Der Exodus schwerreicher Norweger vor dem harten heimischen Fiskus in die steuergünstige Schweiz hält an. Neustes Beispiel: Ninja Tollefsen (37), welche kürzlich 45 Milliarden Kronen – vier Milliarden Franken – erbte und damit ausgestattet gleich nach Lugano TI umzog, wie die «Handelszeitung» berichtet. Also dort, wo es sich zuvor schon ein anderer norwegischer Milliardär, Kjell Inge Røkke (64), gemütlich gemacht hat.
Tollefsens Fall ist einer mehr, bei dem ein Familienmitglied mit dem Vermögen den Umzug in die Schweiz vollzieht, während der Rest der Familie in Norwegen bleibt. Um den Steuervögten zu entkommen, müssen Norweger mindestens die Hälfte des Jahres in der Schweiz leben, dürfen nicht mehr als 61 Tage in Norwegen verbringen und dort keinen Wohnsitz haben – Ferienwohnungen sind erlaubt.
Damit die Steuerbefreiung rechtskräftig wird, ist ein Aufenthalt im neuen Wohnland von mindestens drei Jahren notwendig. Tollefsen wurde also kurzerhand zur reichsten Frau Norwegens gemacht, musste aber in die Schweiz umziehen. Die Erbengeneration macht das mit: Von den über 30 schwerreichen norwegischen Zuzügern in die Schweiz im Jahr 2022 sind rund die Hälfte Erbinnen und Erben.
Kjartan Aas gefällt es hier
Manche werden nach Ablauf der drei Jahre wieder nordwärts ziehen. Aber nicht alle. Kjartan Aas (62) etwa gefällt es in der Schweiz gut. Der Immobilien-Milliardär ist 2021 nach Andermatt UR gezogen, in eine fertig eingerichtete Luxuswohnung nahe des Radisson Blu Reussen.
In einem in Andermatt geführten Interview mit dem norwegischen Wirtschaftsblatt «Kapital» sagt Aas nun, dass er seinen Umzug «keine Sekunde bereut». Er geht sogar weiter: «Ich bin Norwegen dankbar für die Vermögenssteuer, sonst wäre ich nicht hierhergezogen.» In der Zentralschweiz hat Aas ein neues Leben gefunden. Die Distanzen sind kurz. Die Strompreise vergleichsweise tief.
Dass er ausgerechnet nach Andermatt und nicht etwa ins noch steuergünstigere Zug gezogen ist, begründet Aas damit, dass er dort wunderbare Möglichkeiten fürs Ski- oder Velofahren vorfindet. Aas war einst norwegischer Meister im Mountainbiking.
Gespartes Geld in der Schweiz investiert
Natürlich ist für Aas das Leben in Andermatt auch viel günstiger als in Norwegen. «Jetzt erhalte ich 18'000 Kronen Rente pro Monat, davor bezahlte ich 27'000 Kronen Steuer pro Tag», bringt es Aas auf den Punkt. In Schweizer Franken: 1620 Franken Rente pro Monat, statt 2430 Franken Steuerausgaben pro Tag. Würde er noch in Norwegen leben, müsste er 14 Millionen Kronen (1,25 Millionen Franken) mehr Steuern pro Jahr bezahlen als hierzulande, rechnet er vor.
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Das eingesparte Geld investiert Aas in der Schweiz. Die Wohnung in Andermatt habe er für 2,5 Millionen Franken gekauft, deren Wert sei nun bereits bei 3,5 Millionen Franken. Inzwischen habe er eine weitere, 225 Quadratmeter grosse Wohnung in Andermatt für 5,2 Millionen Franken gekauft. Auch hier geht Aas davon aus, dass der Wert auf «7 bis 8 Millionen» ansteigen wird. Immobilienpreise, die in Norwegen nur für gigantische Luxusobjekte bezahlt werden. Zudem meint Aas: «Der Standard für Wohnungen ist in der Schweiz höher als in Norwegen.»
Die Schweiz wird die schönen Worte gern zur Kenntnis nehmen. Schliesslich verdienen wir an der Besteuerung der reichen Norweger in der Schweiz mit. In Norwegen wurde errechnet, dass allein die 30 «Steuerflüchtigen» in der Schweiz im Jahr 2022 rund 546 Millionen Kronen (49 Millionen Franken) an Steuern bezahlten. Geld, das dem norwegischen Fiskus bald entgeht. Und der Schweiz, wenn auch nicht 1:1, zugutekommt.