Ist die Wettbewerbskommission (Weko) glücklich damit, wie die Finanzmarktaufsicht die UBS-CS-Fusion ohne Auflagen durchwinkt?
Ich will den Entscheid der Finanzmarktaufsicht (Finma) nicht kommentieren. Wir wurden angehört. So regelt es das Gesetz. Wir sagten der Finma, dass wir in Teilen des Finanzmarkts eine potenziell marktbeherrschende Stellung der UBS sehen.
Der Wettbewerb kann jetzt Schaden nehmen. Das muss Sie doch als Weko-Präsidentin sorgen.
Das sorgt mich, ja. Wir machten im Rahmen der Notfusion das, was uns vom Gesetz her zusteht. Aber das künftige wettbewerbliche Verhalten der UBS steht unter Aufsicht von Weko und Preisüberwacher.
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Die Finma hat schon in einer früheren Phase gesagt, dass sie der UBS keine Abspaltung von Firmenteilen befehlen werde. Hat sie das zu Recht gemacht?
Das kann ich nicht beurteilen. In die Vorgeschichte war die Weko nicht involviert.
Ihr Vorgänger im Amt, Andreas Heinemann, sagt unmissverständlich, dass die Finma nur eine provisorische Fusionszusage hätte geben dürfen, nicht aber eine definitive. Damit habe die Finma gegen Vorschriften verstossen.
Die Finma hat im März 2023 nur die vorläufige Genehmigung erteilt, wie im Gesetz vorgesehen. Aber im Verlauf des Verfahrens gab es Unklarheiten. Deshalb verlangen wir vom Bundesrat und vom Parlament eine Klärung der Abläufe und Vorschriften. Es geht auch um die Frage, wann genau die Finma eine Bankenfusion bewilligen darf, sofern der Schutz von Gläubigern auf dem Spiel steht.
Die Weko sieht sechs Märkte in Gefahr: bei Fonds, in der Global Custody, im Assetmanagement, bei Immobilienanlagen, der Fondsleitung und im Firmenkreditgeschäft. Wo ist die konkrete Gefahr dieser Marktmacht?
Es ist nicht verboten, marktbeherrschend zu sein. Verboten ist nur der Missbrauch einer solchen Stellung. Das heisst, die UBS darf ihre Kunden in diesen Märkten nicht diskriminieren und neue Konkurrenten auch nicht aus dem Markt fernhalten. Vereinfacht gesagt, sie steht unter Beobachtung.
Konkret?
Sollte die UBS unangemessene Geschäftsbedingungen erzwingen oder gewissen Kunden eine Geschäftsbeziehung verweigern, hat sie ein Problem. Das könnte ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung sein.
Was wäre der Schaden solcher Geschäftspraktiken?
Es gibt einen Konsens im Wettbewerbsrecht darüber, dass ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Volkswirtschaft schadet. Wir prüfen bei möglichen Missbräuchen aber auch, ob es Rechtfertigungsgründe für dieses Verhalten gibt.
Überspitzt gesagt: Die Bank könnte sich damit herausreden, dass sie Gutes tut, wenn sie den Markt missbraucht?
Sie könnte darlegen, dass es nachvollziehbare Gründe für ein solches Verhalten gebe. Etwa, dass sie höhere Preise verlangen muss, um die Innovation voranzutreiben.
Die Weko konnte die Marktbeherrschung in den genannten sechs Bereichen nicht abschliessend prüfen. Was hat gefehlt?
Wir haben in unserer Stellungnahme die Marktverhältnisse angesehen, hätten aber in einem zweiten Schritt geprüft, wie die genauen Marktanteile und Konkurrenzverhältnisse sind. Die Finma hat das abgelehnt.
Anders gesagt: Sie konnten die Konkurrenzverhältnisse nur ungefähr prüfen, ohne bei der Konkurrenz nachhaken zu können.
Wir haben relativ genau, aber nicht abschliessend geprüft.
Die Finma sagt, für sie sei die Fusion abgeschlossen. Kann die Weko jetzt nachträglich eingreifen?
Falls wir konkrete Hinweise zu problematischem Verhalten der UBS bekommen, behalten wir uns eine Prüfung vor.
Anders gesagt: Die bedrängte Konkurrenz soll sich ab jetzt bei der Weko melden?
Selbstverständlich nehmen wir Hinweise entgegen. Wir können aber nicht ins Blaue ermitteln.
Wäre die Fusionsprüfung das schärfere Mittel gewesen, als die UBS jetzt im Nachhinein wegen Marktmachtmissbrauchs zu verfolgen?
Das sind zwei ganz verschiedene Verfahren. Mit der Fusionskontrolle kann die Weko die Fusion untersagen oder verfügen, dass Firmenteile abgespaltet werden. Sie verhängt aber keine Sanktionen oder Bussen. Im Nachhinein geht sie Hinweisen zu problematischem Verhalten nach. Sie kann Hausdurchsuchungen durchführen. Bei illegalem Verhalten zwingt sie die Firma, dieses zu ändern. Sie kann auch büssen.
Bekannt ist, dass die Fusionskontrolle in der Schweiz zahnlos ist. Die Weko will sie durch das Parlament verschärft haben.
Das stimmt. Unsere Fusionskontrolle ist tatsächlich weitgehend zahnlos. In vielen Ländern sind gemeinsame Marktanteile fusionierender Firmen von über 20 Prozent heikel. Bei uns müssen Firmen bei solchen Marktanteilen noch nicht viel befürchten. Dies sollte das Parlament ändern.
Hat die Weko für eine gute Fusionskontrolle zu wenig Personal?
Fusionsauflagen müssen über Jahre überwacht werden. Im Ausland passiert die Überwachung oft durch Externe, was wir auch anordnen können.
Verfügt die Finma über Fachleute für Wettbewerbsfragen im Bankensektor?
Meines Wissens hat sie das nicht.
Was muss sich ändern, damit die Finma eine solche Fusion das nächste Mal wettbewerbsrechtlich nicht einfach durchwinkt?
Unsere Empfehlungen ans Parlament und an den Bundesrat stehen im Bericht, der heute von der Finma mit publiziert wurde. Der zentrale Punkt, der zu klären wäre, ist, ab wann die Finma den wettbewerblichen Entscheid an sich ziehen kann. Heute hängt alles am Wort «Gläubigerschutz». Ist dieser aus der Sicht der Finma relevant, hat sie Vorrang. Doch die Kriterien sind unklar.
Es ist eine Art Freipass der Finma, selbst zu entscheiden.
Das kann man so sehen.
Das wäre aber noch keine Verschärfung des Wettbewerbsrechts. Was braucht es sonst noch?
Das Wichtigste wäre die Einführung einer Sektorenuntersuchung, in der die Weko eine wettbewerbsschwache Branche durchleuchten und gegen Wettbewerbsbeschränkungen gezielt vorgehen kann.
Sie fordern eine Verschärfung des Wettbewerbsrechts?
Wir fordern nicht, wie empfehlen dem Parlament, eine solche Option zu prüfen. Es wäre für die Weko wichtig, ein solches Instrument zu haben. So könnten wir etwa anschauen, ob der Wettbewerb im Detailhandel, in der Finanzbranche oder in der Energiebranche spielt. Es wäre ein starkes Tool in Märkten mit erheblicher Marktkonzentration beziehungsweise fehlendem Wettbewerbsdruck.
Das wäre eine Art Holzhammer der Kartellbehörde. Wo gibt es so etwas?
Etwa in Deutschland und Grossbritannien.
Was sind die Resultate?
In Grossbritannien mündeten bislang zwei Verfahren in Entflechtungen: im Zement- und Transportbetonmarkt und bei Flughäfen. In Deutschland gibt es das Instrument erst seit 2023. Kein Fall ist bisher abgeschlossen. Es laufen unter anderem Untersuchungen zu Raffinerien und dem Kraftstoffhandel. Der Hauptvorteil dieses Instruments ist aber, dass die Firmen ihre wettbewerbshindernden Praktiken im Vornherein abstellen. Die präventive Wirkung hat sich in diesen Ländern bereits als bedeutend herausgestellt.
Das heisst, Firmen spalten gewisse Geschäfte von sich aus ab, um nicht als marktbeherrschend zu gelten.
Sie ändern wohl eher das Verhalten und wir kämen darum herum, einzugreifen. Das wäre besser.