Sein Liebling ist Federer, das Vorbild aber Nadal
So tickt CS-Präsident António Horta-Osório

António Horta-​Osório ist ein Chrampfer, der bis zum Letzten geht. Nach seinem Burnout von 2011 hat der heutige CS-Präsident sein Leben umgekrempelt. Nun will er die Grossbank auf Wachstum trimmen. Er geht auf Ass – mit dem Risiko auf Doppelfehler?
Publiziert: 27.09.2021 um 00:38 Uhr
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António Horta-​Osório ist seit Mai 2021 VR-Präsident der Credit Suisse.
Foto: jordi adria
Guido Schätti und Nicola Imfeld

Das gab es noch nie. CS-Präsident António Horta-​Osório (57) ist gemeinsam mit CEO Thomas Gottstein (57) aufgetreten. Die «Financial Times» hatte berichtet, dass das Tischtuch zwischen den beiden zerschnitten sei. Seither machten Gerüchte die Runde, dass Gottstein abgesetzt wird. Und sich Horta-​Osório selber auf den Sessel des CEO setzen will. Im grossen Interview mit dem SonntagsBlick räumten die beiden die Gerüchte aus der Welt. Doch wer ist dieser Horta-​Osório?

Es gibt zwei Dinge, die den CS-Präsidenten António Horta-​Osório (57) mit dem Tennisspieler Rafael Nadal (35) verbinden. Beide sind falsche Linkshänder. Beim Mallorquiner war es Onkel Toni, der Klein Raffael auf die falsche Hand drillte, damit dieser gegenüber den meist rechtshändigen Konkurrenten einen Vorteil hatte. Horta-​Osório zwang eine Verletzung an seinem 30. Geburtstag zu einem zeitweiligen Handwechsel. Das Zweite: Der neue CS-Präsident ist ein grosser Bewunderer Nadals.

Auf die Frage von SonntagsBlick, ob er Roger Federer (40) oder seinen Landsmann Cristiano Ronaldo (36) mehr verehre, nannte er zwar Federer und lobte den CS-Werbeträger in den höchsten Tönen. Deutlich wurde aber auch, dass er sich als Mensch viel stärker mit Nadal identifiziert. Während Federer von einem unglaublichen Talent lebt und lange Zeit eine fast überirdische Leichtigkeit ausstrahlte, ist Nadal der Kämpfer, der seine Erfolge erleidet. Darin erkennt sich António Horta-​Osório wieder: im Arbeiter und Chrampfer, der bis zum Letzten geht.

Mit Burnout in Klinik

Von filigraner Statur und vollendeter Eleganz, erinnert Horta-​Osório äusserlich zwar kaum an den proletenhaften Muskelprotz Nadal. Auch die Herkunft als Sohn eines Anwalts passt nicht. Doch sein Lebenslauf zeigt, dass Horta-​Osório Aufgaben mit einer Vehemenz anpackt, die ihn selbst überfordern kann.

Als er vor zehn Jahren antrat, um die britische Bankengruppe Lloyds vor dem Kollaps zu retten, war er letztlich erfolgreich. Doch er bezahlte für den Effort mit einem Burnout, das er in einer Klinik auskurieren musste. Heute geht António Horta-​Osório mit seinen Kräften haushälterischer um und achtet auf den Ausgleich zwischen beruflicher Belastung und Freizeit, wie er im Interview klarmacht. Doch ein harter Arbeiter – wie sein Seelenverwandter Nadal – ist er geblieben.

Ein aktiver VR-Präsident

Für die Credit Suisse könnte er ein Glücksfall sein. Im Gespräch strotzt der neue VR-Präsident vor Energie und zeigt sich überzeugt, dass der CS eine bessere Zukunft bevorsteht. Die Bank sei weltweit eine der ganz wenigen, die im aktuellen Umfeld hervorragende Wachstumschancen hätten. Dass seine Vorgänger dasselbe verkündeten, ohne zu liefern, lässt ​ihn kalt.

Anders die Gerüchte um das Verhältnis zu Thomas Gottstein (57). Horta-​Osório betont im Gespräch mehrfach, dass er seinem CEO nicht vor der Sonne stehen will und schon gar keine Ambitionen hat, dessen Job zu übernehmen. Sowohl bei der Bereinigung der Skandale bei Archegos und Greensill als auch bei der Suche nach einer neuen Strategie spielt er aber eine sehr aktive Rolle. Es ist nicht der CEO, der die neue Strategie im Alleingang ausarbeitet und dann vom Verwaltungsrat abnicken lässt, wie es oft der Fall ist. Bei der CS geschieht die Neuausrichtung im Austausch zwischen den beiden Alphatieren.

Offensive gesucht

Harte und akribische Arbeiter waren zweifellos auch Horta-​Osórios Vorgänger. Bei ihm kommt aber etwas dazu: Wie bei Nadal ist bei ihm die Defensive mindestens so wichtig wie die Offensive. Jeder Banker müsse auch ein Risikomanager sein, lautet Horta-​Osórios Mantra.

Genau hier hat die CS ihre offene Flanke. Die Bank ist stolz auf ihre unternehmerische Kultur und auf ihren Kundenfokus. Konkret bedeutete dies zuletzt aber, dass sie auf Hochstapler und Glücksritter reinfällt, sämtliche Warnsignale in den Wind schlägt und auf den Verlusten sitzenbleibt. Die Bank braucht eine solide Defensive und einen verlässlichen zweiten Aufschlag. Einen weiteren Doppelfehler wie bei Archegos und Greensill können sich weder Horta-​Osório noch Gottstein leisten. Die Aktionäre haben genug geblutet. Sie warten auf ein Ass.

Auch beim Golfen top

Schweizer Meister und Europameister bei den Junioren – Thomas Gottstein (57) hatte das Zeug zum Profigolfer. Doch die Aussicht auf ein monotones Leben auf Golfplätzen schreckte ihn ab. Der Zürcher studierte Ökonomie, ging zur UBS und wechselte später als Investmentbanker zur Credit Suisse. Als Tidjane Thiam (59) über eine Spionageaffäre stolperte, wurde Gottstein Anfang 2020 dessen Nachfolger. Dem Golfen ist der zweifache Vater treu geblieben, das Handicap ist noch immer erstklassig.

Thomas Meier

Schweizer Meister und Europameister bei den Junioren – Thomas Gottstein (57) hatte das Zeug zum Profigolfer. Doch die Aussicht auf ein monotones Leben auf Golfplätzen schreckte ihn ab. Der Zürcher studierte Ökonomie, ging zur UBS und wechselte später als Investmentbanker zur Credit Suisse. Als Tidjane Thiam (59) über eine Spionageaffäre stolperte, wurde Gottstein Anfang 2020 dessen Nachfolger. Dem Golfen ist der zweifache Vater treu geblieben, das Handicap ist noch immer erstklassig.

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