Altersarmut, Rentenlücke und Schieflage in der Vorsorge sind in aller Munde. Am 3. März stimmt die Schweizer Bevölkerung über die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter ab». Mit einer 13. AHV-Rente soll die finanzielle Situation der Rentnerinnen und Rentner im Land verbessert werden. Doch wie schlecht geht es den Menschen im Ruhestand in der Schweiz tatsächlich?
Gemäss einer Umfrage des Bundes sagen 55,8 Prozent der über 65-Jährigen im Land, dass die Zufriedenheit in Bezug auf die finanzielle Situation im eigenen Haushalt «sehr hoch» ist. Das sind deutlich mehr als die 35,3 Prozent in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen. Besonders tief fällt die finanzielle Zufriedenheit bei jungen Erwachsenen und bei 25- bis 49-Jährigen aus. Die Zahlen hat das Bundesamt für Statistik Anfang 2023 publiziert, wobei die Umfrage aus dem Jahr 2021 stammt.
Zufriedenheit bei jüngeren Menschen deutlich geringer
Was die Zahlen ebenfalls zeigen: Nur 8,5 Prozent der Rentner geben an, dass ihre finanzielle Zufriedenheit «gering» oder «eher gering» ist. Bei den 18- bis 64-Jährigen beträgt der Anteil 14,7 Prozent. 2022 förderte eine Rentner-Umfrage von Swiss Life ein vergleichbares Bild zutage: 80 Prozent der Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz kommen finanziell gut über die Runden, hiess es damals.
73 Prozent der Swiss-Life-Befragten geben an, in einem Haushalt mit «hoher finanzieller Zufriedenheit» zu leben. Zum Vergleich: Bei den unter 65-Jährigen sind es nur 58 Prozent.
Würde man den heutigen Pensionierten 500 Franken bar in die Hand drücken, sie würden es vor allem zum persönlichen Luxus ausgeben: für Ferien etwa, Geschenke oder Restaurantbesuche. Das zeigt: Die Grundbedürfnisse sind gedeckt, unseren Rentnern geht es gut. Die Schweiz gehört international zur absoluten Spitze: Nur in Dänemark, Norwegen und Schweden geht es den Menschen im Alter finanziell noch besser als hierzulande.
Sie besitzen Häuser und vermieten Wohnungen
Jeder zweite Rentner-Haushalt besitzt eine Immobilie. Mehr als in jeder anderen Altersklasse. Für viele junge Menschen ist der Hauskauf mittlerweile unerreichbar geworden – oder nur noch dank eines Zustupfs der Eltern möglich. Überdurchschnittlich viele Rentner besitzen sogar Wohnungen, die sie weitervermieten.
Das spiegelt sich auch im Vermögen der älteren Generation: Die Hälfte der Rentnerehepaare besitzt ein Nettovermögen von 339'000 Franken. Zum Vergleich: Das Nettovermögen von Paaren unter 65 Jahren liegt bei gerade einmal 49'000 Franken.
Und nicht nur das Vermögen bei den Rentnern stimmt, auch das Einkommen: Fast 40 Prozent der Rentnerhaushalte müssen nicht von ihrem Ersparten zehren, sondern legen sogar in der Pension weiter Geld zur Seite!
Frauen sind zufrieden – trotz Rentenlücke
Der Mythos des goldenen Ruhestandes scheint sich zu bewahrheiten. «Ich würde eher von einer goldenen Generation sprechen», schränkte Andreas Christen (38) im Sommer 2022 ein. Er ist Vorsorgeexperte und Autor der neuen Swiss-Life-Studie. «Die Ergebnisse sind nur eine Momentaufnahme.»
Er spielt damit auf die wachsenden Probleme in der Vorsorge an: Die Leute werden immer älter, die Babyboomer gehen in Pension, immer weniger Junge müssen für immer mehr Alte bezahlen. Es tut sich ein Loch in der Vorsorge auf.
Bei Pro Senectute ist man über das Studienergebnis erfreut. Doch auch in der Altersvorsorge ist nicht alles Gold, was glänzt. «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht eine Viertelmillion Menschen vergessen, die unter Altersarmut leiden», betont Kommunikationschef Peter Burri Follath.
Pro Senectute geht zudem von einer grossen Dunkelziffer aus. Nach offiziellen Zahlen sind zwölf Prozent der Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz auf Ergänzungsleistungen angewiesen, damit sie ihr Existenzminimum sichern können. In der Realität rechnet Burri Follath jedoch mit weitaus mehr prekären Fällen: «Wir müssen davon ausgehen, dass aus Scham oder aber aus Unwissen vielmals nicht abgeklärt wird, ob ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur AHV bestünde.»
Genau hier setzt Pro Senectute an. Die Stiftung berät Rentner mit knappen Finanzen und überprüft für sie, ob sie Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben. Wer sich vor einem persönlichen Gespräch scheut, kann dafür auch den Onlinerechner zurate ziehen.
Besonders kritisch sieht Pro Senectute die finanzielle Schere. «In keiner Altersgruppe sind die Vermögen und Einkommen so ungleich verteilt wie bei den Über-60-Jährigen», sagt Burri Follath.
In Zukunft dürften immer mehr Rentnerinnen und Rentner auf Unterstützung angewiesen sein. «Wir gehen davon aus, dass Altersarmut zunehmen wird», so der Pro-Senectute-Sprecher. Insbesondere bei den Menschen ab 75 Jahren sei die Altersarmut schon heute auf dem Vormarsch. Schuld ist der wachsende Betreuungsbedarf der Rentner, den sie im Gegensatz zu Pflegeleistungen aus dem eigenen Sack bezahlen müssen. Martin Schmidt
Bei Pro Senectute ist man über das Studienergebnis erfreut. Doch auch in der Altersvorsorge ist nicht alles Gold, was glänzt. «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht eine Viertelmillion Menschen vergessen, die unter Altersarmut leiden», betont Kommunikationschef Peter Burri Follath.
Pro Senectute geht zudem von einer grossen Dunkelziffer aus. Nach offiziellen Zahlen sind zwölf Prozent der Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz auf Ergänzungsleistungen angewiesen, damit sie ihr Existenzminimum sichern können. In der Realität rechnet Burri Follath jedoch mit weitaus mehr prekären Fällen: «Wir müssen davon ausgehen, dass aus Scham oder aber aus Unwissen vielmals nicht abgeklärt wird, ob ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur AHV bestünde.»
Genau hier setzt Pro Senectute an. Die Stiftung berät Rentner mit knappen Finanzen und überprüft für sie, ob sie Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben. Wer sich vor einem persönlichen Gespräch scheut, kann dafür auch den Onlinerechner zurate ziehen.
Besonders kritisch sieht Pro Senectute die finanzielle Schere. «In keiner Altersgruppe sind die Vermögen und Einkommen so ungleich verteilt wie bei den Über-60-Jährigen», sagt Burri Follath.
In Zukunft dürften immer mehr Rentnerinnen und Rentner auf Unterstützung angewiesen sein. «Wir gehen davon aus, dass Altersarmut zunehmen wird», so der Pro-Senectute-Sprecher. Insbesondere bei den Menschen ab 75 Jahren sei die Altersarmut schon heute auf dem Vormarsch. Schuld ist der wachsende Betreuungsbedarf der Rentner, den sie im Gegensatz zu Pflegeleistungen aus dem eigenen Sack bezahlen müssen. Martin Schmidt
«Am meisten überrascht hat mich, dass Rentnerinnen finanziell genauso zufrieden sind wie Rentner», so Studienautor Andreas Christen. Dabei stehen Frauen im Alter deutlich schlechter da als Männer. Allein lebende Rentnerinnen haben ein um ein Viertel tieferes Einkommen als Rentner. Weil die meisten allerdings in Paarhaushalten leben, fällt der Geschlechterunterschied kaum ins Gewicht: Die Ehepartner legen ihr Geld zusammen, geben es gemeinsam aus.
Bei einer Scheidung kann es für Männer und Frauen im Alter aber rasch ungemütlich werden. Besonders Müttern droht ein erheblicher Rentenausfall, da sie nach der Scheidung oft viele Jahre Teilzeit arbeiten. Auch Menschen mit Migrationshintergrund laufen ein höheres Risiko, in die Altersarmut zu geraten. Wer etwa erst mit 40 Jahren in die Schweiz einwandert, zahlt weniger in die Vorsorge ein – und erhält im Alter daher auch deutlich weniger.
Jeder Fünfte hat Geldprobleme
Die Rentenlücke bei den Frauen wird noch über Generationen weiterbestehen: Solange Frauen weniger verdienen und in tieferen Pensen arbeiten, können sie auch weniger in die 2. Säule einzahlen. Und diese wird für den Wohlstand im Lebensabend immer wichtiger, wie die Swiss-Life-Studie zeigt. Die AHV stellt für die Mehrheit der Rentner zwar weiterhin die wichtigste Einnahmequelle dar. Doch bei mehr als der Hälfte der Haushalte macht die Pensionskasse mindestens ein Viertel des Einkommens aus.
Und bereits heute hat die goldene Rentnergeneration einige trübe Flecken: Jeder fünfte Rentner, jede fünfte Rentnerin hat Mühe, finanziell über die Runden zu kommen. «Das sind mehrere Hunderttausend Menschen», rechnet Andreas Christen vor. «Sie müssen sich nach der Pensionierung einschränken.» Die betroffenen Rentner verzichten zum Beispiel auf Ferien, Restaurantbesuche oder kaufen weniger neue Kleider.
Was zudem zu bedenken ist: In den vergangenen zwei Jahren dürfte die Inflation die Situation in finanziell klammen Rentner-Haushalten verschärft haben. Aktuellere Zahlen fehlen jedoch.