Das Wetter könnte passender nicht sein: Am Donnerstagmittag setzt sich in Kloten ZH unter dem wolkenverhangenen Himmel ein Demonstrationszug von 400 Pilotinnen und Piloten der Swiss in Gang. Alle sind sie dunkel gekleidet. Mit Pilotenhut und Leuchtweste. In Zweierreihe sind sie unterwegs zum Hauptsitz der Swiss. «Qualität braucht gute Arbeitsbedingungen» oder «Familie und Beruf, nicht Familie oder Beruf», steht auf Schildern, die sie tragen. Schweigend.
Dabei ist die Wut gross. Seit dem 1. April 2022 fliegen die Piloten der Lufthansa-Tochter ohne gültigen Gesamtarbeitsvertrag. Die Drohung eines Streiks am 17. Oktober – mitten in den Herbstferien – steht im Raum. So bauen die Piloten Druck auf, dass die Swiss ihr GAV-Angebot noch einmal nachbessert. Vor zwei Wochen haben die Piloten ein aufgebessertes Angebot der Fluggesellschaft für einen GAV schon einmal vehement abgelehnt.
Es fehlt die Planbarkeit
Im Zentrum der Forderungen stehen die Arbeitsbedingungen und die Planbarkeit. «Wenn ich erst am 25. des Monats weiss, ob ich Anfang des nächsten Monats mein Kind betreuen kann, ist das inakzeptabel», sagt Thomas Steffen, Pilot und Sprecher der Gewerkschaft Aeropers. Zudem müssen laut Steffen Krankheitstage an freien Tagen nachgeholt werden.
Viele der Piloten, mit denen Blick am Umzug spricht, sehen es ähnlich. «Wir haben sehr unregelmässige Einsätze, sind oft unterwegs», sagt eine Pilotin, die nicht namentlich genannt werden will. Am Ende leide die Gesundheit unter den Arbeitszeiten. «Es kann so nicht weitergehen», sagt ein anderer Pilot.
Auch mit dem Lohn sind die Piloten unzufrieden. Ein Pilot steigt bei der Swiss mit rund 70'000 Franken Jahreslohn ein. Piloten mit langjähriger Erfahrung verdienen bis zu 220'000 Franken. Aber: «In den letzten vier Jahren wurde die Teuerung nicht berücksichtigt», so Steffen.
Nun solle endlich eine Lösung auf den Tisch. «Seit mehr als einem Jahr finden wir keine Einigkeit mit der Swiss», kritisiert Aeropers-Präsident Clemens Kopetz. Darum habe man heute mit dem Protestmarsch ein Zeichen setzen wollen.
Am Hauptsitz der Swiss übergeben die Pilotinnen und Piloten ihre Forderungen. Dass diese nicht von CEO Dieter Vranckx (47) persönlich entgegengenommen werden, stösst vielen sauer auf. Mitglieder der Geschäftsleitung werden ausgebuht. Dann löst sich die Veranstaltung, die während der Freizeit der Pilotinnen und Piloten stattgefunden hat, auf.
Doch noch ein Gespräch mit Vranckx?
Der Protestmarsch hinterlässt Eindruck bei der Swiss. «Wir respektieren diese Veranstaltung und nehmen deren Botschaft entgegen», sagt Oliver Buchhofer (45), Head of Operations der Swiss. So wichtige Gespräche sollten aber am Verhandlungstisch stattfinden, findet er. «So können wir auch eine Lösung finden.»
Noch vor der Demo hat sich die Swiss auf die Piloten zubewegt. Die Airline hat überraschend einem Treffen zwischen Vranckx und dem Präsidenten der Pilotengewerkschaft zugestimmt. Als Gegenleistung fordert die Airline, dass die Piloten bis Ende Oktober nicht streiken. Die Piloten wollen noch einmal über das Angebot schlafen.