Durchschnittlich verbringen Rentnerinnen und Rentner derzeit vor dem Tod 1 bis 1,5 Jahre im Pflegeheim. Je älter man wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit. Bei den 85-bis 89-Jährigen lebt ein Sechstel im Heim, bei den Über-90-Jährigen schon ein Drittel.
Trotz der hohen Wahrscheinlichkeit, früher oder später im Pflegeheim zu landen: Nur eine Minderheit der Schweizer Rentnerinnen und Rentner macht sich ernsthaft Gedanken darüber, einmal dort den letzten Lebensabschnitt zu verbringen. Das zeigt eine neue, repräsentative Studie des Lebensversicherers Swiss Life.
Lebensrealität im Alter wird unterschätzt
Für die Studie hat Swiss Life mehr als 2000 Leute aller Alterskategorien befragt. Auf die Aussage «Die Chance ist gross, dass ich im hohen Alter pflegebedürftig sein werde», antworteten nur gerade 6 Prozent der Über-65-Jährigen mit «trifft voll und ganz zu». Weitere 14 respektive 20 Prozent sagten «trifft zu» oder «trifft eher zu».
Der weitaus grössere Anteil von gesamthaft 60 Prozent der Rentner schätzt die Chance, selber einmal im Pflegeheim zu landen, als klein ein, oder antwortete nicht auf die Frage. «Dass derart viele die Frage gar nicht erst beantworteten, deutet darauf hin, dass die Lebensrealität im hohen Alter tendenziell unterschätzt wird», sagt Andreas Christen (37), Autor der Studie.
Nur die Hälfte kann sich Pflegeheim leisten
Noch stärker blenden die Leute die Kostenrealität im Pflegeheim aus: Nur 34 Prozent gaben an, sie hätten sich «intensiv Gedanken darüber gemacht, was ein allfälliger Aufenthalt im Pflegeheim kosten würde».
Möglich, dass die Rentnerinnen und Rentner die Pflegekosten aus Selbstschutz geflissentlich ausblenden – denn sie sind beträchtlich. Abzüglich der Krankenkassenbeiträge kostet ein Monat im Pflegeheim die Betroffenen durchschnittlich rund 6000 Franken.
Nur die Hälfte hat genug Geld, um diese Kosten aus dem eigenen Sack zu bezahlen. Die anderen sind auf Ergänzungsleistungen angewiesen.
Unwissen wird zum Bumerang für die Erben
Trotz der horrenden Kosten – wer vor dem Tod ein Jahr im Pflegeheim verbringt, berappt dafür im Schnitt 72'000 Franken – hat ein Grossteil der Rentnerinnen und Rentner am Ende des Lebens noch etwas zum Vererben übrig.
Laut einer älteren Studie, basierend auf Steuerdaten des Kantons Zürich, hinterliessen um die Jahrtausendwende drei Viertel der Rentnerinnen und Rentner ein Erbe. Mehr als die Hälfte hinterliess dabei über 100'000 Franken.
Allerdings: Dass die meisten Leute sich vorab nicht mit den Pflegekosten auseinandersetzen, kann dabei zum Bumerang werden. «Bei den Erben drohen unter Umständen böse Überraschungen», warnt Christen. Seit einer Gesetzesänderung 2021 gilt: Wer zu Lebzeiten Ergänzungsleistungen bezog, beim Tod aber ein Erbe von mehr als 40'000 Franken hinterlässt, muss die Ergänzungsleistungen zurückzahlen.
Junge rechnen mit steigendem Rentenalter
Christen empfiehlt Rentnerinnen und Rentnern, sich proaktiver mit der eigenen Vorsorge- und Nachlassplanung auseinanderzusetzen, um sich der finanziellen Realität im hohen Alter bewusst zu werden.
Das wird umso wichtiger, als die finanziellen Aussichten im Ruhestand sich eintrüben. Die aktuelle Rentnergeneration geniesst einen goldenen Ruhestand. Die Vorsorge gerät aufgrund des demografischen Wandels aber zunehmend in Schieflage. 62 Prozent der Unter-35-Jährigen gehen heute bereits davon aus, dass sie länger werden arbeiten müssen als bis 65.
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