Showdown um Grossbank-Pleite
PUK-Bericht könnte für die Finma ungemütlich werden

Im PUK-Bericht wird die schärfste Kritik auf die Finanzmarktaufsicht (Finma) und deren Präsidentin fallen. Aber auch die Nationalbank und ihr Krisenmanagement bekommen ihr Fett weg.
Publiziert: 08.12.2024 um 09:52 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2024 um 17:24 Uhr
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Auf einen Blick

  • PUK-Bericht zur CS-Pleite erscheint kurz vor Weihnachten. Kritik an Finanzmarktaufsicht erwartet
  • Finma führte Trockenübung zur CS-Sanierung durch, konnte Krise nicht verhindern
  • Seit 2012: Finma leitete 43 Vorabklärungen ein, sprach 9 Rügen aus
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Kurz vor Weihnachten soll er endlich erscheinen: der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur Aufarbeitung der CS-Pleite. Bis zur Veröffentlichung bleibt der Inhalt streng geheim. Doch wer mit Personen aus dem Umfeld der PUK spricht, bekommt ein Bild davon, wo die Kritik ansetzen wird.

«Im Zentrum steht die Arbeit der Finanzmarktaufsicht», sagt eine Quelle. Die Finma hätte bei der Credit Suisse früher eingreifen müssen. Zwar hat die Behörde unzählige Massnahmen ergriffen: Seit 2012 hat sie 43 Vorabklärungen eingeleitet, neun Rügen ausgesprochen, 16 Strafanzeigen eingereicht und 14 Enforcementverfahren eröffnet.

Wie Recherchen zeigen, hat die Finma sogar eine Trockenübung, einen sogenannten Dry Run, durchgeführt. Das war im Herbst 2022, als bei der Bank erstmals viele Gelder abflossen. Unter strengster Geheimhaltung spielte die Behörde eine Sanierung der Bank durch. Mit an Bord waren damals auch die wichtigsten Vertreter ausländischer Aufsichtsbehörden, etwa der US-Börsenaufsicht SEC.

Doch ein Trockenlauf ist nicht der Ernstfall. Im März 2023 kam plötzlich alles anders: Statt zu sanieren, schluckte die UBS die Credit Suisse. Durch diese Zwangsfusion hat die Schweiz nun das Problem einer viel zu grossen Bank, die im Krisenfall ein erhebliches Risiko für die Schweizer Volkswirtschaft darstellt.

Die Lehren aus der CS-Krise

Welche Lehren können aus der CS-Krise gezogen werden? Auch darauf geht der PUK-Bericht ein. Zur heissen Eigenmitteldiskussion äussert er sich nicht. Das überlässt er dem Bundesrat. Er wird auch nicht plump die Absetzung der Finma-Präsidentin fordern. Vielmehr wird er eine Stärkung der Aufsicht und ihrer Organe vorschlagen.

Damit ist unter anderem ein professionell zusammengesetzter Verwaltungsrat gemeint. Heute sind drei der neun Mitglieder Professoren, darunter die Präsidentin Marlene Amstad (56). Die anderen Mitglieder haben zum Teil Erfahrung in der Privatwirtschaft, aber niemand hat je eine Konzernleitung einer Bank von innen gesehen. Der Verwaltungsrat hat kein Verständnis für die Dynamiken, die in Krisensituationen bei Banken entstehen können.

Die Finma braucht keine schärferen Instrumente

Eine weitere Erkenntnis ist, dass die Finma auch mit den bestehenden Instrumenten einen besseren Job hätte machen können. Bekannt ist, dass die Behörde nach einer «Bussenkompetenz» und dem sogenannten Senior-Manager-Regime verlangt, um Verfehlungen einzelnen Personen besser zuordnen zu können. Doch ob sie das wirklich benötigt, ist fraglich.

Wie scharf die bestehenden Instrumente sind, zeigt sie immer wieder, wenn sie gegen kleinere Finanzakteure vorgeht. Zuletzt bei der Moonshot-Plattform und anderen Unternehmen. Die Finma schickte einen Untersuchungsbeauftragten, der sämtliche Transaktionen blockierte – auch die Auszahlung von Löhnen und die Bezahlung von Rechnungen. Er war sogar ermächtigt, einer unbeteiligten Wirtin die Schlüssel zu ihrem Restaurant abzunehmen. Das unzimperliche Vorgehen zeigt: Das Problem der Finma ist, dass sie bei den Kleinen die Zähne zeigt, bei den Grossen aber nicht zubeisst.

Der PUK-Bericht wird auch die Zusammenarbeit zwischen Nationalbank und Finma kritisch beleuchten. Klar ist: Mit einem beherzten Vorgehen hätten beide Institutionen der CS rechtzeitig aus der Patsche helfen können. Es ist eben nicht richtig, wenn gewisse Vertreter der UBS behaupten, die CS sei bereits 2016 zum Untergang verurteilt gewesen.

CS wurde heraufgestuft

Zwischen 2016 und 2021 entwickelte sich der Aktienkurs der CS sogar besser als derjenige der UBS. Die Ratingagenturen stuften die CS in diesem Zeitraum sogar herauf. Es waren die beiden grossen Skandale Greensill und Archegos, welche die Bank im Frühjahr 2021 ins Wanken brachten. Richtig dramatisch wurde es im Oktober und November 2022, als Kunden massiv Gelder abzogen.

Doch auch dann wäre die Bank noch zu retten gewesen. Allerdings hätte die Nationalbank eingreifen müssen. Der letztmögliche Zeitpunkt dafür war wohl Anfang Februar 2023, als die CS ihre Zahlen für das vierte Quartal veröffentlichte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ein entschlossenes «Whatever it takes» der Nationalbank die Märkte beruhigen können.

Thomas Jordan (61) hätte damals sagen müssen: «Die Credit Suisse ist systemrelevant für die Schweiz. Sie wird nicht untergehen. Wir tun alles, was in unserem Mandat steht, um das zu verhindern.» Doch Jordan tat lieber nichts. Er stellte die dringend benötigte Liquidität erst zur Verfügung, als es zu spät war.

Eine Sprecherin sagt zur Kritik am Finma-Verwaltungsrat: Der Bundesrat habe diesen in der aktuellen Zusammensetzung im Jahr 2023 wiedergewählt. «Frau Amstad hat in renommierten Institutionen in der Schweiz, Asien und USA viel Erfahrung aus Wirtschaftskrisen und in unterschiedlichem regulatorischem Umfeld gesammelt und war daneben berufsbegleitend Professorin tätig.»

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