Auf einen Blick
- Kanada ist das beliebteste Ziel für Studienabgänger
- Schweiz belegt mit möglicher Nettoimmigration von 5 Millionen Platz sechs
- Expats empfinden Schweizer als unfreundlich und unnahbar
In der Schweiz herrscht Fachkräftemangel. Laut einer kürzlich veröffentlichen Studie der Universität St. Gallen sind drei Viertel der befragten Industriefirmen davon betroffen. Und die Problematik dürfte sich noch zuspitzen: Das Beratungsunternehmen Oliver Wyman und die Förderinstitution Allianz Chance+ prognostizierte im letzten Jahr, dass der hiesigen Wirtschaft bis 2035 über 300'000 gut ausgebildete Arbeitskräfte fehlen werden. Die volkswirtschaftlichen Kosten: bis zu 29 Milliarden Franken – pro Jahr.
Mögliche Auswege: Junge Talente durch ein sozial gerechteres Bildungssystem besser fördern. Oder dann Fachkräfte aus dem Ausland anwerben. Für die zweite Lösung ist das Angebot mehr als genug vorhanden, wie der «Economist» im sogenannten «Footloose Index» ausweist. Das britische Magazin hat für seinen «Ungebundenheitsindex» berechnet, wie hoch die potenzielle Nettoimmigration von Studienabgängern für 74 Länder ist, wenn es keine Einreisebeschränkungen wie die Visa-Pflicht geben würde.
Der Wert für die Schweiz: 5,1 Millionen junge Hochschulabsolventen wären bereit, in unser Land zu ziehen. Gleichzeitig denken 166'000 junge hiesige Ex-Studenten darüber nach, ins Ausland zu gehen. Damit bleibt unter dem Strich eine mögliche Nettoimmigration von knapp 5 Millionen jungen Fachkräften.
Schweizer mögen englischsprachige Länder
Mit dieser Zahl belegt die Schweiz im Ranking den sechsten Platz. Deutlich auf dem ersten Platz liegt Kanada, wo 16,6 Millionen Studienabgänger hin wollen. Gar 21,4 Millionen hoffen auf den «amerikanischen Traum» in den USA. Weil aber gleichzeitig 16,1 US-Absolventen ihrer Heimat den Rücken kehren möchten, belegen die Vereinigten Staaten bloss den vierten Rang – hinter Australien und Deutschland. Vor der Schweiz geführt ist auch noch Spanien.
Ein vertiefter Blick auf die Schweizer Angaben zeigen Überraschendes: So machen die mexikanischen Studienabgänger die grösste Gruppe aus, die sich ein Leben hierzulande vorstellen kann. Erst danach folgt unserer nördlicher Nachbar Deutschland. Unter den aufgeführten Ländern mit am meisten Schweiz-Fans unter den jungen Fachkräften sind Staaten, mit zweifelhaftem bis schwierigem Ruf: China, Russland und der Iran. Im Index für den Erhebungszeitraum 2010 bis 2012 belegten die USA, Südkorea und China die Top-Plätze.
Umgekehrt träumen die Schweizer Arbeitnehmer mit Hochschulabschluss von jenen Ländern, in denen sie nach dem Gymi ihre Englischkenntnisse aufgebessert haben. Die ersten drei Plätze belegen Kanada, die USA und Australien. Danach folgen europäische Länder wie Italien, Frankreich, Spanien und Österreich. Und einige sehnen sich wohl zurück in ihre Tauch- oder Surf-Ferien auf Bali oder Borneo. Denn auch Indonesien ist aufgelistet.
Expats halten Schweizer für unfreundlich
Der Index bestätigt, dass die Schweiz im Ausland auch bei gut ausgebildeten Fachkräften beliebt ist. Nur: Sind sie einmal hier, hapert es an der einen oder anderen Stelle. Im sogenannten Expat-Ranking für dieses Jahr belegt die Eidgenossenschaft bloss den 34. Platz von 53 untersuchten Ländern – ein Rangverlust von 12 Positionen gegenüber 2023.
Das Ranking ist ein Beleg für viele Klischees. Beim Lohn, der Landschaft und der Sicherheit schneidet die Schweiz gut ab. Schlecht kommt sie hingegen bei den Mietpreisen und dem Freizeitangebot weg. Zudem stufen die Expats die Schweizer Bevölkerung als vergleichsweise unfreundlich und unnahbar. Viele haben Mühe, Freundschaften zu schliessen, und fühlen sich nicht willkommen.