Der Knatsch zwischen den Streithähnen auf dem Bau nimmt kein Ende: Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) und die Gewerkschaften konnten sich auch am späten Montagabend nicht auf einen neuen Landesmantelvertrag (LMV) einigen. Nun droht der vertragslose Zustand.
In der siebten und letzten Verhandlungsrunde waren die Arbeitsstunden pro Woche einmal mehr der zentrale Zankapfel. Die Baumeister wollen diese künftig «flexibler» gestalten können, wie SBV-Direktor Bernhard Salzmann letzte Woche im Blick-Streitgespräch mit Unia-Bausektorleiter Nico Lutz (51) betonte.
Fronten komplett verhärtet
In diesem Punkt konnte auch am Montag keine Annäherung gefunden werden, wie die Unia am Dienstag in einer Medienmitteilung schreibt: «Noch immer drängen die Baumeister darauf, dass die Arbeitstage im Sommer noch länger werden und dafür im Winter die Arbeit auf Abruf zunimmt.»
Was das gemäss Gewerkschaften für die Büezer heisst: Konkret sollen im Hochsommer bis zu 48 Stunden pro Woche oder 9,6 Arbeitsstunden pro Tag auf der Baustelle normal sein. Hinzu kämen die Reisezeit und die Überstunden, die in den Sommermonaten gang und gäbe wären.
Die Baumeister halten in einer Medienmitteilung dagegen: Man nehme die Bedenken der Gewerkschaften ernst und habe «wirkungsvolle Bremsen vor überlangen Arbeitstagen» präsentiert. Der SBV argumentiert zudem, dass eine grössere Flexibilität bei der Arbeitszeit für die Bauarbeiter die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben erleichtert.
Zwei Zusatzrunden
Die Baumeister und Gewerkschaften müssen nach den sieben offiziell angesetzten Verhandlungsrunden in die Extraschlaufe. Die zwei zusätzlichen Verhandlungsrunden finden noch im November statt. Und dürften erneut zum zähen Ringen werden. Die Fronten sind völlig verhärtet: «Wenn die Bauarbeiter diese Verlängerung der geplanten Arbeitstage im Sommer nicht akzeptieren, dann wollen die Baumeister ihre Reallöhne kürzen», schreibt die Unia weiter.
Man sei bereit «über grosszügige Lohnerhöhungen zu verhandeln, wenn die Vorteile einer einfacheren und individuelleren Organisation bei der Arbeitszeit» dies zuliesse, schreibt der SBV.
Das droht beim vertragslosen Zustand
Da der aktuelle LMV Ende Jahr ausläuft, wird ein vertragsloser Zustand auf dem Bau immer wahrscheinlicher. Und dann würde auch die Friedenspflicht nicht mehr gelten, gemäss dem die Bauarbeiter während den Verhandlungen nicht streiken dürfen – es sei denn, der Streikpunkt ist nicht im LMV geregelt. Entsprechend hat Lutz für einen vertragslosen Zustand gegenüber Blick bereits letzte Woche nationale, grosse Streiks in Aussicht gestellt.
Für Büezer mit einem laufenden Arbeitsvertrag würden die Arbeitsbedingungen aus dem alten LMV quasi nachwirken, wie der SBV auf seiner Homepage erklärt. Die SBV-Spitze hat jedoch nicht grundlos seit Verhandlungsbeginn immer wieder mit einem vertragslosen Zustand kokettiert.
Schlechtere Konditionen bei Neuanstellungen
Denn für Neuanstellungen während eines vertragslosen Zustandes würde der auslaufende LMV nicht mehr gelten. So spekuliert der SBV darauf, dass «im Bereich der Arbeitszeit (...) die Kompensation von Überstunden durch Freizeit vereinbart werden oder der Lohn des Arbeitnehmers den Leistungen angemessen festgelegt werden» könnte. Damit wären Tür und Tor für Lohn-Dumping offen.
Das Bauhauptgewerbe wird aber auch dann nicht zum rechtsfreien Raum. So wird der Kündigungsschutz im Obligationenrecht geregelt. Und das Arbeitsgesetz steckt den Rahmen im Bereich des Gesundheitsschutzes und bezüglich der zulässigen Arbeits- und Ruhezeiten sowie der Nacht- und Sonntagsarbeit.
Für die Bauunternehmen hat der SBV bereits Vorbereitungen getroffen, wie Salzmann vergangene Woche betont hat. So wären Grossauftraggeber im Bauhauptgewerbe wie der Bund oder die SBB bereits angeschrieben worden, ihre Ausschreibungen weiterhin nach den Regeln des alten Landesmantelvertrags zu machen.