1997 bebte die Schweizer Bankenwelt
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Der Fall Meili:1997 bebte die Schweizer Bankenwelt

Geschichte von Christoph Meili – Whistleblower oder Landesverräter?
Wachmann erschüttert mit Holocaust-Akten die Schweizer Bankenwelt

1997 rettete Christoph Meili geheime Dokumente über jüdische Vermögen vor dem Schredder. Die Affäre löste weltweit Schlagzeilen aus. Zuerst ein Held, galt der Wachmann schnell als Nestbeschmutzer. Dann floh er in die USA, wo er nie glücklich wurde. Ein Blick zrugg.
Publiziert: 30.04.2025 um 14:26 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2025 um 16:41 Uhr
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1997 änderte sich das Leben von Christoph Meili und seiner ersten Ehefrau Giuseppina Meili schlagartig.
Foto: Horst Galuschka
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1997 änderte sich das Leben von Christoph Meili und seiner ersten Ehefrau Giuseppina Meili schlagartig.
Foto: Horst Galuschka

Darum gehts

  • Christoph Meili entdeckt Holocaust-Akten und wird zum umstrittenen Whistleblower
  • Der Ex-Wachmann flieht in die USA, wo er später seine Aktion bereut
  • Meili kehrt in Begleitung von Blick in die Schweiz zurück
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Michael HotzRedaktor Wirtschaft

Was ist passiert?

Das Leben von Christoph Meili (56) nahm am 8. Januar 1997 eine radikale Wende. Der damalige Wachmann entdeckte an jenem schicksalhaften Tag im Schredderraum der Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG, heute UBS) geheime Akten über nachrichtenlose Vermögen von Holocaust-Opfern. Der Freikirchler sah das als Zeichen Gottes – und nahm Teile der Dokumente nach Hause, «um dem jüdischen Volk gegenüber etwas zu tun». Wenig später landete der Fall in den Medien.

Die SBG sprach danach von einem «bedauerlichen Zwischenfall». Blick kam aber zu einem anderen Schluss: «Das stinkt, liebe SBG!» Insbesondere das Ausland feierte Meili als Whistleblower. Hierzulande geriet er aber schnell zwischen die Fronten. Ihm wurden Geltungssucht oder gar Landesverrat vorgeworfen. Und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich eröffnete ein Strafverfahren gegen Meili wegen Verstosses gegen das Bankgeheimnis. Der Wachmann verlor den Job und Freunde. Sein Ausweg: Im Mai 1997 flüchtete er aus der Schweiz.

Unterschlupf fand Meili in den USA. Die Amerikaner gewährten ihm und seiner Familie politisches Asyl – als bisher einzige Schweizer jemals. Im in den USA angestossenen Verfahren zu Vermögen von Holocaust-Opfern auf Schweizer Bankkonten kämpfte Meili auf der Seite der jüdischen Klägerschaft.

Foto: Blick
Foto: Blick

Im Sommer 1998 einigten sich die beiden Seiten auf einen Deal über 1,8 Milliarden Franken. Auch der gelernte Radio- und TV-Verkäufer Meili verdiente daran mit und war auf einen Schlag reich: «Jetzt ist er Millionär», hiess es auf der Blick-Frontseite vom 14. August 1998.

Als Blick 2006 Meili in den USA besuchte, war dieser ziemlich ernüchtert. Er hatte sein Kommunikationsstudium geschmissen und arbeitete wieder als Wachmann – für 12 Franken pro Stunde. «Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben» für ihn und seine Zweitfrau Grace, klagte er. Sein Wunsch: wieder in die Schweiz zurückzukehren.

Drei Jahre später war es dann so weit: Der «Nestbeschmutzer» kehrte heim. Am 2. April 2009 betrat der Ex-Wachmann Schweizer Boden, die Ehefrau blieb in den USA. Sein erster Weg führte Meili: zur UBS.

Warum ist der Fall Meili so wichtig?

Die Schweiz befand sich 1997 mitten in der Aufarbeitung ihrer Rolle während der Nazizeit. Im Dezember 1996 hatte das Parlament verboten, Akten zur Nachverfolgung von Vermögenswerten aus dem Holocaust zu vernichten. Wenige Wochen später rettete Meili 60 Kontoblätter und drei Bücher vor dem Schredder. Bis heute ist umstritten, wie brisant die Dokumente tatsächlich waren.

Foto: Blick
Foto: Blick

Für die stolze Schweizer Bankenwelt war der Fall ein Schock. Sie geriet international unter Druck. Vor allem die USA sägten lange am hiesigen Bankgeheimnis. Mit dem Beitritt der Schweiz 2014 zur OECD-Erklärung zum automatischen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten wurde das strikte Bankgeheimnis grösstenteils aufgehoben.

Was ist seither geschehen?

Meili lebt derzeit zurückgezogen in der Ostschweiz – mit seiner mittlerweile dritten Ehefrau. 2021 arbeitete er laut «Finanz und Wirtschaft» bei einer Logistikfirma. Weiterhin ein wichtiger Fixpunkt: sein christlicher Glaube.

Was genau ist «Blick zrugg»?

Die neue Reihe «Blick zrugg» erzählt historische Momente der Schweiz seit der Gründung von Blick 1959 in neuer Form. Wir zeigen dir, was damals passiert ist und wie der Blick darüber berichtet hat. Gleichzeitig ordnen wir das Geschehnis ein und bilden ab, was sich seither getan hat.

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