Es werde in diesem Sommer keine Last-Minute-Angebote geben, erklärte Tui-Konzernchef Sebastian Ebel kürzlich. Das überrascht insofern, als erst vor wenigen Wochen Hotelplan-Chefin Nicole Pfammatter im Blick sagte, dass es sehr wohl auch kurzfristig noch viele, teils auch günstige Ferienmöglichkeiten gebe – und selbst von Tui noch da und dort Online-Anzeigen mit Last-Minute-Schnäppchen aufpoppen.
Ein Blick auf diverse Veranstalterseiten gibt ihr recht. Auch kurzfristig locken noch preiswerte Angebote. Bei Hotelplan etwa eine Woche im Fünfsternhotel in Ägypten inklusive Halbpension und Flug ab Zürich für 719 Franken, mit Abreise am 25. Mai. Dennoch sind die Reisepreise für praktisch alle Länder höher als in den Vorjahren.
Das ist kein Widerspruch. «Generell sind die Preise in allen Zielgebieten insbesondere aufgrund der Inflation und generell höheren Unterhaltskosten gestiegen», sagt Kuoni-Sprecher Markus Flick. Destinationen mit vielen Hotelkapazitäten werden jedoch bei ausbleibender Nachfrage die Preise wohl kurzfristig senken, um die Auslastung zu erhöhen. «Dieser Trend ist vorerst noch nicht sichtbar», sagt Flick, weshalb er mit eher wenigen Schnäppchen in diesem Sommer rechnet. Zumal die Nachfrage nach Ferienreisen wieder so gross wie vor der Pandemie ist, das Angebot – etwa bei den Flugkapazitäten – aber noch etwas darunter liegt.
Dennoch gibt es Möglichkeiten für Schnäppchen. «Es hat momentan noch überall Platz, und wir finden auch kurzfristig noch einige Ferienmöglichkeiten – teilweise auch mit einem sehr attraktiven Preis-Leistungs-Niveau», versichert Hotelplan-Sprecherin Bianca Gähweiler. Sie und Flick sind sich einig, dass jene die grösste Chance auf ein Schnäppchen haben, welche bei An- und Abreisedatum sowie bei der Feriendestination flexibel sind. Wer genaue Vorstellungen hat, wann und wo er oder sie die Ferien verbringen will, sollte dagegen möglichst rasch buchen.
Wo ist es eher günstig, wo teurer?
Doch wo gibt es noch Chancen auf Schnäppchen? «Vergleichsweise günstig in den kommenden Sommerferien sind Ferien auf Rhodos, in der Türkei, Ägypten oder Tunesien», sagt Gähweiler. Ebenfalls verhältnismässig günstig für Familien mit Kindern könne eine Kreuzfahrt sein, denn bei einigen Reedereien reisen Kinder kostenlos mit. Dem schliesst sich Flick an: «Tunesien, Ägypten sowie die Türkische Riviera werden auch aufgrund des Rückgangs von Feriengästen aus Russland am ehesten mit günstigeren Angeboten für kurzfristige Buchungen aufwarten.»
Vergleichsweise teurer und damit auch weniger für Schnäppchenjäger attraktiv sind laut Gähweiler Ferien auf Kreta, Zypern, in Portugal, den USA oder Kanada. Flick nennt Kreta und die spanische Costa del Sol als Ziele, die eher weniger mit Last-Minute-Preisen operieren dürften.
Der Markt funktioniert
Zuletzt gab es innerhalb der Reisebranche aber auch Kritik an den Schnäppchenpreisen. Kunden würden an zu tiefe Preisniveaus gewöhnt, sagte etwa Globetrotter-Chef André Lüthi (61). Doch das Vorhandensein von Schnäppchenpreisen zeigt, dass der Markt weiterhin spielt. Zuletzt sahen sich Fluggesellschaften und Hotels vermehrt mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie im Nachgang zu den Pandemieproblemen nun ihre Margen auf dem Rücken der Konsumenten aufbessern.
Das soll möglich sein, weil Konsumenten Informationen über Lieferketten- und andere Probleme «schlucken» und aktuell höhere Preise kaum mehr hinterfragen. Ein Phänomen, das «Bloomberg» als «Excuseflation» betitelte.