«Mit dem Bericht hat man nur Jahre verjoggelet»
14:12
Wirtschaftsrecht-Experte Kunz:«Mit dem Bericht hat man 1,5 Jahre verjoggelet»

Rechtsprofessor Peter V. Kunz schiesst gegen CS-PUK im grossen Interview
«Die wichtigsten Punkte wurden ignoriert»

Rechtsprofessor Peter V. Kunz erwartete wenig von der PUK zum Untergang der CS und wurde dennoch enttäuscht. Nun sei die Gefahr gross, dass die Politik gegenüber den Banken weiter zahm bleibe, sagt er im Blick-Interview.
Publiziert: 20.12.2024 um 16:33 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2024 um 17:26 Uhr
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Rechtsprofessor Peter V. Kunz (57) übt im Studio von Blick TV scharfe Kritik an der CS-PUK.
Foto: Screenshot Blick TV

Auf einen Blick

  • PUK-Bericht zur CS-Krise: Rechtsprofessor Kunz übt scharfe Kritik
  • Parlamentarier hatten kein Interesse, scharfe Kritik zu üben
  • Wichtige Massnahmen wurden um 1,5 Jahre verzögert
  • Keine Lösung für nächste Krisenbank in Sicht
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Nach eineinhalb Jahren hat die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) ihren Bericht vorgestellt. Rechtsprofessor Peter V. Kunz (57) nimmt im Blick-Interview kein Blatt vor den Mund und kritisiert die Arbeit der Parlamentarier scharf.

Sie haben den 569-seitigen PUK-Bericht bereits gelesen. Hätten die Behörden den Untergang der CS verhindern können, wenn sie perfekt gehandelt hätten?
Peter V. Kunz: Nein, die Behörden konnten das nicht. Die CS ist ein privates Unternehmen. Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung haben versagt. Das heisst aber nicht, dass die Behörden gar nichts tun konnten. Darum geht es im Bericht und ich muss sagen: Der Berg hat nicht eine Maus, sondern einen Floh geboren. Ich hatte tiefe Erwartungen und diese wurden noch unterboten.

Weshalb hatten Sie tiefe Erwartungen? Der Bericht wurde mit grosser Spannung erwartet.
Die PUK wurde auf Druck der Medien und der Bevölkerung ins Leben gerufen. Aber für mich war klar, dass es nicht im Interesse der 14 Politiker ist, allzu kritisch gegenüber dem Bundesrat oder den Behörden zu sein. Schliesslich laufen juristische Verfahren gegen die Schweiz. Es geht um Schadenersatzklagen in Milliardenhöhe. Da wäre es nicht clever, wenn man sagen würde, dass der Bundesrat oder die Finma schlecht gearbeitet haben. Das wäre Munition für die Anwälte der Kläger.

Wollen Sie damit sagen, dass der Bericht zu wenig kritisch sei?
Die PUK hat nichts Neues herausgefunden. Mit dem Bericht hat man 1,5 Jahre «verjoggelt». Man hat deswegen dringend nötige gesetzgeberische Massnahmen auf die lange Bank geschoben, obwohl eigentlich klar war, dass die PUK nichts erreichen wird. Wenn Sie die 20 Empfehlungen ansehen, dann sehen Sie die Nutzlosigkeit des Berichts.

Warum?
Die 20 Empfehlungen sind oberflächlich, sie geben Selbstverständlichkeiten wieder. So sei die Übergabe von Bundesrat Ueli Maurer (74) an Karin Keller-Sutter (60) nicht gut gelaufen, das müsse man künftig besser machen. Das hat mit der Rettung von systemrelevanten Banken nichts zu tun. Die wichtigsten Punkte wurden ignoriert. Das macht es jetzt für das Parlament einfach, unangenehme Massnahmen hinauszuzögern.

Aber die Kritik der PUK an der Finma und am Bundesrat, insbesondere an Ueli Maurer, ist doch deutlich.
Die Kritik an Herr Maurer ist zwar interessant, hat aber keinerlei politische Folgen. Und der Finma kreidet man an, sie habe zu wenig genau hingeschaut. Diese Kritik wird unter anderem von mir seit 10 Jahren vorgebracht. Aber die Kritik aus der Politik ist billig, denn das Parlament hat der Finma bewusst die nötigen Mittel und Eingriffsmöglichkeiten vorenthalten.

Die PUK sagt aber auch, dass die Finma nicht alle Mittel genutzt hat, die ihr zur Verfügung standen.
Die Finma hätte mehr tun können, das bestreite ich keineswegs. Aber interessanterweise werden die Politiker plötzlich zurückhaltend, wenn es darum geht, der Finma mehr Möglichkeiten zu geben. Plötzlich beginnen bürgerliche Politiker die Bussenkompetenz infrage zu stellen, die sie vor den Wahlen gefordert hatten. Ausserdem kommt auch die Finma im Bericht wesentlich besser weg, als ich erwartet hatte. Stattdessen konzentrieren sich mehrere Empfehlungen auf Nebenschauplätze.

Sie sprechen die 20 Empfehlungen an. Glauben Sie, dass die Politik diese ernst nehmen wird?
Da bin ich sehr pessimistisch. Denn das Fazit nach 1,5 Jahren PUK ist eigentlich positiv. So viel sei gar nicht falsch gelaufen. Vor diesem Hintergrund ist kein politischer Druck mehr vorhanden. Und die Medien und die Öffentlichkeit interessieren sich nicht mehr für das Thema.

Aber das Zeichen ist klar: Was mit der CS passiert, das darf nicht mehr passieren. Das ist doch auch im Interesse der Politiker?
Die Politik hat ein kurzes Gedächtnis. Schon 2008 nach dem Beinaheuntergang der UBS wurden genau die gleichen Themen thematisiert. Und was ist damals passiert? Kaum etwas. Wir führten eine Too-Big-To-Fail-Regulierung ein, die man im Ernstfall nicht durchziehen konnte. Und wenn wir nun von Behördenversagen sprechen: Seit wann wusste man, dass eine Bankenrettung gesetzlich gar nicht möglich ist? Das würde mich interessieren.

Was ist Ihr Appell an die Politik? Was muss jetzt passieren?
Wenn alle Stricke reissen, dann müssen wir die Möglichkeit haben, die systemrelevanten Teile zu retten. Wenn die Titanic absäuft, muss sie genügend Rettungsboote haben. Aber das Parlament wird im Frühling über Eigenkapital und über Liquidität sprechen, während die wichtigste Frage ungelöst ist und vermutlich ungelöst bleiben wird.

Insider-Bericht zum Untergang der CS

Es war ein Hochseilakt, den die Schweizer Behörden in jenen vier schicksalhaften Tagen vor einem Jahr vollbringen mussten: Der grösste Zusammenschluss in der Bankenwelt seit der Finanzkrise. Was geschah in diesen dramatischen 96 Stunden wirklich? Wie konnte die Credit Suisse in eine derartig epochale Schieflage geraten – ausgerechnet die Bank, die als eine der wenigen globalen Geldhäuser gestärkt aus der Finanzkrise gekommen war? Bilanz-Chefredaktor Dirk Schütz liefert mit diesem Buch ein erschütterndes Zeitdokument.
Alles dazu im Buch.

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