Economiesuisse-Chef wettert
«Ich halte die Energiestrategie für gescheitert»

Ist die Schweizer Wirtschaftspolitik zu träge? Grosse Themen wie Energieversorgung oder Altersvorsorge geht die Schweiz laut dem obersten Unternehmer zu zögerlich an. Das liege sowohl an Führungsschwäche als auch an der politischen Polarisierung.
Publiziert: 08.09.2023 um 11:06 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2023 um 11:14 Uhr
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Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder hält den Reformstau in der Schweiz für gefährlich.
Foto: Philippe Rossier
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Die Schweizer Wirtschaft wird gerade ordentlich durchgeschüttelt. Die Credit Suisse verschwindet, die steigenden Strom- und Gaspreise rücken die Schweizer Energieversorgung in den Vordergrund, die Teuerung und Überalterung schaffen neue Herausforderungen.

Was sagt der mächtige Wirtschaftsverband Economiesuisse dazu? Dessen Präsident Christoph Mäder (64) spricht in einem Interview mit der «NZZ» Tacheles. Das im Vorfeld des «Tags der Wirtschaft» an diesem Freitag.

Ein grosser Reformstau

Mäder spricht von einem «Reformstau». Die Schweiz habe wichtige gesellschafts- und wirtschaftspolitische Themen zu lange vor sich hergeschoben. «Ich denke an die Energiepolitik, die Altersvorsorge und natürlich auch an das Europa-Dossier», so Mäder. Er erwarte vom Bundesrat «mehr Führungsarbeit».

Insbesondere bei der Energieversorgung ortet der oberste Unternehmer Mängel: «Ich halte die Energiestrategie für gescheitert.» Mit dem geplanten Ausstieg aus der Kernenergie öffne sich die Schere zwischen Stromproduktion und Strombedarf. Deshalb müsse die Schweiz die inländische Produktion steigern; laut Mäder bis 2050 sogar verdoppeln. Das sei mit Sonne und Wind nicht machbar.

Er sieht die «neuen Generationen von Kernkraftwerken» als Lösung. Sofern die Schweiz sofort mit der Planung beginnt und die Rahmenbedingungen für Kernkraftwerke verbessert: «Stattdessen haben wir in den letzten zwei Jahrzehnten das Gegenteil gemacht und bloss auf Stromimporte gesetzt.» Das werde immer mehr zum Problem, weil Strom auch im Ausland knapper wird.

Die Hoffnung auf ein «wirtschaftsfreundlicheres Parlament»

Das Problem liegt allerdings nicht nur in der Führung auf Bundesebene, sondern auch beim Volk selber. Laut Mäder entwickle sich immer mehr eine «Betroffenheitsdemokratie», in der persönliche Interessen die Kompromissbereitschaft unterwandern. Das werde auch durch die zunehmende Polarisierung der Parteien befeuert. Das verhindere sinnvolle Lösungen.

Mäder glaubt jedoch, dass der Zusammenbruch der Credit Suisse nicht zu einem Linksrutsch bei den anstehenden Parlamentswahlen führt, sondern die Verhältnisse «zugunsten einer wirtschaftsfreundlicheren Zusammensetzung verbessern» könnte.

Seine Ansichten wiederholte Mäder heute Freitag im Rahmen des «Tag der Wirtschaft» im Zürcher Kongresshaus. Er forderte «Reformwille» und «Mut zu konkreten Lösungen», insbesondere in der Europapolitik. Auf dem Programm des Anlasses ist auch ein Podiumsgespräch mit den Präsidenten von Mitte und FDP, Gerhard Pfister und Thierry Burkart, SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer sowie SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. 


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