Im September 2022 verlegte Kjell Inge Røkke (64) seinen Wohnsitz von Oslo nach Lugano TI. Der Umzug des drittreichsten Norwegers in die Schweiz hatte primär steuerliche Hintergründe. Sein Familienunternehmen TRG AS und die börsennotierte Tochtergesellschaft Aker ASA verblieben aber in Norwegen. Røkke will dort auch langfristig Haupteigentümer und Vorstandspräsident bleiben.
Mit der Tochtergesellschaft Aker BP hat der Multimilliardär soeben die laut eigenen Angaben «grösste private Industrie-Investition Europas» angekündigt. Aker BP ist der zweitgrösste Erdöl- und Gasproduzent Norwegens. Konkret wurden dem norwegischen Ministerium für Öl und Energie zehn Entwicklungs- und Betriebspläne sowie ein Neubauplan vorgelegt.
Total investiert er mehr als 200 Milliarden norwegische Kronen (rund 18,9 Milliarden Franken), um in den kommenden Jahren mehrere Öl- und Gasfelder vor Norwegen zu erschliessen sowie bestehende Felder weiterzuentwickeln, teilte das Unternehmen mit. Das wichtigste Projekt namens Yggdrasil (früher Noaka genannt) zielt auf die Erschliessung von Öl- und Gasfunden zwischen den Ölfeldern Oseberg und Alvheim hin. Allein dort werden 650 Millionen Barrel an förderbaren Ressourcen vermutet. Die Investitionen in dieses Projekt belaufen sich auf 115 Milliarden Kronen (rund 10,8 Milliarden Franken). Die Produktion soll 2028 anlaufen.
Massive Produktionssteigerung
Yggdrasil ist von zentraler Bedeutung für das Ziel von Aker BP, seine Öl- und Gasproduktion von derzeit knapp über 400'000 Barrel Öl pro Tag auf 525'000 Barrel pro Tag im Jahr 2028 zu steigern. Die gesamten förderbaren Ressourcen für die Entwicklungsprojekte belaufen sich für Aker BP auf 730 Millionen Barrel Öl.
Der Break-Even-Preis liegt bei 35-40 Dollar pro Barrel. Aker BP rechnet also mit satten Gewinnen in den kommenden Jahren. Die Projekte sollen auch dazu beitragen, die Lebensdauer der bestehenden Produktion zu verlängern. Im Rahmen der Projekte erhalten diverse andere Firmen Aufträge. Darunter eine weitere Tochtergesellschaft von Røkke, das Marinetechnologieunternehmen Aker Solutions, aber auch Firmen wie Siemens Energy oder ABB.
Der Zeitpunkt der Ankündigung kurz vor Ende Jahr kommt nicht von ungefähr: Aker BP hat wie andere norwegische Ölfirmen neue Projekte zur behördlichen Genehmigung eingereicht, um von Ende Jahr auslaufenden Steuervergünstigungen zu profitieren. Norwegen hatte diese Steuer-Anreize 2020 eingeführt, um wegen pandemiebedingt fallenden Öl- und Gaspreisen neue Investitionen in Offshore-Entwicklungen zu fördern.