Auf einen Blick
- Ruag-Manager betrog Rüstungsbetrieb um Millionen. Whistleblower-Warnungen wurden ignoriert
- Verantwortliche Manager behielten trotz Skandal lukrative Positionen in der Branche
- Remo Lütolf kandidiert nicht mehr als VRP
Seit Montag ist bekannt: Ein Walliser Ruag-Manager soll den staatlichen Rüstungsbetrieb um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag betrogen haben. Als ein Whistleblower die Firmenleitung und das VBS 2019 alarmierte, schlug das Management die Warnungen in den Wind.
Gemäss Informationen von Blick informierte die Ruag-Chefsekretärin den damaligen CEO der Ruag-Gruppe, Urs Breitmeier, am 3. September 2019 über ein anonymes Schreiben mit happigen Vorwürfen. «Hoi Urs», schrieb die Chefsekretärin, «was meinst du: Soll ich Remo fragen, ob ich den Brief wirklich an alle weiterleiten soll?»
Es kann nicht sein, was nicht sein darf
22 Minuten später gab Breitmeier den Tarif durch. Ohne die Korruptionsvorwürfe zu prüfen, diktierte er, was Bundesrätin Viola Amherd (62) mitgeteilt werden sollte: «Soweit ich informiert bin, geht hier alles absolut korrekt vor. Es muss klar sein, dass wir nicht mit dubiosen Schrotthändlern arbeiten.» Auch Andreas Berger, CEO der Ruag MRO, und der Linienvorgesetzte des Walliser Managers, Hannes Hauri (60), wurden nicht stutzig. Das Ruag-Management verfuhr nach der Devise: «Es kann nicht sein, was nicht sein darf!»
Was ist aus den Verantwortlichen geworden?
Remo Lütolf (68): Der VR-Präsident der alten Ruag-Gruppe trägt die Hauptverantwortung dafür, dass der Korruptionsskandal nie aufgearbeitet wurde. Dennoch durfte er weiter für die Ruag tätig sein. Aktuell amtet er als VR-Präsident der im Finanzministerium von Karin Keller-Sutter (61) angesiedelten Ruag International. Für sein 35-Prozent-Pensum erhält Lütolf jährlich knapp 190’000 Franken. Im Lauf der Woche aber wurde der Druck zu gross: Am Freitag gab die Ruag International bekannt, dass Lütolf nicht mehr zur Wiederwahl antrete – aus Altersgründen, wie es offiziell heisst. Wahrscheinlicher ist, dass der Topmanager mit seiner Demission politischen Goodwill schaffen will: In der Frühjahrssession diskutiert das Parlament über die Zukunft der Raumfahrtsparte Beyond Gravity. Der Bundesrat möchte den Unternehmensteil verkaufen, Teile des Parlaments sind dagegen.
Urs Breitmeier: Als CEO der Ruag-Gruppe kassierte Breitmeier jährlich um die 975'000 Franken. Als er die Ruag verliess, erhielt er laut «Tages-Anzeiger» zusätzlich eine Abgangsentschädigung von 948'000 Franken. Mittlerweile ist er Geschäftsführer der österreichischen Waffenfirma Glock und schreibt seinen Namen dort mit ai («Breitmaier»).
Andreas Berger: Als CEO der Ruag MRO verdiente Berger jährlich 740’000 Franken. Als er im Dezember 2021 die Ruag verliess, erhielt er obendrein eine Abfindung in dieser Höhe. Berger pendelt dem Vernehmen nach zwischen Florida und der Schweiz. Sein Name fehlt mittlerweile auf der Website des Digital-Unternehmens ti&m AG, wo er, wie es heisst, «für kurze Zeit» als Beirat tätig war.
Hannes Hauri (60): Hauri war der Linienvorgesetzte des Walliser Managers und dürfte jährlich mindestens 300’000 Franken von der Ruag mit nach Hause genommen haben. In einer internen Aktennotiz, die Blick vorliegt, steht: «Hannes Hauri hat mitgeteilt, dass ein Deal vereinbart worden ist. Die Abmachung wird unten beschrieben. Wir haben aber kein Protokoll oder kein Bestätigungsmail gefunden.» Hauris Karriere tat dieses Verhalten keinen Abbruch: Inzwischen wurde er CEO der Munitionsfabrik Swiss P (früher: Ruag Ammotec). Das Unternehmen in Thun BE droht mit einem Wegzug. Es fordert mehr Aufträge vom Bund.
Walliser Manager (Name der Redaktion bekannt): Er ist nach wie vor Geschäftsführer einer Firma in Deutschland, die im Rüstungsbereich aktiv ist.
Blick hat die ehemaligen Ruag-Manager um eine Stellungnahme gebeten. Keiner von ihnen wollte sich äussern. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.