Ehemalige Raiffeisen-Verwaltungsräte wehren sich gegen Stripclub-Vorwürfe
«Stripclub-Vorwürfe sind infam!»

Der Verteidiger von Pierin Vincenz hat vor Gericht behauptet, dass auch ehemalige Raiffeisen-Verwaltungsräte regelmässig in Stripclubs verkehrten. Angegriffene wie die Zürcher Ex-Regierungsrätin Rita Fuhrer und HSG-Professor Johannes Rüegg-Stürm widersprechen vehement.
Publiziert: 30.01.2022 um 00:47 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2022 um 10:20 Uhr
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Pierin Vincenz verlässt nach Tag acht das Zürcher Volkshaus.
Foto: Philippe Rossier
Thomas Schlittler

Am Freitag hatte Lorenz Erni (72) im Zürcher Volkshaus seinen grossen Auftritt. Mehr als fünf Stunden dauerte sein Plädoyer, in dem der Strafverteidiger versuchte, seinen Mandanten Pierin Vincenz (65) von sämtlichen Betrugsvorwürfen reinzuwaschen.

Gegen Ende widmete sich Erni den Ausgaben von 200'000 Franken in Stripclubs und Kontaktbars, die Vincenz mit der Firmenkreditkarte von Raiffeisen beglichen hatte. Auch dies sei legitim gewesen: «Ob man es gut findet oder nicht: Es ist eine Tatsache, dass es üblich war, nach einem anstrengenden Verhandlungstag Geschäftspartner nicht nur zu Nachtessen, sondern auch in Nachtclubs einzuladen.» Nicht zuletzt deshalb sei der King’s Club in Zürich auch «Stripclub der Banker» genannt worden. Und schliesslich: «Auch Mitglieder des Raiffeisen-Verwaltungsrats sind da manchmal hingegangen nach Sitzungen.»

Verwaltungsräte wissen von nichts

Es sind happige Vorwürfe des Zürcher Staranwalts. Nur, stimmen sie auch?

Johannes Rüegg-Stürm (60), von 2011 bis Mitte 2018 Verwaltungsratspräsident von Raiffeisen, bestreitet es. «Ich war nie in einem solchen Lokal», schreibt er auf Anfrage. Diese Art von «Beziehungspflege» sei nicht mit den Werten von Raiffeisen vereinbar, sie schade nur.

Bei Urs Schneider (63), dem stellvertretenden Direktor des Schweizer Bauernverbands, klingt es ganz ähnlich. Während seiner Zeit im Raiffeisen-Verwaltungsrat sei er nie gefragt worden, ob er ein solches Lokal besuchen möchte. «Ich war kein einziges Mal mit Raiffeisen in einem solchen Club. Den King’s Club in Zürich kenne ich nicht einmal.»

«Infame Unterstellung»

Empört zeigt sich auch die ehemalige Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer (68). Sie sass von 2010 bis 2018 im obersten Aufsichtsgremium von Raiffeisen und sagt: «Ich war noch nie in so einem Etablissement.» Sie empfinde diese Aussage als sehr infam und persönlichkeitsverletzend. Im Übrigen sei ihr nicht bekannt, dass andere Mitglieder des Raiffeisen-VR nach Sitzungen in Striplokale gegangen sein sollen.

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In diesem Zusammenhang meldet sich auch die Medienstelle von Raiffeisen zu Wort. «Für Besuche von VR-Mitgliedern in Nachtclubs fanden sich im Rahmen einer Spesenprüfung keine durch Raiffeisen Schweiz bezahlten Belege – auch nicht von ehemaligen VR-Mitgliedern in den Anfangszeiten von Pierin Vincenz», sagt eine Sprecherin.

Weiter will sich die Bank zum laufenden Verfahren nicht äussern. Dazu muss man wissen: Raiffeisen tritt im Prozess als Privatklägerin auf.
Angesichts dieser Aussagen wollte SonntagsBlick von Erni wissen, ob er für seine Aussagen Beweise habe. Der Anwalt verzichtete auf eine Stellungnahme.

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