Auf einen Blick
Es gibt für alles ein letztes Mal. So auch für die letzte geldpolitische Lagebeurteilung unter dem scheidenden Nationalbankpräsidenten Thomas Jordan. Am 26. September wird der 61-Jährige noch einmal vor die Medien treten und den Zinsentscheid des SNB-Direktoriums verkünden – und im Anschluss begründen.
Mit der Senkung des Leitzinses durch die EZB am 12. September hat Jordan nun noch ein Argument mehr, um weiter an der Zinsschraube zu drehen.
Schon Mitte Juli waren sich die meisten Ökonomen in der Schweiz einig, dass Jordan sich mit der dritten Zinssenkung in Folge verabschieden wird, der Leitzins also von 1,25 auf dann noch 1 Prozent sinken wird. So würde Jordan seiner Rolle als Vorreiter der Zinswende gerecht werden. So früh wie die SNB hat keine andere bedeutende Zentralbank den Kampf gegen die Inflation für mehr oder weniger beendet erklärt.
Umfrage bei Ökonomen
Allerdings hat sich seither der Blick in die Kristallkugel etwas eingetrübt. Eine scharfe Korrektur an den Aktienmärkten, die Meldung über ein schrumpfendes BIP in Deutschland, ein erstarkender Franken und die zunehmende Gefahr einer Eskalation im Nahen Osten haben alte Gewissheiten schwinden lassen. Was also spricht für, was gegen eine Zinssenkung?
Einen konkreten Anhaltspunkt lieferten die Inflationszahlen für August, die am 3. September veröffentlicht werden. «Falls sich die Teuerung abschwächt oder nicht wieder erhöht, sehe ich einen klaren Spielraum für eine weitere Senkung», erklärt Sarah Lein (44), Professorin für Makroökonomie an der Universität Basel auf Nachfrage von Blick. «Gibt es allerdings eine negative Überraschung, zieht die Teuerung wieder an, stehen die Chancen dafür schlecht.»
Die negative Überraschung ist ausgeblieben, im Gegenteil: Im August ging die Inflation weiter zurück. Im August lag die Jahresteuerung in der Schweiz noch bei 1,1 Prozent – und damit im Zielband der SNB für Preisstabilität von 0 bis 2 Prozent Inflation. Die Binnenteuerung, vor allem getrieben von den Dienstleistungen, liegt bei rund 2 Prozent. Das könnte gegen eine Zinssenkung sprechen.
Wirtschaft brummt
Für die Ökonomen zweier Kantonalbanken stehen die Signale dagegen klar auf Grün für den Zinssenkungs-Hattrick von Jordan: «Wir erwarten, dass die SNB den Leitzins nochmals senken wird», sagt Brian Mandt (54), Chefökonom der Luzerner Kantonalbank. Dem pflichtet Manuel Ferreira (51), Chefstratege der Zürcher Kantonalbank, vorbehaltlos bei, ergänzt aber: «Die Binnenkonjunktur läuft gut. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre also eine Zinssenkung gar nicht zwingend nötig.» Mandt gibt deshalb zu bedenken: «Senkt die SNB den Leitzins in diesem Umfeld zu kräftig, dann könnte das die Wirtschaft ankurbeln.» Was wiederum einen Inflationsschub auslösen könnte.
Davor warnt auch die Ökonomin Alexandra Janssen (34) von Ecofin: «Die SNB hat im internationalen Vergleich schon relativ viele Zinsschritte gemacht. Eine erneute Zinssenkung ist deshalb nicht so wahrscheinlich wie in anderen Währungsräumen. Auch vor dem Hintergrund, dass es in der Schweizer Wirtschaft relativ gut läuft.» Für Janssen ist deshalb klar: «Die Nationalbank darf ihr Pulver nicht frühzeitig verschiessen.»
Weltweit stehen die Zeichen auf Zinssenkung. Endlich, ist man versucht zu sagen. Denn im Gegensatz zur Schweizerischen Nationalbank (SNB) haben Fed und EZB, die Währungshüter von Dollar und Euro, bislang gezögert, wirklich an der Zinsschraube zu drehen. Doch nun haben sich die Vorzeichen geändert. Gerade das Fed kommuniziert seit einigen Tagen sehr offensiv, dass eine Zinssenkung im Raum stehen könnte. Die allermeisten Beobachter gehen deshalb davon aus, dass die US-Notenbank am 18. September den Leitzins senken wird – zum ersten Mal seit März 2020. Aktuell liegt der Leitzins bei einer Bandbreite von 5,25 bis 5,5 Prozent.
Anders die EZB. Sie hat zwar bereits im Juni zum ersten Mal seit 5 Jahren den Leitzins gekappt. Doch schon im Juli war wieder Schluss mit der Zinswende im Euroraum. Denn noch hält sich die Inflation hartnäckig. Andererseits ächzen immer mehr Länder unter einer enormen Staatsverschuldung. Je höher der Leitzins, desto grösser die Schuldenlast. Nun macht die EZB bei der Zinswende wieder vorwärts und senkt den Einlagensatz – den massgeblichen Leitzins – auf 3,5 Prozent. Unter anderem auch, weil sich die Inflation im Euroraum immer mehr dem Ziel von maximal 2 Prozent angenähert hat.
Weltweit stehen die Zeichen auf Zinssenkung. Endlich, ist man versucht zu sagen. Denn im Gegensatz zur Schweizerischen Nationalbank (SNB) haben Fed und EZB, die Währungshüter von Dollar und Euro, bislang gezögert, wirklich an der Zinsschraube zu drehen. Doch nun haben sich die Vorzeichen geändert. Gerade das Fed kommuniziert seit einigen Tagen sehr offensiv, dass eine Zinssenkung im Raum stehen könnte. Die allermeisten Beobachter gehen deshalb davon aus, dass die US-Notenbank am 18. September den Leitzins senken wird – zum ersten Mal seit März 2020. Aktuell liegt der Leitzins bei einer Bandbreite von 5,25 bis 5,5 Prozent.
Anders die EZB. Sie hat zwar bereits im Juni zum ersten Mal seit 5 Jahren den Leitzins gekappt. Doch schon im Juli war wieder Schluss mit der Zinswende im Euroraum. Denn noch hält sich die Inflation hartnäckig. Andererseits ächzen immer mehr Länder unter einer enormen Staatsverschuldung. Je höher der Leitzins, desto grösser die Schuldenlast. Nun macht die EZB bei der Zinswende wieder vorwärts und senkt den Einlagensatz – den massgeblichen Leitzins – auf 3,5 Prozent. Unter anderem auch, weil sich die Inflation im Euroraum immer mehr dem Ziel von maximal 2 Prozent angenähert hat.
Das Zinsniveau in der Schweiz ist deutlich näher bei null als in anderen Volkswirtschaften. Das heisst, sollte es zu einer globalen Wirtschaftskrise kommen, ist der Spielraum für Zinssenkungen zwecks Ankurbelung der Wirtschaft viel kleiner als in anderen Ländern.
Märkte haben schon reagiert
Allerdings müsse die SNB auch auf die Zinsdifferenz zum Dollar und vor allem dem Euro achten. «Die EZB wird noch vor der SNB die Zinsen senken. Deshalb wird die Nationalbank nachziehen», so ZKB-Ökonom Ferreira. Was den Franken wieder etwas abschwächen wird – und so auch der Exportwirtschaft hilft.
Für die Märkte ist klar, die nächste Senkung kommt im September. Die Hypothekarzinsen sind in den letzten Wochen nochmals deutlich gesunken, sind so tief wie seit zwei Jahren nicht mehr. Der Wermutstropfen für Hausbesitzer und solche, die es gerne werden wollen: «Die Zinssenkung im September ist bereits eingepreist. Die Festhypotheken werden sich nicht mehr gross verbilligen», so Ferreira.
Auf die Haushalte mit einem bestehenden Mietverhältnis kommen mittelfristig keine Mietzinserhöhungen zu. Allerdings können die Mieter auch nicht mit einer Senkung rechnen. Denn das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat am Montag einen unveränderten hypothekarischen Referenzzinssatz von 1,75 Prozent bekannt geben. Die Immobilien-Experten der UBS rechnen damit, dass dieser auch die kommenden ein bis zwei Jahre unverändert bleibt. Grundsätzlich dürfen Vermieter bei einer Veränderung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte den Mietzins um rund 3,0 Prozent erhöhen – oder müssten diesen um 2,91 Prozent senken. (Martin Schmidt)
Auf die Haushalte mit einem bestehenden Mietverhältnis kommen mittelfristig keine Mietzinserhöhungen zu. Allerdings können die Mieter auch nicht mit einer Senkung rechnen. Denn das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat am Montag einen unveränderten hypothekarischen Referenzzinssatz von 1,75 Prozent bekannt geben. Die Immobilien-Experten der UBS rechnen damit, dass dieser auch die kommenden ein bis zwei Jahre unverändert bleibt. Grundsätzlich dürfen Vermieter bei einer Veränderung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte den Mietzins um rund 3,0 Prozent erhöhen – oder müssten diesen um 2,91 Prozent senken. (Martin Schmidt)
Trotz all der Vorzeichen, es ist immer möglich, dass Thomas Jordan noch einmal überrascht – und den Leitzins dort belässt, wo er ist, und die letzte Zinssenkung in diesem Jahr – dann im Dezember – folglich Martin Schlegel (48) überlässt. Und so seinem Nachfolger einen optimalen Start ermöglicht.
Andererseits: Von solch feinstofflichen Überlegungen hat sich Jordan in seinen 20 Jahren im Direktorium der SNB, davon 12 Jahre als Präsident, noch nie leiten lassen. Und wird das auch an seinem drittletzten Arbeitstag nicht tun.