Auf einen Blick
Am kommenden Wochenende beginnt in diversen Schweizer Skigebieten die Wintersaison. Das passt zu den Wetterprognosen, die Schneefall bis in tiefere Lagen versprechen. Das macht Lust auf Wintersport!
Eine Lust, die immer mehr auf technische Unterstützung der Natur angewiesen ist. Klimatologe Reto Knutti (51) von der ETH Zürich hält in einem am Montag präsentierten Factsheet zu Klimaszenarien fest: «Der fortschreitende Klimawandel stellt besonders die Destinationen in tiefen und mittleren Lagen vor grössere Herausforderungen.» Die natürliche Schneesicherheit nimmt ab: «Für Skigebiete unter 1500 Metern wird es schwierig.»
Beschneiung ist zwingend – und teuer
Eine ebenfalls am Montag präsentierte Umfrage von Seilbahnen Schweiz bei über 100 Mitgliedern zeigt: 95 Prozent rechnen mit einer weiteren Abnahme der Schneesicherheit in den kommenden 20 Jahren.
Auf Rang 1 der geplanten strategischen Massnahmen zur Sicherung des Skibetriebs: Technische Beschneiung. Eine solche umfasst nicht nur ein paar Schneekanonen. Sondern ein ganzes System, das Speicherteiche, Wasserleitungen, Pumpen, Luftkompressoren, Schneeerzeuger sowie Leitsysteme mit Wasser- und Strommanagement benötigt.
Das ist teuer! Stefan Mumenthaler (52) vom Beschneiungsanlagen-Hersteller Technoalpin in Schattdorf UR sagt zu Blick: «Als Faustregel gilt 1 Million Franken pro Pistenkilometer, sofern noch keine Infrastruktur vorhanden ist.» Oder 3,5 bis 5 Franken pro Kubikmeter Schnee.
Doch Technik allein reicht nicht. «Auch bei technischer Beschneiung müssen Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit die nötigen Voraussetzungen aufweisen», ergänzt Mumenthaler. Bei sehr geringer Luftfeuchtigkeit kann bereits knapp am Gefrierpunkt technischer Schnee erzeugt werden.
Elm setzt auf Beschneiung – andere verzichten
In der Schweiz mit ihren eher hoch gelegenen Skigebieten werden aktuell nur knapp 50 Prozent aller Skipisten technisch beschneit. Zum Vergleich: Im Südtirol sind es 92 Prozent, in Österreich 75 Prozent. Laut Mumenthaler ist der Bau neuer Beschneiungsanlagen schwieriger geworden. Die Schweizer Wintersportorte investieren dennoch jährlich Millionen in technische Beschneiung: «Meist für die Erweiterung oder Modernisierung der Anlagen.»
Elm GL wird im Frühjahr 2025 mit dem Bau einer Beschneiungsanlage beginnen. Stefan Elmer (51), Direktor Sportbahnen Elm, erklärt: «Die Beschneiung ist für uns überlebenswichtig.» Der Wasserbedarf für die Beschneiung sei ebenso gesichert wie die Investition von 20 Millionen Franken, zu der Kanton und Gemeinde beitragen. Ein Viertel des Jahresumsatzes werde zwischen Mitte Dezember und Mitte Januar erzielt. Dazu braucht es genügend Schnee.
Andere Skigebiete setzen auf alternative Angebote. «Der Aufwand einer technischen Beschneiung wäre für unser Gebiet zu hoch», sagt Patrick Arnet (54), Chef der Bergbahnen Chur-Dreibündenstein. Diese bedienen den Churer Hausberg Brambrüesch und mussten letztes Jahr den Skibetrieb wegen Schneemangel frühzeitig einstellen. Arnet baut auf das Sommergeschäft, das schon jetzt über 50 Prozent des Umsatzes einbringe.
So auch das Skigebiet Gruyères-Moléson FR: «Wir haben entschieden, die Investitionen auf den Sommer zu konzentrieren und ein Skiangebot mit natürlicher Beschneiung aufrechtzuerhalten», sagt Direktor Antoine Micheloud (45). Die Winterumsätze seien im Schnitt ähnlich hoch wie vor 20 Jahren, die Sommereinnahmen dagegen um das Dreifache gestiegen.
Mehr zur Zukunft der Skigebiete
Winter lukrativer als Sommer
Doch der Fokus auf den Sommer ist gewagt. Die Wertschöpfung ist mit Wintersport-Touristen viel grösser als mit wandernden Tagestouristen.
Viktor Prinz (49), Direktor Bergbahnen Samnaun AG, erklärt: «In der Silvretta Arena Samnaun/Ischgl machen drei gute Wintertage den gleichen Umsatz wie eine durchschnittliche Sommersaison.»
Mit rein natürlichem Schnee sei moderner Wintertourismus kaum mehr möglich – «auch nicht auf 2000 Meter über Meer», schliesst Mumenthaler.