziert.

Sie sagt ein Rekordjahr voraus. Alleine für die Sommersaison rechnet die KOF mit einem Anstieg um 1,2 Millionen Logiernächte – ein Plus von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das Gesamtjahr sagen die KOF-Ökonomen gar ein Wachstum um 3,9 Millionen Übernachtungen (+10,5 Prozent) voraus.

Dieser Aufschwung sei auf zwei Entwicklungen zurückzuführen: eine robuste Nachfrage aus dem Inland sowie die Rückkehr ausländischer Touristinnen und Touristen, «insbesondere aus China».

Lange Visa-Wartezeiten

Bloss: Die Tourismusvermarktungsorganisation Schweiz Tourismus (ST) sieht das völlig anders. «Wir teilen die Einschätzung des KOF in Bezug auf die Rückkehr von chinesischen Touristen und auf die gesamte Wachstumsprognose überhaupt nicht», sagt ST-Sprecher Markus Berger gegenüber Blick.

Bei ST geht man bis Ende 2023 von 924'000 Übernachtungen von Chinesen in der Schweiz aus, was etwa 50 Prozent des Niveaus von 2019 entspricht. Von einer «Rückkehr zur Normalität bei chinesischen Touristen» bis Ende 2023, wie das KOF schreibt, könne keine Rede sein. «Unsere eigene Prognose empfinden wir schon als optimistisch», so Berger. Eine vollständige Erholung der Nachfrage aus China erwartet er erst 2025.

Als Gründe für das langsame Comeback nennt Berger die langen Wartefristen für die Ausstellung von Pässen und Visa in China, das deutlich tiefere Flugangebot zwischen China und der Schweiz als vor der Pandemie sowie «Kapazitätsprobleme». Letztere sieht er nicht in der Schweiz, sondern bei chinesischen Reiseveranstaltern, die keine Hotelbetten-Kontingente in der Schweiz für ihre Reiseangebote gebucht haben. Direktbuchungen aus China gebe es so gut wie nie, hält Berger fest.

«Wer ein Comeback chinesischer Touristen erwartet, ignoriert die Tatsache, dass sich das Wachstum in China nur leicht erholt hat und der schwache chinesische Yuan gegenüber dem Dollar die Kaufkraft chinesischer Touristen im Ausland schwächt», hält auch Yong Chen (42), Professor für Marketing und Wirtschaft an der EHL Hospitality Business School, fest.

Schweizer verreisen ins Ausland

Auch das von der KOF prognostizierte 10-Prozent-Wachstum in der Gesamtjahresprognose hält Berger für zu hoch. «Ich weiss nicht, wie die KOF auf solche Zahlen kommt.» Schweiz Tourismus geht davon aus, 2023 das Niveau von 2019 wieder zu erreichen. Dank gutem Zuspruch aus Nordamerika, den Golfstaaten und Südostasien werde man aus den Fernmärkten 85 Prozent der Nachfrage von 2019 erreichen. Dank des weiterhin starken Heimmarkts sei das Gesamtresultat positiv – aber eben nicht auf Rekordniveau.

Obwohl der Heimtourismus weiterhin stark sei, stellt Schweiz Tourismus zudem eine Abschwächung fest: «Die Nachfrage innerhalb der Schweiz ist immer noch weit über 2019, aber bereits schwächer als 2022.» Das heisst: Die Schweizerinnen und Schweizer buchen wieder mehr im Ausland.

Grundsätzlich sei man bei Schweiz Tourismus sehr optimistisch für die weitere Entwicklung der Gästezahlen, betont Berger. Aber von einem Rekord will er nicht sprechen.

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