Credit Suisse und Deutsche Bank sind beide besonders aktiv in hochriskanten US-Finanzgeschäften. Diese Parallele reicht an den Aktienmärkten bereits aus, um die Deutsche Bank nach dem CS-Beben in die Tiefe zu ziehen: Die Aktien des grössten deutschen Geldhauses stürzten am Freitag vorübergehend fast 15 Prozent ins Minus.
Anlass für den Kurssturz war eine Ankündigung der Deutschen Bank vom Freitagmorgen: Sie gab bekannt, sogenannte Tier-2-Anleihen im Wert von 1,5 Milliarden US-Dollar vor ihrer Fälligkeit zurückzuzahlen. Normalerweise eine gute Nachricht, weil sie dafür spricht, dass eine Bank über ausreichend Liquidität verfügt. Doch in der zuletzt aufgeheizten Stimmung deuteten Anleger die Ankündigung ins Gegenteil um. «Das zeigt, dass das Vertrauen gegenüber global tätigen Banken angeschlagen ist», sagt Sergio Rossi (55), Professor für Makroökonomie und Geldpolitik an der Universität Freiburg.
Sogar der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) sah sich angesichts der Kursturbulenzen am Freitag gezwungen, eine Beruhigungspille zu verschicken: «Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen», liess Scholz verlauten. Zwischen der CS und der Deutschen Bank gibt es denn – trotz Parallelen – auch Unterschiede.
Die Zahlen
Die Credit Suisse schrieb vergangenes Jahr einen Verlust von 7,6 Milliarden Franken. Die Deutsche Bank erwirtschaftete einen Nettogewinn von 5,6 Milliarden Euro – das beste Ergebnis seit 15 Jahren. Und das trotz Ukraine-Krieg, Inflation, Energiekrise und Rezessionsängsten.
Die Schlagzeilen
Greensill-Debakel, Archegos-Pleite, Quarantäne-Verstösse, Chef-Wechsel ... Bei der Credit Suisse reihte sich seit Jahren eine Negativschlagzeile an die andere. Davon kann bei der Deutschen Bank keine Rede sein.
Die Geldabflüsse
Bis zu 10 Milliarden Franken zogen CS-Kundinnen und -Kunden zuletzt täglich von ihren Konten ab. «Bei der Deutschen Bank sehen wir bisher keine solche Einlagenflucht», beruhigt Wirtschaftsprofessor Rossi. «Die Kundschaft scheint nicht mit einem Konkurs zu rechnen – anders als bei der Credit Suisse.»
Die Restrukturierung
CS-CEO Ulrich Körner (60) und Präsident Axel Lehmann (64) verkündeten letzten Herbst einen grossangelegten Umbau der kriselnden Grossbank: massiver Stellenabbau, Zurückstutzen des Investmentbankings, Fokus auf das profitable Schweizer Geschäft. Der Umbau kam zu spät. «Die Deutsche Bank hat eine solche Restrukturierung schon hinter sich», sagt Rossi. «Sie zog sich aus hochspekulativen Finanzmarktaktivitäten in den USA zurück und entliess viel Personal.» Letzteres kommt in der Öffentlichkeit nicht gut an – an den Märkten hingegen schon.
Die Aufsicht
Die Finanzmarktaufsicht (Finma) und der Bundesrat müssen seit der Notübernahme der CS Kritik einstecken. «Zu Recht», findet Rossi. Die Aufseher hätten von der Credit Suisse spätestens mit der Zinswende letzten Sommer Massnahmen verlangen sollen. «Etwa, dass sie riskante Geschäftsbereiche nach und nach abstösst.» Compliance-Expertin Monika Roth (71) liess vor einigen Tagen gar verlauten, die Behörden hätten den langjährigen CS-Präsidenten Urs Rohner (63) zum Rücktritt zwingen sollen.
In Deutschland sind die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Kontrolle verantwortlich. «Sie haben besser hingeschaut», schliesst Rossi.