Darum gehts
- Schweizer Franken wird stärker, das setzt Nationalbank unter Druck
- SNB könnte Devisenmarktinterventionen oder Zinssenkung in Betracht ziehen
- Dollar verlor seit Jahresbeginn 5,6 Prozent gegenüber dem Franken
Der Schweizer Franken wird immer stärker: Seit Jahresbeginn hat der US-Dollar gegenüber dem Franken fast 6 Prozent oder über acht Rappen eingebüsst. Aktuell kostet der Dollar 0,8160 Franken. Der «Greenback» knickte die zwischenzeitlich gar auf 0,81107 Franken ein. Das ist ein neues Rekordtief.
Auch der Euro hat gegenüber dem Franken an Boden verloren. In der Schweizer Exportwirtschaft frisst diese starke Franken-Aufwertung von der Marge weg – sie wirkt also quasi wie ein zusätzlicher Zoll. Der starke Franken setzt nun auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) unter Druck.
Ziel der SNB ist, die Inflationsrate zwischen 0 und 2 Prozent zu halten. Diese Bandbreite gilt für die Wirtschaft als ideal. Doch im März ist die Inflation hierzulande auf 0,3 Prozent gesunken. Der Negativbereich rückt bedrohlich nahe. Die SNB könnte sich dazu gezwungen sehen, einzugreifen. In der Vergangenheit hat sie dafür oft am Devisenmarkt interveniert. Stockt sie ihre Dollar-Reserven auf, sinkt der Franken-Kurs.
Vorwurf der Währungsmanipulation
Donald Trump (78) sind jedoch genau solche Devisenmarktinterventionen ein Dorn im Auge. Der US-Präsident wirft den Handelspartnern vor, ihre Währung zu manipulieren, also künstlich schwach zu halten. Dabei nimmt er auch die Schweiz ins Visier. SNB-Präsident Martin Schlegel (48) hat erst im März bekräftigt, nötigenfalls am Devisenmarkt zu intervenieren. Doch die SNB betonte mehrfach, Zinssenkungen zu bevorzugen, wenn der Leitzins positiv bleibt.
Trumps Handelskrieg könnte diese Präferenz noch verstärken. Er hat die geplanten Megazölle für die nächsten drei Monate pausiert. Der Bundesrat wird in dieser Galgenfrist versuchen, die Zölle von 31 Prozent gegen Schweizer Produkte abzuwenden. Interveniert jedoch die SNB am Devisenmarkt, könnte sie den Unterhändlern einen Bärendienst erweisen: Trump dürfte es kaum interessieren, dass der Franken als sicherer Hafen in Krisenzeiten überproportional aufwertet und so der Schweizer Wirtschaft schadet.
Bei der deutschen Commerzbank geht man trotzdem davon aus, dass die SNB ihre Dollar-Reserven aufstocken könnte – einfach ohne Vorwarnung. Also möglichst ohne unnötige Aufmerksamkeit aus dem Weissen Haus auf sich zu ziehen.
«Radikalste Option»
Die Analysten der Schweizer Grossbank UBS halten hingegen auch eine Notfallzinssenkung für durchaus möglich. Nach den regulären Sitzungen stünde die nächste geldpolitische Lagebeurteilung der SNB am 19. Juni an. Doch die SNB habe bei starken Franken-Aufwertungen bereits in der Vergangenheit öfter zur «radikalsten Option» gegriffen, berichten die Analysten. Lässt der Aufwertungsdruck auf den Franken in den kommenden Wochen nicht nach, rechnen sie mit einer Leitzinssenkung von derzeit 0,25 Prozent auf 0 Prozent.
«Eine Notfallzinssenkung würde darauf hindeuten, dass die SNB die Eskalation der Handelskonflikte als besonders negative potenzielle Konsequenz für die Schweizer Inflation und das Wachstum betrachtet und dies daher eine solche Massnahme rechtfertigt», schreibt das UBS-Research-Team in einem Bericht zum erstarkenden Franken.
Die UBS-Analysten halten jedoch eine Deeskalation der Handelskonflikte für wahrscheinlicher. In diesem Szenario rechnen sie damit, dass der Dollar bis Juni wieder auf 95 Rappen ansteigt und die Notwendigkeit einer Zinssenkung abnimmt.