«Holcim kann hier keine Bäume mehr roden»
Klimaaktivisten besetzen Wald im Aargau

Klimaaktivisten haben im Aargau einen Wald besetzt. Sie wollen verhindern, dass der Zementkonzern Holcim seinen dortigen Steinbruch vergrössert. Die letzte Besetzung der Aktivisten dauerte mehrere Monate.
Publiziert: 03.04.2022 um 16:47 Uhr
|
Aktualisiert: 04.04.2022 um 09:21 Uhr
1/10
Eine Handvoll Klimaaktivisten macht sich auf, einen Wald beim Holcim-Steinbruch im Kanton Aargau zu besetzen.
Foto: ZAD Geissberg
Sarah Frattaroli

Das Logo des Schweizer Zementkonzerns Holcim ist grün und blau, es steht für «die grüne Erde und den blauen Himmel» und soll die Nachhaltigkeit betonen. Klimaaktivisten halten das für einen schlechten Scherz. «Holcim ist einer der grössten Klimakiller», schreibt die Aktivistengruppe «Wald statt Beton».

Am Sonntag haben die Aktivisten aus Protest den Holcim-Steinbruch Gabenchopf nahe Brugg AG besetzt. Aus dem Steinbruch wird das Zementwerk Siggenthal in Würenlingen AG gespeist. Laut den Aktivisten «die grösste CO2-Quelle der Schweiz».

Polizei vor Ort

Ihre Blockade errichteten die Aktivisten in den Bäumen, die an den Steinbruch grenzen. Sie nennen die Aktion ZAD Geissberg, ZAD ist kurz für zone à defendre – einen Ort, den es zu schützen gelte. Sie wollen so verhindern, dass die Grube des Steinbruchs vergrössert wird. «Holcim kann hier keine Bäume mehr roden», heisst es in einer Mitteilung zur Aktion.

Die Kantonspolizei Aargau bestätigt auf Anfrage von Blick, dass rund ein Dutzend Aktivisten sich im Wald beim Holcim-Steinbruch aufhalten. «Die Stimmung ist friedlich», so ein Polizeisprecher. Die Aktivisten werden kontrolliert und aufgefordert, den Wald zu verlassen. Es handelt sich um Privatgrund. Das Ziel des Polizeieinsatzes sei es, die Kundgebung aufzulösen, hiess es.

Die Aktivisten werden der Aufforderung wohl kaum nachkommen. Schliesslich rufen sie ihre Unterstützer dazu auf, mit Zelten, Schlafsäcken und «viel Wasser und Essen» anzureisen. Man scheint sich auf eine längere Besetzung einzustimmen.

Droht monatelange Besetzung?

Es ist die zweite Besetzung eines Holcim-Werks durch die Aktivistengruppe. In der Waadt besetzte die Gruppe monatelang ein anderes Holcim-Zementwerk. Die Behörden räumten das Aktivisten-Camp im Frühling 2021. Die Räumung des Camps verursachte massive Kontroversen.

Die Zementindustrie ist in der Schweiz laut Branchenangaben für rund fünf Prozent aller CO2-Emmissionen verantwortlich. Die Klima-Aktivisten sprechen sogar von bis zu acht Prozent. So oder so, der Sektor fällt deutlich stärker ins Gewicht als etwa die gesamte Flugbranche. Der Schweizer Konzern Holcim spielt dabei auch international eine grosse Rolle, gehört er doch zu den weltweit führenden Zementherstellern.

Dass die Zementindustrie derart CO2-intensiv ist, liegt einerseits an der chemischen Reaktion bei der Herstellung von Zement. Andererseits am hohen Energieverbrauch: Der Kalkstein wird auf über 1000 Grad erhitzt, um Zement herzustellen.

«Uns steht der Beton bis zum Hals»

Holcim äussert sich in einem schriftlichen Statement zur Besetzung. Man nehme die Anliegen der Aktivisten sehr ernst und sei offen für den Dialog. «Holcim duldet aber kein illegales Eindringen in ihr Gelände, zumal solche Aktionen ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen», so eine Sprecherin. Die weitere Entwicklung werde genau verfolgt. Holcim behalte sich rechtliche Schritte vor.

Der Branchenverband Cemsuisse hält auf seiner Webseite ganz allgemein fest, man sei sich der gesellschaftlichen und klimatischen Verantwortung bewusst. «Die Zementindustrie hat ihre CO2-Emissionen seit 1990 aus primär fossilen Brennstoffen um mehr als zwei Drittel reduziert.»

Holcim will bis 2050 auf «klimaneutrales und vollständig rezyklierbares Baumaterial» umstellen. Den Aktivisten geht das ganz offensichtlich nicht schnell genug. «Mit der ZAD Geissberg stoppen wir hier und jetzt den Klimakiller Holcim», wird die Klimaaktivistin Svenja Schmid in einer Mitteilung zur Besetzung zitiert. «Uns steht der Beton bis zum Hals.» Eine Alternative zu Zement als Baustoff präsentieren die Aktivisten derweil nicht.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.