Das Jahr 2014: Die Credit Suisse muss die höchste je verhängte Busse wegen Steuerhinterziehung zahlen: 2,6 Milliarden Dollar. Die CS-Angestellten hatten US-Bürgerinnen und -Bürgern über Jahre systematisch dabei geholfen, Geld am Fiskus vorbeizuschleusen. «Wir bedauern das Fehlverhalten im früheren grenzüberschreitenden US-Geschäft ausserordentlich», sagte CS-CEO Brady W. Dougan (63) damals. Für Dougan hat das keine Folgen. Im Gegenteil: Der CEO streicht Ende Jahr 9,8 Millionen Franken ein – zwei Millionen mehr als im Vorjahr. Dougan war für den Ausbau des volatilen Investmentbankings verantwortlich und fördert den amerikanischen Casino-Kapitalismus im Haus.
Dick absahnen à la Credit Suisse
2015: Die Credit Suisse schreibt einen Verlust von 2,9 Milliarden Franken. CEO Brady W. Dougan wird noch im Sommer abgelöst. In seinen acht Jahren als Bankchef kassiert er insgesamt 160 Millionen Franken. Lange Zeit mit der Unterstützung von Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (63). Dieser verpasst es in seiner langen Ära an der CS-Spitze, dem Investmentbanking Schranken zu setzen. Genauso wie es ihm bis 2021 nie gelingt, bei der CS eine vernünftige Risikokultur zu etablieren.
Dougans Nachfolger Tidjane Thiam (60) soll die Bank für die Zukunft fit machen. Zwei Kapitalerhöhungen über insgesamt sechs Milliarden sollen dafür den Weg bereiten. Es beginnt eine jahrelange Umbauphase, in der die Bankenführung die tatsächlichen Probleme nie wirklich in den Griff kriegt. Präsident Rohner setzt dem gehypten Thiam keine Leitplanken. Der Ivorer streicht bis 2020 noch 90 Millionen Franken an Gehalt ein.
Finanzkrise holt die CS ein
2016: Die CS wird einmal mehr von ihrer Vergangenheit eingeholt: Sie muss wegen ihres Geschäfts mit faulen Hypothekarpapieren in den USA 5,28 Milliarden Busse und Entschädigungen zahlen. Jenes Geschäft, das zur Finanzkrise 2008 führte. Und das einer der Gründe für das schwache Risikomanagement der Bank ist. Es wird wieder ein rabenschwarzes Jahr, 2,7 Milliarden Franken Verlust, die Aktie stürzt innert zwölf Monaten um 60 Prozent auf 10 Franken ab.
Kurze Verschnaufpause, erneuter Skandal
2019: Nach einem weiteren Verlust im Jahr 2017 fährt die Bank 2018 und 2019 wieder Milliardengewinne ein. Der Umbau scheint geglückt. Doch es bahnt sich bereits der nächste Skandal an: Iqbal Khan (47), damals oberster Vermögensverwalter der CS, wechselt zur Erzrivalin UBS. Aus Angst, Khan könnte Kunden und Mitarbeiter mit zu seinem neuen Arbeitgeber nehmen, heuert die CS Detektive zur Überwachung an. Doch sie fliegen auf. Der damalige CS-CEO Tidjane Thiam (60) tritt als Folge der Affäre im Februar 2020 zurück. Für ihn übernimmt Thomas Gottstein (58).
Aus der Vergangenheit nichts gelernt
2021: Das Finanzdienstleistungsunternehmen Greensill Capital schlittert in die Insolvenz. Die CS muss vier Fonds im Wert von zehn Milliarden Franken einfrieren. Die Bank hat den Investoren bis heute 6,8 Milliarden zurückerstattet. Nur wenige Wochen später verspekuliert sich der US-Vermögensverwalter Archegos Capital – und brockt der CS einen Verlust von fünf Milliarden Dollar ein. Präsident Rohner tritt an der Generalversammlung im April 2021 nicht mehr zur Wiederwahl – aus gutem Grund. Der CS beendet das Jahr mit einem Verlust von über 1,6 Milliarden Franken.
Körner soll die CS sanieren
2022: Wie Blick aufdeckt, foutiert sich der damalige CS-Präsident António Horta-Osório (59) nach einem London-Trip um die Corona-Quarantäne. Unter öffentlichem Druck muss Horta-Osório im Januar zurücktreten. Axel Lehmann (64) übernimmt. Nach Verlusten von 1,9 Milliarden Franken im ersten Halbjahr wechselt die CS den CEO aus: Der als Sanierer bekannte Ulrich Körner (60) übernimmt und soll die Bank umbauen – erneut. Die nötige Kapitalspritze über vier Milliarden Franken kommt von der saudischen Nationalbank. Die CS macht 2022 einen Verlust in der Höhe von 7,3 Milliarden Franken. Besonders fatal: das Vertrauen bei den CS-Kunden ist dahin. Allein im 4. Quartal fliessen bei der Bank 110 Milliarden Franken an Kundenkapital ab.
Wetten gegen die CS und das Kommunikationsdebakel
2023: Am 10. März wird die Silicon Valley Bank in den USA vorübergehend zwangsgeschlossen. Die Bank geht pleite und schreckt die Anleger auf. Als systemrelevante Bank gerät auch die CS in den Fokus. Ein paar Tage später stellen andere Banken der CS nur noch eingeschränkt finanzielle Mittel zur Verfügung. Die Bankführung mit CEO Körner und VR-Präsident Lehmann versagen in der Kommunikation. Investoren wetten in grossem Stil gegen die Schweizer Grossbank. Die Angst vor einem Kollaps des Bankriesen geht um. Internationale Behörden setzen die Schweiz übers Wochenende unter Druck. Die Gerüchteküche kocht heiss – bis am Sonntagabend schliesslich das Ende der CS und die Übernahme durch die UBS kommuniziert werden.