Christine Lagarde (67) tut es ihrem US-amerikanischen Kollegen Jerome Powell (70) gleich: Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) erhöht den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte. Er liegt damit im Euroraum neu bei 3,75 Prozent. Es ist die siebte Leitzinserhöhung in Folge im Euroraum.
Am Mittwoch hatte bereits die US-Notenbank Fed eine Leitzinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte bekannt gegeben. In den USA liegt der Leitzins auf einer Spanne zwischen 5 und 5,25 Prozent. Das ist der höchste Wert seit 16 Jahren!
Bankenbeben stellt Währungshüter vor Probleme
Lagarde kämpft – genau wie ihr amerikanischer Kollege – gegen die Inflation. Diese liegt im Euroraum bei 7 Prozent. Zielgrösse wären 2 Prozent. Allzu sehr anziehen können Lagarde und die übrigen Währungshüter die Zinsschrauben derzeit aber nicht. Sie würden damit riskieren, die Banken noch mehr in Schieflage zu bringen.
Am Donnerstag geriet mit der Pacific Western Bank in den USA das fünfte Finanzinstitut seit Anfang Jahr an den Abgrund. Erst vor wenigen Tagen musste die First Republic Bank notfallmässig von JP Morgan geschluckt werden. Der Rettungsplan erinnert stark an die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS in der Schweiz.
Langfristig profitieren Banken zwar von höheren Zinsen – schliesslich muss die Kundschaft für Kredite dann mehr zahlen. Kurzfristig allerdings hat die Zinswende die Banken auf dem falschen Fuss erwischt. Sie sitzen auf Bergen von fest verzinsten Anleihen aus der Zeit vor der Zinswende – die nichts abwerfen. Sie verlieren angesichts steigender Zinsen an Wert, die Folge sind Milliardenabschreiber.
SNB wartet noch ab
Der Untergang der Credit Suisse zeigt, dass die Problematik nicht auf US-Regionalbanken beschränkt ist. «Die Verunsicherung ist so gross, dass bereits ein unbegründetes Gerücht zu einem Bank-Run führen kann», sagte Sergio Rossi (55), Professor für Makroökonomie und Geldpolitik an der Universität Freiburg, Anfang Woche zu Blick.
Er nannte unter anderem die Deutsche Bank als Wackelkandidatin. Christine Lagarde und ihre EZB dürften bei ihrem Zinsentscheid sehr darauf bedacht gewesen sein, die Bankenkrise nicht weiter zu verschärfen. Sie müssen einen Drahtseilakt vollziehen, zwischen Inflation und Bankenbeben abwägen.
In der Schweiz liegt der Leitzins aktuell bei 1,5 Prozent und damit deutlich tiefer als im Ausland. Auch die Inflation ist hierzulande mit 2,9 Prozent deutlich tiefer als anderswo. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) entscheidet erst im Juni wieder über die Zinsen. SNB-Chef Thomas Jordan (60) steht weniger unter Zugzwang als seine Pendants im Ausland.