Der Umwandlungssatz bei der Pensionskasse soll runter. Wer heute ein Alterskapital von 100’000 Franken angespart hat, erhält mit der Pensionierung eine jährliche Rente in der Höhe von 6800 Franken, denn der Satz liegt im obligatorischen Teil bei 6,8 Prozent. Neu soll er 6 Prozent betragen. Es gäbe also 800 Franken weniger im Jahr.
Diese Rentensenkung soll mit Zuschlägen abgefedert oder gar vollständig kompensiert werden. Derzeit ringt das Parlament darum, wie hoch die Zuschläge sein sollen und wer in deren Genuss kommen soll.
Mehr Zuschlag-Bezüger
Jetzt hat die ständerätliche Kommission für Sicherheit und Gesundheit (SGK-S) hat mit 8 zu 4 Stimmen ein überarbeitetes Konzept zur Pensionskassen-Reform angenommen. Es orientiert sich zwar an einem Modell des Nationalrats, erweitert aber den Kreis der Zuschlag-Bezüger. Und das Konzept will tiefe Vorsorgeguthaben verstärkt besserstellen. Unerwünschte Effekte des ursprünglichen Kommissionsvorschlages habe die SGK-S optimiert, teilt sie mit.
Die Kommission unterstreicht den Willen, mit der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) Teilzeitangestellte und Mehrfachbeschäftigte besserzustellen. Darum hielt die Kommission an ihren ursprünglichen Beschlüssen fest, die Eintrittsschwelle in die Pensionskasse und den Koordinationsabzug spürbar zu senken. Es geht hier im Wesentlichen darum, Personen mit tiefem Einkommen bei der Pensionskasse besserzustellen. Der Ständerat wird die Vorlage in der Wintersession behandeln, die Ende November beginnt.
Schwelle bei 215'100 Franken
Kern des Konzepts der Ständerats-Kommission ist ein lebenslanger Rentenzuschlag für die ersten 15 Jahrgänge, die nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden. Und das geht so: Wer zum Zeitpunkt seiner Pensionierung über ein Altersguthaben von 215'100 Franken oder weniger verfügt, soll Anrecht auf den vollen Zuschlag haben.
Dieser Zuschlag beträgt für die ersten fünf Jahrgänge 2400 Franken, für die folgenden fünf Jahrgänge 1800 Franken, und für die letzten fünf Jahrgänge 1200 Franken jährlich. Gemäss Schätzungen würde damit ein Viertel der Versicherten in der Übergangsgeneration den vollen Zuschlag erhalten.
Abgestufter Zuschlag
Versicherte mit einem Altersguthaben von 215'100 bis 430'200 Franken haben nach dem Modell der SGK-S Anspruch auf einen abgestuften Zuschlag. Hiervon würden laut Schätzung weitere 25 Prozent der Versicherten in der Übergangsgeneration profitieren.
Die SGK-S hatte sich viel Zeit genommen bei der Suche nach einer Reform-Lösung. So konnte die für die Herbstsession geplante Debatte im Ständerat nicht stattfinden. Heftig umstritten war und ist, wie die tiefere Rente kompensiert werden soll, wenn der Umwandlungssatz von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt wird.
Schwelle eingeführt
Die Sozialpartner, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter hatten sich zuvor auf einen Kompromiss geeinigt, welcher auch vom Bundesrat unterstützt wurde. Dieser Kompromiss sah Zuschläge für alle Neurentner vor. Der Nationalrat beschloss im Dezember 2021 jedoch, dass nur 35 bis 40 Prozent der Rentner von 15 Übergangsjahrgängen einen Zuschlag als Kompensation für die tiefere Rente erhalten sollten, abgestuft nach Jahrgängen. Die Folge wären Pensionskassen-Einbussen für zahlreiche Rentner gewesen.
Diesen Sommer hatte die Ständeratskommission dann eine grosszügigere Vorlage präsentiert. Dies auch, um die Chancen der BVG-Reform in einer Volksabstimmung zu erhöhen. Mit dieser ersten Lösung der SGK-S hätten etwa 70 Prozent der Versicherten in der Übergangsgeneration den vollen Zuschlag erhalten und 18 Prozent einen reduzierten Zuschlag.
Die kleine Kammer entschied sich dann im Juni aber für eine Zusatzschlaufe und wies das Paket auf Antrag von Ständerat Josef Dittli (65, FDP) noch einmal zur Überarbeitung zurück an die Kommission. Der Auftrag: beim Anrechnungsprinzip für die Übergangsgeneration eine Schwelle einführen. Der Bezügerkreis würde sonst zu gross, so der Urner Dittli.
Kosten: 12 Milliarden
Das neue Modell würde rund 12 Milliarden statt etwa 25 Milliarden Franken kosten. Die vom Nationalrat gutgeheissene Version kostete mit rund 9 Milliarden Franken weniger, da auch klar weniger BVG-Rentner einen Zuschlag erhielten.
Unumstritten ist aber auch der neue Kommissionsvorschlag nicht. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) unter der Leitung von Pierre-Yves Maillard (54) lehnt den Vorschlag «kategorisch» ab. Das Modell sei teuer bezahlt und senke letztlich die Renten. Die Kommission bleibe trotz klarem Versprechen und einer sich rasant zuspitzenden Situation in den Pensionskassen deutlich hinter ihren eigenen Entscheiden von vor einem halben Jahr zurück.
Frauen hätten das Nachsehen
Zudem müssten die Frauen weiterhin Jahrzehnte auf eine Verbesserung ihrer Renten warten, denn sie sind es, die zwischenzeitlich keiner bezahlten Erwerbstätigkeit nachgehen, wenn sie beispielsweise Kinder bekommen haben. Und sie arbeiten auch öfter Teilzeit als die Männer. So sind es oft die Frauen, die nur eine kleine BVG-Rente erhalten.
So liegt der Fokus bei der BVG-Reform denn auch auf den geringen Einkommen mancher Frauen: Bei einem Jahreslohn von 25'000 Franken stiegen die Kosten für die Versicherten mit dem neusten Kommissionsvorschlag laut SGB um knapp acht Lohnprozente auf 160 bis 250 Franken pro Monat. Dafür erhielten sie dann in 40 Jahren als Rentnerinnen und Rentner eine monatliche Rente von knapp 500 Franken. Für die tieferen Frauen-Löhne und die viele unbezahlte Arbeit sollen die Frauen also auch noch mit massiven Mehrkosten in der zweiten Säule bestraft werden? Dazu gibt es vom SGB ein klares Nein.
Knappe Abstimmung
Mehr zur Rente
Das knappe Abstimmungsresultat zur AHV-Reform vom 25. September, bei der die Stimmenden einer Erhöhung des Frauenrentenalters zugestimmt haben, solle nach dem Willen der SGK-S nun offenbar als Denkzettel nicht ausgereicht haben, kritisiert der SGB. Aus Sicht des Gewerkschaftsverbands kann nicht auf Zuschläge für alle Neurentner verzichtet werden. Er bestehe weiterhin auf den Sozialpartner-Kompromiss.
Dieser Kompromiss ist im Parlament aber eben umstritten. Zahlreiche Parlamentsmitglieder stören sich daran, da er in der zweiten Säule die Umverteilung der Mittel von den Erwerbstätigen zu den Rentnern auf längere Zeit zementieren würde. Die bürgerliche Mehrheit in den Räten zielt deshalb darauf ab, die Umverteilung in Milliardenhöhe zu begrenzen. (SDA/pt)