Die Neon Technik AG mit Sitz in Kemptthal ZH macht Beschriftungen und Leuchtreklamen aller Art – und das seit mehr als 60 Jahren.
«Ich führe den Betrieb mit rund 20 Mitarbeitenden in dritter Generation», sagt Inhaberin Tanja Christen Kramis (56) stolz. Zu den Referenzen zählen Detailhandelsgrössen wie Dosenbach, Manor und Ochsner Sport genauso wie Industriekonzerne namens Implenia, Schindler und Swatch.
Die Unternehmerin übernahm von ihrem Vater, der 2008 verstarb, aber nicht nur eine lange Firmengeschichte, sondern auch eine fragwürdige Spesenvereinbarung aus dem Jahr 1978.
Damals hielt die Ausgleichskasse in einem «Arbeitgeberkontroll-Nachtrag» fest, dass der AHV-pflichtige Lohn des «Chefvertreters» wie folgt abzurechnen sei: «Zu deklarieren sind 70 Prozent der ausbezahlten Entschädigungen inkl. Spesenvergütungen!» Die «vereinbarte Spesenpauschale» betrage «maximal 30 Prozent».
«Regelung wurde nie beanstandet»
Die Neon Technik AG hielt sich seither an diese Vereinbarung – was aufgrund des zunehmenden Lohnniveaus dazu führte, dass beim «Chefvertreter» teilweise Spesen von mehreren Zehntausend Franken vom AHV-pflichtigen Einkommen abgezogen wurden.
Christen Kramis: «Uns war bewusst, dass die Spesen sehr hoch waren. Aber die Regelung wurde von den Behörden nie beanstandet, wenn sie unsere Bücher überprüften.» Sie habe es nicht als ihre Aufgabe betrachtet, Ausgleichskasse oder Suva auf die Vereinbarung aufmerksam zu machen.
Doch 2022 ist plötzlich Schluss mit der Regelung. Als die Neon Technik AG zur Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber (AZA) wechseln will, erscheint die bisherige Ausgleichskasse, die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (SVA Zürich), zu einer Kontrolle – und beanstandet die Vereinbarung von 1978.
Die geltend gemachten Abzüge von 30 Prozent für Unkosten seien Teil des beitragspflichtigen Lohns, so das Fazit des SVA-Revisors. Gestützt darauf erliess die SVA Zürich Nachzahlungsverfügungen für die Jahre 2018 bis 2021, die sich auf rund 40'000 Franken belaufen.
Für Christen Kramis ein Schock: «So viel Geld schüttelt ein KMU nicht aus dem Ärmel. Das tut extrem weh.» Zwar könne sie nachvollziehen, dass die alte Spesenregelung als überholt beurteilt worden sei. Sauer macht sie jedoch, dass sie die zusätzlichen Lohnbeiträge auch rückwirkend bezahlen muss. «Das kann es doch nicht sein. Firmen müssen sich auf schriftliche Zusicherungen der Behörden verlassen können.»
Gericht bestätigt «Vertrauensschutz», aber ...
Die Unternehmerin hat die Nachzahlungsverfügung angefochten, durch alle Instanzen hindurch. Ende September dieses Jahres zog sie vor Bundesgericht aber den Kürzeren.
Aus dem Urteil geht hervor, dass der «Vertrauensschutz» – also die Berufung auf eine «behördliche Zusicherung» – zwar grundsätzlich auch für sehr alte Vereinbarungen gilt. Die Neon Technik AG könne sich aber nicht auf diesen Grundsatz berufen, weil das Unternehmen «keine irreversiblen Dispositionen dargelegt» habe, die in Zusammenhang mit der Spesenregelung getätigt worden seien.
Hätte die Neon Technik AG konkret belegen können, dass die 40'000 Franken, die wegen der alten Spesenvereinbarung eingespart worden sind, direkt für andere Investitionen verwendet worden sind, wäre das Urteil des Bundesgerichts unter Umständen anders ausgefallen.
Christen Kramis ist frustriert: «Ich fühle mich von den Behörden schikaniert.» Jetzt bleibt der Unternehmerin kaum etwas anderes übrig, als die Nachforderungen zu bezahlen. Sonst droht ihr die Betreibung.