Der Kampf um den Mormont beginnt. Seit Oktober halten Klima-Aktivisten den Hügel bei Eclépens VD besetzt, wo der Zementmulti Holcim den Kalksteinabbau ausweiten will. Sie machen Yoga, bauen Absperrungen – und warten auf die Räumung. «Ich werde diesen Ort bis zum Ende verteidigen», sagte einer der Aktivisten kämpferisch, als BLICK das Camp «ZAD» Anfang März besuchte.
Nun könnte es so weit sein. Heute rechnen die Besetzerinnen und Besetzer mit «erhöhter Polizeipräsenz» und möglicherweise der Räumung. Mehrere Dutzend Aktivisten leben dauerhaft hier, weitere Unterstützer wollen im Fall der Fälle anreisen. Sie sind bereits seit Donnerstag aufgerufen, sich mit ihrem Gepäck bereitzuhalten. «Falls du genügend Zeit hast: Komm jetzt auf den Hügel!», rufen die Klima-Besetzer in internen Netzwerken auf.
Die Polizei lässt sich nicht in die Karten schauen
Die zuständige Kantonspolizei will sich auf BLICK-Anfrage nicht zum möglichen Räumungstermin äussern. So war es bereits bei der Räumung des illegal besetzten Bundesplatzes in Bern vom September: Fast 48 Stunden lang liessen die Behörden die grösstenteils jungen Aktivistinnen und Aktivisten gewähren – erst in der zweiten Nacht räumten sie das illegale Klimacamp – um 2.09 Uhr in der Früh und bei strömendem Regen. Anstandslos liessen sich die Klimajugendlichen wegtragen. Manche waren wohl auch froh, endlich ins Trockene zu kommen.
Auf dem Mormont aber könnten die Sicherheitskräfte auf mehr Widerstand stossen. Die Bezeichnung «ZAD» steht für «Zone à défendre» – «Schutzzone». Im Dannenröder Forst, bei einer ähnlichen Schutzzonenaktion in Deutschland, lieferten sich Waldbesetzer und Polizei bei der Räumung im vergangenen Herbst ein wochenlanges Scharmützel. Auf beiden Seiten kam es zu massiver Gewalt.
Besetzer bitten um Schlingen, Metall oder Draht zur «Verteidigung»
Kann das auch in der Schweiz passieren? Die Materialbedarfsliste, die die Aktivistinnen und Aktivisten angelegt haben, deutet darauf hin. Unter anderem bitten sie Unterstützer zur «Verteidigung» des Mormont um Karabiner, Schlingen, Gurte, Metall aller Art, Spiegel, Paletten, Draht, Nägel und Schrauben, grosse Planen, Ketten und Farbe. Gerne könnte auch «sperriges Zeug» im LKW herangekarrt werden, «zum Beispiel 1000 Tonnen Holz».
Zu Hause lassen sollen Unterstützer aber Waffen, Messer, Kontaktlinsen (wegen des möglichen Tränengas-Einsatzes der Polizei) sowie Mobiltelefone und Ausweisdokumente. Masken sind Pflicht: als Corona-Schutzmassnahme – und um die eigene Identität zu verschleiern.
«Die Umwelt wird vergessen»
BLICK konnte mit mehreren Umweltaktivisten vor Ort sprechen. Sie wollen anonym bleiben und stellen sich dafür vermummt vor die Kamera. Sollte es zu Ausschreitungen kommen, liege dies nicht an ihnen. Sie würden nur reagieren und versuchen die Situation friedlich zu lösen. «Wenn man sieht wie Holcim mit dem Hügel umgeht, ist das extrem gewaltvoll. Das tut einem weh», sagt eine Aktivistin zu BLICK. Bisher sei die Stimmung noch entspannt und friedlich.
Eine der drei Frauen habe fast den ganzen Winter dort verbracht. Klar sei es kalt, aber man gewöhne sich daran. Was Holcim vorhabe, mache sie traurig. «Die Diskussionen werden sehr einseitig geführt. Profit und Arbeitsplätze werden als Argumente genannt, dabei wird die Umwelt vergessen. Auch sie hat einen Wert, nicht nur das Materielle», sagt die Dauer-Besetzerin.
Nicht nur Studien verfassen, sondern Aktivismus
Dass es überhaupt so weit kommen musste, macht auch die dritte Aktivistin traurig, aber auch wütend. Trotzdem betont auch sie, dass die Gewalt nicht von den Besetzern ausgehe, sondern erst von aussen an diesen Ort kommt. Nichtsdestotrotz sagt sie zum Schluss: «Wir verteidigen unsere Sache.»
Salto (26) aus Zürich ist seit Herbst auf dem Gelände. «Ich bin selber Klimawissenschaftler, aber es reicht eben nicht nur Studien zu verfassen, sondern es braucht auch Aktivismus. Öffentliches Gut wird für privaten Profit zerstört», erklärt der 26-Jährige.
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