Kampf um die zweite Säule
Der Rentenstreit geht weiter

Nach der AHV-Abstimmung rückt jetzt die BVG-Reform ins Zentrum der Vorsorge-Debatte. In der Wintersession Ende November behandelt der Ständerat diese Vorlage.
Publiziert: 07.11.2022 um 08:04 Uhr
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In der Wintersession debattiert der Ständerat über die BVG-Reform.
Foto: keystone-sda.ch
Danny Schlumpf

Nach der AHV-Abstimmung ist vor der BVG-Reform. In der Wintersession, die Ende November startet, debattiert der Ständerat über die berufliche Vorsorge. Kern der Reform ist die Senkung des Umwandlungssatzes. Er soll von 6,8 auf 6 Prozent fallen. Heisst: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Weil die Schweiz immer mehr Rentner zählt, die immer länger leben, wäre eigentlich eine Reduktion auf 4,5 Prozent angezeigt. Bloss ist das politisch nicht durchzusetzen: 60 Prozent der Abstimmenden sind über 50 Jahre alt. Ihre Macht an der Urne hat zur Folge, dass Bundesbern den Übergangsgenerationen für die kleine Reduktion des Umwandlungssatzes grosszügige Kompensationen anbietet. Finanzieren müssen das die aktiven Versicherten.

Der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrats sah Kompensationen im Umfang von 30 Milliarden Franken vor. Ende 2021 reduzierte der Nationalrat das Subventionspaket auf neun Milliarden Franken. Die Sozialkommission des Ständerats wiederum hat diesen Betrag auf elf Milliarden angehoben.

Auch für die aktiven Versicherten sind Verbesserungen angedacht: Die Eintrittsschwelle, die heute bei 21'510 Franken liegt, soll nach dem Willen der ständerätlichen Sozialkommission gesenkt werden – allerdings nicht auf 12'548 Franken, wie von Bundesrat und Nationalrat vorgeschlagen, sondern lediglich auf 17'208 Franken. Statt 320'000 würden damit neu 140'000 Geringverdiener in einer Pensionskasse versichert.

Der Abzug soll halbiert werden

Auch der Koordinationsabzug, der den versicherten Lohn bestimmt, soll sinken. Er beträgt heute 24'885 Franken. Bundesrat und Nationalrat wollten den Abzug auf 12'548 Franken halbieren. Die Sozialkommission hingegen will ihn einkommensabhängig machen. Er soll 15 Prozent des AHV-pflichtigen Lohns betragen. Damit wären bei einem Jahreslohn von beispielsweise 40'000 Franken statt 15'000 Franken neu 34'000 Franken versichert.

Diese Massnahmen sind insbesondere im Sinne der Teilzeitarbeitenden – und damit vor allem der Frauen: In der Schweiz erzielen 26 Prozent der Erwerbstätigen ihr Einkommen in einem flexiblen Arbeitsverhältnis – 63 Prozent davon sind weiblich. Ist dieses Modell mehrheitsfähig? «In den Räten dürfte das der Fall sein», sagt SVP-Ständerat Hannes Germann (66), Mitglied der Sozialkommission. «Eine andere Frage ist, ob es in einer Volksabstimmung eine Mehrheit gäbe. Die Senkung des Umwandlungssatzes bleibt eine grosse Hürde.»

Germann begrüsst die Verbesserungen für tiefe Einkommen und Teilzeitarbeitende. «Bis jetzt zahlen die Arbeitgeber viel Geld für die hohen Einkommen ein und wenig bis nichts auf die tiefen. Das muss sich ändern.» Von dort sei allerdings auch Widerstand zu erwarten: «Branchen wie Gastronomie, Tourismus oder Verkauf, die viele Teilzeitarbeitende beschäftigen, müssen mit höheren Arbeitgeberbeiträgen rechnen. Sie könnten deshalb eine unheilige Allianz mit den Gegnern eines tieferen Umwandlungssatzes bilden.»

Die Rentenreform ist noch längst nicht im Trockenen. Fortsetzung folgt.

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