Härtere Homeoffice-Regeln – Mitarbeitende sind sauer und denken über Jobwechsel nach
Raiffeisen pfeift ihre Banker ins Büro zurück

Die Bank wünscht sich wieder mehr Präsenz am Arbeitsplatz. Das missfällt den Raiffeisen-Mitarbeitenden. Einige liebäugeln gar mit einem Jobwechsel. Doch Homeoffice wird bei vielen Arbeitgebern unbeliebter.
Publiziert: 18.02.2025 um 18:05 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2025 um 22:39 Uhr
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Roter Platz am Raiffeisen-Hauptsitz in St. Gallen: Wenn es nach der Bank geht, gehen hier ab Juni wieder mehr Angestellte ein und aus.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Raiffeisen verschärft Homeoffice-Regeln: Mindestens 60 Prozent Büropräsenz ab Juni
  • Viele Schweizer Unternehmen fordern mehr Anwesenheit im Büro
  • Amazon beorderte 350'000 Angestellte zurück ins Büro, mit chaotischen Folgen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Tina Fischer
Handelszeitung

Während der Corona-Pandemie konnte die Belegschaft nicht schnell genug ins Homeoffice wechseln. Jetzt rufen die Unternehmen ihre Leute wieder zurück an den Arbeitsplatz. Der jüngste Neuzugang in der Liste der Unternehmen, die ihre Homeoffice-Regeln verschärfen: die Raiffeisen.

Letzte Woche kündigte die Bank in ihrem Intranet eine Anpassung der Regeln an. Konnten Mitarbeitende bisher bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit ortsunabhängig arbeiten, müssen sie per 1. Juni mindestens 60 Prozent vor Ort arbeiten. Statt vier Tage freie Wahl verbringen Angestellte somit künftig mindestens drei im Büro.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.

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Im Intranet begründet die Raiffeisen den Schritt mit «Stärkung der persönlichen Interaktion und Zusammenarbeit». Die Geschäftsleitung lässt über die Medienstelle ausrichten, dass sie damit «die Zusammenarbeit bei Raiffeisen Schweiz optimieren» wolle.

Die Erhöhung der Mindestpräsenz von 20 auf 60 Prozent stösst vielen sauer auf. Schon sagen Angestellte gegenüber der «Handelszeitung», dass sie mit einem Stellenwechsel liebäugeln. Doch Arbeitgeber mit mehr als zwei Tagen Homeoffice werden immer rarer.

Schweizer Firmen wünschen mehr Präsenz

Der Ruf zurück ins Büro hallt immer lauter. Hierzulande sorgte Sulzer-Chefin Suzanne Thoma für Schlagzeilen, als sie im September die Rückkehr ins Büro postulierte, allerdings mit Ausnahmen. Sie war nicht allein.

Das Pharmaunternehmen Novartis fordert ebenfalls mehr Präsenzzeit – entgegen der eigenen Behauptung «Homeoffice für immer und alle», die während der Pandemie galt. Der Liftbauer Schindler schränkte im vergangenen Mai die Heimarbeit ein, auch Swisscom erhöhte die Präsenzzeit, und sogar das Tech-Unternehmen Google wünscht, dass seine Mitarbeitenden drei Tage die Woche an der Europaallee arbeiten.

Bei Amazon endete die Rückkehr in einem Desaster

Ein Extrembeispiel und Vorläufer war der US-Riese Amazon, der in den Staaten die gesamte US-Belegschaft – 350’000 Angestellte – ab diesem Januar zurück ins Büro beordert. Gegenüber dem «Wall Street Journal» sagte der CEO von Amazon Web Services, Matt Garman, dass es in Ordnung sei, wenn das jemandem nicht passe. «Sie können gehen und sich ein anderes Unternehmen suchen.»

Im Januar startete die Rückkehr der Amazon-Leute ins Büro – und endete in einem Desaster: Es fehlte an Schreibtischen, die Parkhäuser waren überfüllt, Sitzungen fanden noch immer virtuell statt, und die Belegschaft stritt sich um Sitzungszimmer.

Es war ein Flop mit Ansage. Nicht nur Amazon, sondern praktisch die ganze Wirtschaftswelt schickte während der Pandemie ihre Leute nach Hause. Homeoffice erfreute sich grosser Beliebtheit, die Vermischung von Privat- und Arbeitsleben begrüssten viele.

Auch die Rechner in den Firmen: Sie begannen aufgrund der Begeisterung beider Seiten mit dem Abbau der Büroflächen. Weniger, dafür flexible Arbeitsplätze für die gleichbleibende Zahl der Belegschaft. Daneben installierten Unternehmen Telefonboxen und Sofaecken, die die Kreativität beflügeln sollten.

Gewünscht: Volle Büros an zentraler Lage

Seit der Pandemie ist laut der Immobiliengesellschaft Jones Lang Lasalle das Angebot an verfügbaren Büroflächen angestiegen. Gleichzeitig geht der Bau neuer Flächen seit 2020 zurück. Einzig Büroräume in urbanen Zentren stehen jeweils nur kurz leer.

Doch nach einigen Jahren des Experimentierens zeigt sich, dass der gegenseitige Austausch leidet, wenn nur wenige sich ins Büro verirren. Auch wenn Messenger-Apps wie Slack Funktionen wie Huddle einführten, die stellvertretend für das kurze Schwätzchen am Arbeitsplatz stehen sollen. Der Austausch via Bildschirm ersetzt kein Gespräch an der Kaffeemaschine.

Das realisierte nun die Raiffeisen. Ab Juni gehört die Zeit der verwaisten Büros an zentralen Lagen wie dem Circle am Flughafen Zürich der Vergangenheit an.

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