Wer in den urbanen Regionen auf Wohnungssuche ist, muss sich von Hobbys und Freunden verabschieden – zumindest temporär. Besonders Zürich kann der Besichtigungsmarathon locker über längere Zeit mehrere Abende pro Woche füllen. Immerhin: Für künftige Wohnungssuchende gibt es jetzt erfreuliche Nachrichten. Die Zahl der Baugesuche für Mietwohnungen steigt im zweiten Quartal 2024 stark an, wie das neuste Immo-Monitoring der Immobilienberatung Wüest Partner zeigt. Gegenüber dem Vorjahr beträgt das Plus 22 Prozent.
Die Zunahme findet nicht nur in einzelnen Gemeinden, sondern auf breiter Ebene statt. Was die Daten ebenfalls zeigen: «Viele der Baugesuche werden in Pendlergemeinden eingereicht, wo es noch Bauland hat. Es handelt sich dabei also weniger um eine Verdichtung in den Zentren», sagt Robert Weinert (45) von Wüest Partner.
Darum steigt die Zahl der Gesuche
Der Immobilienexperte sieht für die Zunahme mehrere Gründe: Nach der bis im letzten Sommer rückläufigen Bauaktivität sei es eine Frage der Zeit gewesen, bis die Gesuche wieder ansteigen. «Zudem hat unter den Investoren nach den Zinserhöhungen im Jahr 2022 eine gewisse Verunsicherung geherrscht», so Weinert. Die höheren Zinsen haben einerseits Anlagealternativen attraktiver gemacht, aber auch Bauprojekte verteuert. Die Bauherren wussten nicht, ob die Zinsen gar noch weiter ansteigen könnten. «Nun sind die Zinsen wieder gesunken und mittel- bis langfristig sind weitere Senkungen durchaus realistisch. Die Unsicherheit ist damit weg.»
Weinert rechnet auch damit, dass sich die Wohnungsknappheit in gewissen Regionen weiter verschärft haben dürfte. «Dieser Nachfrageüberschuss macht Immobilien zu sehr sicheren Anlagen», sagt er.
Für das grosse Aufatmen auf Mieterseite ist es aber noch zu früh. Die Mietwohnungen der aktuellen Baugesuche werden erst in ein paar Jahren auf den Markt kommen – sofern sie nicht durch Einsprachen verzögert oder gar verhindert werden. «Die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Doch die Zunahme ist nur eine Momentaufnahme», relativiert Weinert.
Hürden abbauen?
Für eine grosse Bauoffensive fehlen jedoch die Anreize: Höhere Mieten würden Investitionen attraktiver machen. Doch die Angebotsmieten sind allein im letzten Jahr schweizweit um 6,4 Prozent gestiegen. Wobei auch qualitativ hochwertigere Wohnungen zum Anstieg beigetragen haben. Ein weiteres Problem ist das knappe Bauland, das zusätzlich die Preise in die Höhe treibt. Und auch die viel gelobte Innenverdichtung schreitet im Schneckentempo voran.
Das bürgerliche Lager im Parlament möchte deshalb Hürden abbauen. Beispielsweise bei den vielen Einsprachemöglichkeiten. «Es sollte nur noch einsprechen können, wer unmittelbar betroffen ist», sagt Philipp Matthias Bregy (46), Mitte-Nationalrat und Vorstandsmitglied des Hauseigentümerverbands Schweiz. Auch das über die Jahre stetig verschärfte Baurecht ist ihm ein Dorn im Auge. «Aktuell sind wir im Parlament auf gutem Weg, die hohen Auflagen beim Lärmschutz zu lockern und damit Bauprojekte zu vergünstigen», so Bregy.