Entschädigungen für Anwälte im Fall Vincenz
Aufhebung des Urteils kostet Steuerzahler 436'879 Franken

Der Wirtschaftsprozess des Jahrzehnts muss von vorne beginnen. Diese Entscheidung produziert fast nur Verlierer. Dazu gehört auch die öffentliche Hand, die horrende Anwaltskosten übernehmen muss.
Publiziert: 25.02.2024 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2024 um 14:19 Uhr
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Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz vor der Urteilsverkündung im Jahr 2022.
Foto: keystone-sda.ch
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Damit hatten nicht einmal die Verteidiger der Angeklagten gerechnet: Der Wirtschaftsprozess gegen den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (67), seinen langjährigen Geschäftspartner Beat Stocker (64) sowie fünf weitere Beschuldigte muss komplett neu aufgerollt werden.

Das Zürcher Obergericht hob diese Woche nicht nur den Entscheid der Vorinstanz auf, sondern wies den Fall «wegen schwerwiegender Verfahrensfehler» gar an die Staatsanwaltschaft zurück.

Das ist eine gewaltige Schlappe für den leitenden Ermittler Marc Jean-Richard-dit-Bressel (60), aber auch für Bezirksrichter Sebastian Aeppli (65), der dessen Anklageschrift akzeptiert hatte.

Auch für die Beschuldigten ist die Rückweisung nur bedingt eine gute Nachricht. Der Prozess dürfte sich damit um weitere zwei, drei Jahre verzögern.

Steuerzahler des Kantons Zürich kommen für die Kosten auf

Nicht auszuschliessen, dass ein endgültiges Urteil des Bundesgerichts nicht mehr in diesem Jahrzehnt vorliegen wird. Die Involvierten werden noch lange in Ungewissheit leben. Zudem bleiben die Vermögenswerte von Vincenz und Stocker vorläufig eingefroren.

Ein weiterer Verlierer ist die öffentliche Hand – genauer gesagt, sind es die Steuerzahler des Kantons Zürich. Sie müssen nicht nur für die Kosten aufkommen, welche die Extrarunde bei Staatsanwaltschaft und Gerichten verursacht, sondern auch für die Prozessentschädigungen der involvierten Parteien.

Und die haben es in sich. Berechnungen von Blick zeigen: Insgesamt hat das Obergericht den sieben Beschuldigten sowie den Privatklägerinnen Raiffeisen und Viseca für ihre Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Berufungsverfahren 436'879 Franken zugesprochen. Den Kanzleien wurde ein Stundenansatz von 350 Franken gewährt – inklusive Mehrwertsteuer gar 377 Franken. Das ist insofern bemerkenswert, weil amtlichen Pflichtverteidigern im Kanton Zürich lediglich 220 Franken pro Stunde zu vergüten sind. Werden da wohl grosszügig Steuerfranken verteilt?

Entschädigungen für Verteidiger fallen unterschiedlich aus

Das Obergericht widerspricht. «Die Entschädigungen wurden entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zugesprochen», sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Für die «erbetenen Verteidigungen» seien nicht die Stundenansätze von amtlichen Verteidigungen massgebend, sondern «in der Regel» der Stundenansatz, den der Mandant jeweils mit seinem Verteidiger vereinbart hat.

Zudem macht die Sprecherin deutlich, dass die geltend gemachten Aufwände durchaus kritisch beäugt worden sind: «Wo nach Dafürhalten des Gerichts unangemessen hohe Entschädigungen verlangt wurden, hat das Gericht teilweise massive Kürzungen vorgenommen.»

Tatsächlich wurden viele Arbeitsstunden, welche die Anwälte geltend gemacht hatten, vom Gericht nicht akzeptiert. Dennoch fielen die Entschädigungen für einzelne Verteidiger sehr unterschiedlich aus. Das ist in manchen Fällen schwer nachvollziehbar. So machte etwa Staranwalt Lorenz Erni (74), der den Hauptbeschuldigten Vincenz vertritt, einen Aufwand von 92.05 Stunden geltend und erhielt dafür 34'698 Franken zugesprochen.

Andreas Etter hingegen, Mitgründer des KMU-Vehikels Investnet, wurden für seine zwei Anwälte 75'390 Franken vergütet, mehr als doppelt so viel – obwohl er lediglich Mitbeschuldigter ist und sich gegen bedeutend weniger Vorwürfe zu verteidigen hat als Vincenz.

Das Gericht rechtfertigt dies damit, dass die Arbeiten der Anwälte zum Zeitpunkt der Rückweisung «unterschiedlich fortgeschritten» gewesen seien.

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