Warum ist die First Republic Bank in Schwierigkeiten geraten?
Ursache sind die Leitzinserhöhungen durch die US-amerikanische Zentralbank Fed seit vergangenem Jahr. Die Bank sitzt auf einem Berg von Anleihen, die sie noch vor der Zinswende einkaufte – und die heute deutlich weniger Zins abwerfen als aktuelle Anleihen. Mit dem Zinsanstieg verlangte die Kundschaft bei der Bank nach höheren Zinsen, welche sie nicht leisten konnte – was zu Geldabflüssen führte.
Kommt hinzu, dass die First Republic Bank sich auf ultrareiche Kunden fokussierte, darunter etwa Facebook-Gründer Mark Zuckerberg (38). In den USA gilt ein Einlagenschutz bis 250'000 US-Dollar – die meisten Kunden der First Republic Bank haben wohl höhere Beträge auf dem Konto und mussten mit einem Ausfall rechnen, was die Nervosität erhöhte. Sowohl bei der Kundschaft als auch an den Märkten: Der Aktienkurs hat seit Anfang Jahr 97 Prozent an Wert eingebüsst.
Die First Republic Bank überlebte nur bis heute, weil ein Konsortium aus US-Grossbanken 30 Milliarden einschoss. Die Publikation der Jahreszahlen letzte Woche versetzte der Bank den Todesstoss. 72 Milliarden Dollar hatten die Kunden im ersten Quartal abgezogen. Zum Vergleich: Der Credit Suisse flossen im ersten Quartal 61 Milliarden Franken ab.
Wie sieht die Rettung der First Republic Bank aus?
Sehr ähnlich wie die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS in der Schweiz: Die US-Grossbank JP Morgan nimmt die First Republic Bank unter ihre Fittiche. Sie erhält dafür Milliardengarantien vom Staat. Anders als in der Schweiz hatten die Behörden in den USA allerdings die Auswahl zwischen unterschiedlichen Banken für die Übernahme: Neben JP Morgan reichten fünf weitere Banken Offerten ein. Es handelt sich damit nicht im selben Ausmass um eine Zwangsheirat wie hierzulande.
Ähnlich wie in der Schweiz werden auch in den USA Sorgen über die Grösse von JP Morgan laut. JP Morgan war, gemessen an der Bilanzsumme, bereits vor der Übernahme die weltgrösste westliche Bank – grösser sind einzig drei chinesische Banken. Indem sie eine weitere Bank schluckt, wächst ihre Macht noch.
Ist die Bankenkrise damit ausgestanden?
Nein, sagen Experten. Die First Republic ist bereits die vierte US-Bank, die in den vergangenen Monaten auf Grund lief. Zuvor traf es die Silicon Valley Bank (SVB), die Signature Bank sowie die Krypto-Bank Silvergate.
«Es wäre schön, wenn die Krise jetzt vorüber wäre», sagt Sergio Rossi (55), Professor für Makroökonomie und Geldpolitik an der Universität Freiburg. «Aber es wird weitere Domino-Effekte geben.» Diese sind längst nicht auf US-Regionalbanken beschränkt. Rossi sieht unter anderem auch die Deutsche Bank im Strudel. «Die Verunsicherung ist so gross, dass bereits ein unbegründetes Gerücht zu einem Bank-Run führen kann.»
Es handelt sich um eine US-Regionalbank – was sollte uns das kümmern?
Die First Republic Bank spielt nicht in der gleichen Liga wie die UBS oder die Credit Suisse, ist aber alles andere als ein Winzling: Ihre Bilanzsumme per Ende 2022 lag bei 213 Milliarden US-Dollar. Das ist immerhin fast doppelt so gross wie die Postfinance.
Kumuliert kommen die vier seit Anfang Jahr Pleite gegangenen US-Banken auf eine Bilanzsumme von rund 550 Milliarden. Das entspricht in etwa der deutschen Commerzbank und zeigt, dass noch mehr solche Pleiten das globale Finanzsystem durchaus ins Wanken bringen könnten.
Es gibt auch direkte Auswirkungen auf die hiesige Bankenbranche: Möglich, dass UBS, CS oder Zürcher Kantonalbank (ZKB) Aktien an der First Republic Bank halten – die nun praktisch wertlos sind. Selbst wenn die Schweizer Banken nicht direkt investiert sein sollten, so halten sie auf alle Fälle Anteile an anderen internationalen Finanzinstituten, die Aktien der First Republic Bank besitzen. «Der Untergang der First Republic Bank erhöht auch das Risiko für den UBS-CS-Deal», bilanziert Sergio Rossi.
Wie reagieren die Märkte?
Relativ gelassen. Der japanische Nikkei-Index gewann am Dienstag 0,12 Prozent. Der SMI schloss bei -0,12 Prozent nur minim im roten Bereich. Die UBS büsste 2 Prozent ein. Die Ausschläge sind gering, die Volatilität liegt tief.
Grund zur Entspannung sei das aber noch nicht, warnt Wirtschaftsprofessor Sergio Rossi: «Die Reaktion der Aktienmärkte ist kurzfristig.» Es brauche nur eine schlechte Nachricht – etwa düstere Prognosen zur Weltwirtschaft – und die Nervosität kehre zurück. «Eine Welle ist vorbei, doch der Ozean bleibt stürmisch», so Rossi.
Wie geht es nun weiter?
Die US-Notenbank Fed trifft am Mittwochabend Schweizer Zeit ihren nächsten Leitzinsentscheid. Beobachter erwarten eine weitere Anhebung um 25 Basispunkte auf 5 bis 5,25 Prozent. Am Donnerstag steht ausserdem der Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) an. In der Schweiz befinden die Währungshüter um Thomas Jordan (60), Präsident der Schweizerischen Nationalbank, erst im Juni über die weitere Zinsentwicklung. Auch hierzulande zeichnet sich eine Kehrtwende aber nicht ab. Für die Banken bleibt das Umfeld damit schwierig.
Die First Republic Bank ihrerseits wird von der Bildfläche verschwinden: JP Morgan hat bereits angekündigt, den Namen einzustampfen.