Trump hat Recht!
Wie seine brutalen China-Zölle auch uns helfen

Hinter Trumps Strafzoll-Kehrtwende steckt viel Kalkül. Seine Anti-China-Politik ist ein Weckruf für den Rest der Welt. Trump tut das Richtige. Dumm nur, dass er das gegenüber Europa so schlecht verkauft.
Publiziert: 10.04.2025 um 19:26 Uhr
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Aktualisiert: 10.04.2025 um 21:51 Uhr
Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping sind laut Aussagen des US-Präsidenten «grossartige Freunde».
Foto: AP

Darum gehts

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

13 Stunden dauerte der kürzeste Handelskrieg der Geschichte. Dann pausierte Donald Trump (78) seine Strafzölle gegen den Rest der Welt wieder. Mit einer Ausnahme: China. Während der halbe Globus «meinen Arsch küsst», wie Trump stolz erzählte, ging Peking nicht auf die Knie, sondern verhängte seinerseits harsche Gegenzölle.

Trump sieht darin «mangelnden Respekt für den Weltmarkt», deshalb legte er nochmals eine Schippe drauf. 145 Prozent betragen die «tariffs» für chinesische Importe in die USA aktuell. Der Preis für die in China produzierten iPhones dürfte sich für Amerikaner dadurch auf fast 4000 Dollar verdreifachen, rechnet CNN vor. Den Sorgen der amerikanischen Apple-Fans zum Trotz: Trump liegt richtig mit seiner Peking-Politik. Seine China-Zölle könnten den Rest der Welt vor einer in Vergessenheit geratenen Gefahr bewahren.

China ist das einzige Land der Welt, das den USA gefährlich werden könnte. (Noch) nicht militärisch, aber wirtschaftlich. Das Riesenreich ist die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt, produziert 13 Mal mehr Stahl, 20 Mal mehr Zement und 200 Mal mehr Kriegsschiffe als die USA. Trump, dessen Anti-«China»-Compilations auf Youtube längst Kultstatus erreicht haben, weiss das. Er hat die 2010er-Jahre damit verbracht, sich als einzigen Kandidaten zu präsentieren, der ebendiese chinesische Gefahr abwehren könne.

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Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping sind laut Aussagen des US-Präsidenten «grossartige Freunde».
Foto: AP

Was Trump an China so stört

Persönliche Antipathien, wie er sie offenkundig etwa gegen den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) hegt, spielen im Fall Chinas keine Rolle. Er und Präsident Xi Jinping (71) seien laut Trump «grossartige Freunde». Xi hat Trump schon 2017 in Florida besucht und ihm ein 85-teiliges Porzellan-Geschirr mit aufgemalten Mar-a-Lago-Motiven geschenkt (Wert: mehr als 16'000 Dollar).

Pekings unzimperliches Vorgehen gegen die Hongkonger Demokratie-Bewegung, die Einkerkerung von Hunderttausenden muslimischen Uiguren im Land und das harsche Vorgehen gegen kritische Medien dürften Trump ziemlich schnuppe sein. Was ihn an China stört und was seinen Zoll-Zorn so richtig anstachelt, ist der gigantische Handelsüberschuss. Chinesische Exporte in die Vereinigten Staaten übertreffen chinesische Importe aus den USA um rund 300 Milliarden Dollar jährlich.

Geht gar nicht für Trump, dessen Handelspolitik sich im Satz zusammenfassen lässt: Wir kaufen nur bei euch ein, wenn ihr für mindestens ebenso viel bei uns einkauft.

Trumps Strafzölle könnte die Flut an chinesischen Waren zum Versiegen und China damit in ernsthafte Probleme bringen. Lizzi Lee, China-Expertin beim Asia Society Policy Institut, rechnet zwar vor, dass Peking den Wegfall des US-Marktes ausgleichen könnte, wenn die Chinesen selbst 30 Prozent mehr ihrer Güter kaufen würden. Den Propaganda-Apparat dazu hätte Chinas Regierung. Doch das passiert nicht von heute auf morgen. Auch die Charme-Offensive, die Peking in den vergangenen Wochen gegenüber europäischen Firmen und Regierungen lanciert hat, wird erst Resultate bringen, wenn China umdenkt.

Temu, Tiktok, Trump-Parolen

Denn: Das Land ist nach wie vor ein äusserst unfairer Player auf dem Weltmarkt. Zwangsarbeit in Internierungslagern, Diebstahl von Forschungsdaten und Industriegeheimnissen, unfaire Subventionen der eigenen Autoindustrie (ein Grund, weshalb der chinesische Autobauer «Build Your Dreams» innert Kürze zum grössten Elektroauto-Verkäufer der Welt mutierte): All das ist laut dem jüngsten Länderbericht der Welthandelsorganisation WTO ungelöst. Und alles verstösst gegen die Regeln, zu deren Einhaltung sich China bei seinem Eintritt in die WTO 2001 verpflichtet hat.

Dazu kommt die grobe Zensur im Riesenreich: Weder Youtube noch X noch Whatsapp sind in China verfügbar, während 170 Millionen Amis (und sogar etwa 190 Millionen Europäer) sich täglich durch das chinesische Tiktok scrollen und der kommunistischen Regierung persönliche Daten frei Haus liefern. Währenddessen zerstört die Online-Ramschplattform Temu (15 Millionen Päckli in die Schweiz 2024!) weltweit den Kleinhandel.

Kurzum: Es gibt guten Grund, die Samthandschuhe im Umgang mit China abzustreifen und hinter die lächelnde Fassade des Kommunisten-Staates zu schauen. Da schlummern Abgründe, in die keine demokratische Gesellschaft je hineingerissen werden will.

Trump, der Zoll-Zeus, liegt richtig, wenn er seinen Schlangenstab auf die Chinesen runterdonnern lässt. Er tut uns einen Gefallen damit. Das Problem dabei: Er wird dem Rest der Welt (oder mindestens einem Teil davon) glaubhaft darlegen müssen, dass Amerika, nicht China, noch immer der weitaus bessere Partner ist. Die von ihm selbst erhobenen Brutalo-Zölle gegen die EU, die Schweiz und alle anderen zurückzunehmen, ist ein Anfang (die Zehn-Prozent-Grundzölle bleiben). Um China zu isolieren und den «Westen» als Allianz über die Runden zu retten, wird es nicht reichen.

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