Die Lücken im PUK-Bericht
Aufarbeitung des CS-Untergangs – frühere Chefs gehen als Gewinner hervor

Die PUK will ihren Bericht bald vorlegen. Er wird nur einen Teil der Credit-Suisse-Tragödie abdecken. Im Fokus sind Ueli Maurer, die SNB und die Finma – die damaligen CS-Verantwortlichen aber nicht.
Publiziert: 12.12.2024 um 16:32 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2024 um 18:22 Uhr
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Finanzbundesrätin Karin Keller-Sutter und UBS-Präsident Colm Kelleher beschlossen im März 2023 die Rettung der CS.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

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Holger Alich
Handelszeitung

Ein Gewinner des Abschlussberichts der PUK steht bereits fest: das frühere Management der Credit Suisse. Laut Insidern hat die Parlamentarische Untersuchungskommission lediglich die beiden ehemaligen CS-Präsidenten, Urs Rohner und Axel Lehmann, sowie die beiden letzten CEOs, Thomas Gottstein und Ulrich Körner, befragt. Ex-Finanzchef David Mathers, der jahrelang die Kapitalschwäche der CS meisterhaft zu verbergen verstand, wurde ebenso wenig angehört wie Ex-CEO Tidjane Thiam, dessen Amtszeit den Anfang vom Ende der Grossbank markierte.

In den nächsten Tagen will die PUK ihren lang erwarteten Abschlussbericht vorlegen. So manche, auch jene, die aussagen mussten, schliessen nicht aus, dass der Bericht enttäuschen könnte. Denn die PUK hat nur zum Auftrag, die Geschäftsführung der Behörden zur CS-Notfusion zu untersuchen, sprich, zu analysieren, wie sich die Finanzaufsicht (Finma), die Schweizerische Nationalbank (SNB) und das Finanzministerium EFD in der Krise geschlagen haben. Nicht untersucht wird dagegen, wer vom CS-Management letztlich die Schuld am Zusammenbruch der Grossbank trägt.

Die PUK deckt nur einen Teil des CS-Dramas ab

Es wird vermutlich nie eine unabhängige Aufarbeitung des Desasters geben. Die PUK ist nicht befugt, die Vorgänge in einem Privatunternehmen zu untersuchen. Und auch die Finma wird gemäss Insidern kein Enforcementverfahren mehr dazu durchführen können. Denn Ziel eines solchen Verfahrens ist stets, den rechtlich einwandfreien Zustand wiederherzustellen. Die Fast-Pleite der Grossbank stellt aber per se keine Verletzung von Aufsichtsrecht dar, und die CS lässt sich auch nicht durch ein Enforcementverfahren wiederherstellen. Nicht ausgeschlossen ist dagegen, so ist zu hören, dass die Aufsicht noch gegen Einzelpersonen vorgeht. Ob es solche Verfahren gibt, das kommentiert die Finma nicht.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Überrascht sind Beteiligte indes, wie lange die PUK braucht, um ihren Bericht fertigzustellen. Laut einer Medienmitteilung hatte die Untersuchungskommission bereits Ende Mai ihre Informationserhebung «weitgehend» abgeschlossen. Laut Beteiligten hat die PUK dann den Befragten im Juli und August jenen Teil der Sachverhaltsdarstellung zur Prüfung zugesandt, welche die jeweilige Person betrifft. Dieser Teil gilt als heikel, denn der PUK-Bericht könnte Anlass für Klagen geben, entsprechend werden vor allem die Ex-CSler penibel darauf achten, mit ihren Aussagen keine juristische Angriffsfläche zu bieten. 

Laut Beobachtenden ist es zudem wichtig, zu wissen, dass die PUK ein politisches Gremium ist. Damit steht die Frage im Raum, wie hart Ex-Finanzminister Ueli Maurer (SVP) in dem Bericht kritisiert werden wird. Die drei SVP-Mitglieder in der PUK haben kein Interesse daran, dass ihr Parteifreund offiziell grosse Mitverantwortung zugeschanzt bekommt. Da der Abschlussbericht einstimmig verabschiedet werden muss, haben sie in der Frage Einflussmöglichkeiten. PUK-Präsidentin Isabelle Chassot muss dabei verhindern, dass PUK-Mitglieder ausscheren und einen Minderheitenbericht vorlegen. 

Umstrittene Rolle von Ueli Maurer

Maurer steht in der Kritik, weil er bis zum Schluss daran geglaubt hat, dass der Umbauplan des CS-Managements von Oktober 2022 funktionieren wird. Über das Ausmass der Krise hat er seine Bundesratskollegen und -kolleginnen nur zögerlich informiert. Zu reden gibt dabei, dass sich Maurer zwischen Oktober und dem Jahresende 2022 mehrmals mit der CS-Spitze und SNB-Präsident Jordan getroffen hat, wie die «Sonntagszeitung» Anfang September berichtete und wie zuvor auch im Buch «Zu hart am Wind» von «Bilanz»-Chefredaktor Dirk Schütz zu lesen war. Ein Beteiligter will in diesen informellen Treffen indes nichts Verwerfliches finden: «Das grössere Problem war, dass Maurer nicht die Energie aufgebracht hat, das CS-Problem zu lösen.» 

Spannend wird auch sein, wie stark die SNB von der PUK kritisiert wird. Im Vorfeld haben SNB und Finma schon die eine oder andere Spitze ausgetauscht zur Frage, wer welche Verantwortung trägt. 

Ex-SNB-Chef Thomas Jordan hat in der Krise stets strikt darauf geachtet, nur im Rahmen seines Mandats Liquiditätshilfe zu sprechen, sprich, Geld gegen Sicherheiten zu geben. Primär akzeptiert die SNB Schweizer Hypotheken, doch sie kann auch andere Sicherheiten wie Unternehmensanleihen oder andere Kredite akzeptieren – wenn diese so aufbereitet sind, dass die CS ihre Ansprüche rechtlich sauber abtreten kann. 

Doch die CS hatte viele Vermögenswerte nicht parat, um sie als Sicherheiten bei der SNB hinterlegen zu können. Wer hier die Verantwortung trägt – um dieses Thema war auch schon Zank zwischen der Finma und der SNB ausgebrochen. Finma-Insider verweisen darauf, dass die SNB grosse Freiheiten bezüglich dessen besitzt, was sie als Sicherheiten akzeptiert. Und während die Aufsicht in der Krise die Abwicklung der CS mit internationalen Aufsichtsbehörden schon einmal durchgespielt habe, habe die SNB es an Vorbereitungen mangeln lassen, ist hinter vorgehaltener Hand zu hören. «Die Liquiditätsplanung einer Bank für den Krisenfall wird von der Finma überwacht und nicht von der SNB», hat die Notenbank dem einmal entgegengestellt. 

Die Finma im Fokus der Kritik

Ungeschoren dürfte die SNB in dem PUK-Bericht aber nicht davonkommen. Und in diesem Kontext fällt auf, dass ihr langjähriger und sehr erfolgreicher Ex-Präsident Thomas Jordan es vorzog, schon im September und damit vor der Veröffentlichung des PUK-Berichts aus dem Amt zu scheiden – obwohl sein Mandat erst 2027 abgelaufen wäre. 

Von den wichtigsten handelnden Personen der staatlichen Stellen ist damit nur noch Finma-Präsidentin Marlene Amstad im Amt. Finma-Direktor Urban Angehrn ist vor einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. In der veröffentlichten Meinung wurde das Urteil bereits gefällt, dass die Finma wohl die Hauptlast der PUK-Kritik abbekommt. 

Der Grund: Die Finma hätte früher gegen fehlbare Manager und Managerinnen vorgehen sollen – etwa, indem sie mit dem Entzug der Gewährsträgerschaft gedroht hätte. Was laut Finma-Insidern aber nicht geht, da die Gewährsträgerschaft quasi eine polizeiliche Eignung sei, die man nicht einfach nach Gusto verweigern könne. 

Der zweite Punkt betrifft die Kontrolle der Eigenkapitaldecke: Die Finma habe selbst mit Mitteln wie dem «regulatorischen Filter» mitgeholfen, dass die CS sich mit einer zu dünnen Eigenmitteldecke über die Runden retten konnte. Konkret erlaubte dieser Filter, die Bewertung der Auslandstöchter nach dem Portfolioansatz vorzunehmen, was unter dem Strich die Kapitalsituation der Bank verbesserte. Unklar ist noch, ob hier das Finanzministerium Druck auf die Finma ausgeübt hat. 


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