«Hohe Gewinne ohne Risiken»
Banken machen Profit mit Covid-Krediten – KMUs sauer

Zahlreiche KMU-Verbände werfen der Finanzbranche vor, dank der Pandemie-Nothilfe hohe Profite zu erwirtschaften. Ein «dringender Appell» fordert den Bundesrat dazu auf, die Konditionen für Covid-19-Kredite zu verbessern.
Publiziert: 23.02.2025 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 10:06 Uhr
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25. März 2020: Der damalige Finanzminister Ueli Maurer (r.) präsentiert gemeinsam mit Nationalbank-Präsident Thomas Jordan die Nothilfe für die coronageplagte Wirtschaft.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Gewerbeverbände kritisieren hohe Zinsen auf Covid-Kredite und fordern vom Bundesrat eine Senkung der Zinssätze auf das ursprüngliche Niveau
  • Der Bundesrat hat vor einigen Monaten erklärt, wieso er zu tiefe Zinsen für Covid-Kredite für problematisch hält
  • Banken bestreiten Gewinnvorwürfe, es würden lediglich die «Refinanzierungskosten» gedeckt
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Frühjahr 2020: Das Coronavirus hält die Welt in Atem, die Schweizer Wirtschaft ächzt unter den Schutzmassnahmen des Bundes.

Am 25. März 2020 präsentierte der damalige Finanzminister Ueli Maurer (74), begleitet von hochkarätigen Vertretern des Bankenplatzes, ein Kreditpaket, das in Not geratene KMU innert 30 Minuten mit Liquidität versorgen sollte.

Bis zu 500'000 Franken gab es zinslos. Für Kredite, die darüber hinaus gingen, wurde ein Zinssatz von 0,5 Prozent festgelegt. Das alles bei einem Leitzins der Nationalbank (SNB) von minus 0,75 Prozent.

«Wirtschaft ist Banken zu Dank verpflichtet»

Die Notkredite seien für den Finanzplatz kein lukratives Geschäft, betonte Maurer an der Pressekonferenz: «Unter dem Strich werden die Banken eher Geld bringen als verdienen.» Für den SVP-Bundesrat stand deshalb fest: «Die Schweizer Wirtschaft ist den Banken zu Dank verpflichtet.»

«Für die Banken ist das kein Geschäft»
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Ueli Maurer im März 2020:«Für die Banken ist das kein Geschäft»

Fünf Jahre später ist die Gemütslage eine andere: Das Gewerbe wirft den Banken vor, mit den Covid-Krediten viel Geld zu verdienen.

«Die Banken schreiben hohe Gewinne, ohne Risiken zu tragen», heisst es in einem Brief vom 6. Februar 2025 an Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61), der von einem Dutzend Gewerbeverbänden unterzeichnet worden ist, unter anderem von Gastro- und Hotelleriesuisse, Baumeisterverband, Bäcker-Confiseurmeister-Verband sowie der Bar und Club Kommission.

Von 0 auf 1,5 Prozent Zins

Die Verbände stören sich daran, dass ausstehende Covid-Kredite bis 500'000 Franken derzeit mit 1,5 Prozent verzinst werden müssen, grössere Kredite gar mit 2 Prozent. Das hatte der Bundesrat im März 2023 so festgelegt und 2024 bestätigt.

Angesichts der Tatsache, dass die Covid-Kredite durch ein Bürgschaftssystem des Bundes abgesichert sind und der SNB-Leitzins mittlerweile wieder bei 0,5 Prozent liegt, halten die Wirtschaftsvertreter diese Konditionen für unfair.

Sie fordern das Eidgenössische Finanzdepartement deshalb dazu auf, dem Bundesrat zu beantragen, die Zinsen der Covid-19-Kredite per 31. März dieses Jahres wieder auf das ursprüngliche Niveau zu senken.

Bundesrat befürchtet «Wettbewerbsverzerrung»

Ob die Landesregierung diesem «dringenden Appell» nachkommt, wird sich zeigen. Finanzministerin Keller-Sutter teilte den Gewerbeverbänden in einem Antwortschreiben zwar mit, dass die Leitzinssenkungen in der Entscheidungsfindung berücksichtigt würden. Verbindliche Aussagen blieben aber aus.

In der Vergangenheit hat der Bundesrat durchblicken lassen, dass er zu tiefe Covid-19-Zinssätze für problematisch hält. Im August 2024 schrieb die Landesregierung in einer Stellungnahme auf eine Motion «Für niedrigere Zinssätze für Covid-19-Kredite» von FDP-Nationalrat Daniel Ruch (61, VD), dass eine «Halbierung der Zinsen» eine «signifikante Wettbewerbsverzerrung» bedeuten würde.

Zudem sei bei der jährlichen Beurteilung der Covid-19-Zinssätze auch wichtig, dass für die Kreditnehmer «der richtige Anreiz für die Rückzahlung» gesetzt werde. «Dieser Anreiz ist gegenwärtig gegeben und wäre bei einer Halbierung der Zinssätze wesentlich geringer», so der Bundesrat.

«Gewinnmargen sind gering»

Die Gewerbeverbände können mit dieser Argumentation nicht viel anfangen. «Die Unternehmen benötigen keine Anreize, um die Covid-19-Kredite zurückzubezahlen. Vielmehr gefährden zu hohe Zinsen die Rückzahlung der noch offenen Kredite», schreiben sie dazu in ihrem Brief.

Auch Claude Ammann (57), Präsident des Schweizerischen Fitness- und Gesundheits-Center-Verbands, fühlt sich von der Argumentation des Bundesrats vor den Kopf gestossen. Der Unternehmer, der den Brief an Keller-Sutter ebenfalls unterzeichnet hat, sagt: «Wer die Möglichkeit hat, hat die Covid-Kredite längst zurückbezahlt. Da die Gewinnmargen in unserer Branche aber sehr gering sind, ist das für viele unserer Mitgliedsfirmen nicht so einfach.»

Für die Fitnesszentren komme zudem erschwerend hinzu, dass sie auch nach Corona lange kaum Einnahmen hatten: «Wir mussten während der Pandemie viele Abos unterbrechen, um die Kundschaft behalten zu können. Deshalb ist bei vielen erst Monate nach Covid wieder Geld hereingekommen.»

Banken bestreiten hohe Gewinne

Ganz anders die Situation bei der Finanzindustrie. Viele Banken erzielten während der Pandemie Rekordergebnisse.

Den Vorwurf, dass Banken mit den Covid-19-Krediten hohe Gewinne erzielen würden, bezeichnet die Schweizerische Bankiervereinigung dennoch als «falsch». «Generell gilt nach wie vor, dass Banken am Covid-19-Kreditprogramm weder verdienen noch verlieren sollen», schreibt eine Sprecherin.

Mit der vom Bundesrat vorgenommenen «Gleichsetzung» von Covid-19-Kreditzins und SNB-Leitzins würden lediglich «die Refinanzierungskosten» gedeckt. Die operativen Aufwände der Banken wie Kontoführung, Umsetzung der Amortisation oder Abklärungen zu mutmasslichen Missbräuchen seien dagegen nicht gedeckt, so die Sprecherin weiter.

Überprüfen lässt sich die Gewinnmarge im Einzelfall nicht. Eines steht aber fest: Seit dem Ende der Pandemie konnte die meisten Banken ihre Gewinne weiter in die Höhe schrauben.

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