Grossbank will schlanker und sicherer werden
CS zerschlägt Thiams Erbe

Gross war die Erwartung darüber, mit welcher Strategie die Credit Suisse künftig geschäften will. Vielleicht zu gross, denn die CS enttäuschte – und verliert an der Börse deutlich.
Publiziert: 04.11.2021 um 19:36 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2021 um 10:27 Uhr
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Der grosse Wurf ist ausgeblieben: Unter dem neuen Präsidenten António Horta-Osório (57) zerschlägt die CS ...
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe

2021 ist für die Credit Suisse ein Jahr zum Vergessen. Denn die Schweizer Grossbank wird in zwei Quartalen rote Zahlen schreiben. Das ist jetzt schon klar. Im ersten Quartal gab es wegen des Archegos-Debakels einen Verlust. Nun hat die Bank für das letzte Quartal ebenfalls einen Verlust in Aussicht gestellt.

Der Grund ist eine Wertberichtigung auf eine Fehlinvestition aus dem Jahr 2000. Der Kauf der US-Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette hat nie gehalten, was sich die CS einst versprochen hatte.

Im dritten Quartal erzielt die Bank immerhin einen Gewinn von 434 Millionen Franken, wie sie am Mittwoch bekannt gab. Das ist weniger als vor einem Jahr, aber doch mehr als im zweiten Quartal.

Wenig schmeichelhaft

Möglicherweise endet sogar das Gesamtjahr 2021 in den roten Zahlen. Da wäre eine überzeugende neue Strategie für die zweitgrösste Schweizer Bank gerade recht gekommen. Doch diese Hoffnung hat der neue Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório (57), der seit April im Amt ist, nicht erfüllt. Von «wenig überraschend» bis «ungenügend» reicht das wenig schmeichelhafte Urteil der Analysten.

Horta-Osório katapultiert die Bank nicht in die Zukunft, sondern in die Zeit vor der Ära Thiam zurück. Der Portugiese zerschlägt das Erbe Tidjane Thiams (59), der von 2015 bis 2020 als Konzernchef an der Spitze der CS stand.

Thiam setzte auf eine dezentrale Vermögensverwaltung, die in den wichtigsten Märkten ihre regionale Kompetenz und Stärke ausspielen sollte. Nun wird das Geschäft mit dem Vermögen der Reichen und Superreichen wieder in einer einzigen Einheit zusammengeführt.

Es fehlt der Mut

Dazu werden der Investmentbank die Flügel gestutzt. Drei Milliarden Franken werden aus der risikobehafteten Sparte in die Vermögensverwaltung umgeschichtet. Ein Weg, den andere Banken auch schon beschritten haben – etwa die Deutsche Bank oder Konkurrentin UBS. Auf den ersten Blick scheint die CS mit ihrer Strategie zur kleineren Version der UBS zu mutieren. Wer mutige Schritte in die Zukunft der 165 Jahre alten Credit Suisse erwartet hatte, muss sich weiter gedulden.

Künftig besteht die Credit Suisse aus vier Regionen und vier Geschäftseinheiten: dem zurechtgestutzten Investmentbanking, der gestärkten Vermögensverwaltung, der Schweizer Universalbank sowie dem Asset Management, also dem Geschäft mit grossen institutionellen Kunden. Der Verkauf des Asset Managements ist somit vom Tisch.

Der Rückbau auf die Vor-Thiam-Zeit kostet zunächst einmal Geld. Die Restrukturierungskosten werden mit 400 Millionen Franken budgetiert. Zudem will die CS bis 2024 jedes Jahr bis zu 1,5 Milliarden Franken in künftiges Wachstum und neue Technologien investieren. Geld, das anderswo im Konzern eingespart werden soll. Ohne Stellenabbau dürfte das kaum zu realisieren sein.

Eine neue Risikokultur

Unterm Strich will die Bank mit all den nun angekündigten Massnahmen das Wachstum beschleunigen. Bis im Jahr 2024 soll die Summe der verwalteten Vermögen auf rund 1,1 Billionen Franken anwachsen.

Auf dem Papier scheint die CS immerhin begriffen zu haben, dass die lange Reihe der Skandale und Finanzdebakel ein Ende haben muss. Auf die Stärkung des Risikomanagements legt die CS-Spitze grosses Gewicht. «Wir müssen eine neue Risikokultur aufbauen», sagt Präsident Horta-Osório. Allerdings ist auch ihm klar, dass dies nicht von heute auf morgen geschehen wird: «Wir müssen jedes Problem einzeln angehen und eins nach dem andern lösen.»

Bei den Investoren ist die neue Strategie fürs Erste durchgefallen: An der Schweizer Börse verlieren die CS-Aktien fast fünf Prozent.


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