Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Unfall mit Minenwerfer
«Ruag-Mitarbeiter könnten tot sein»

Vor zwei Jahren explodierte ein Geschoss bei der Ruag. Eine Strafuntersuchung läuft.
Publiziert: 04.08.2024 um 09:33 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2024 um 09:54 Uhr
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Die Schweizer Armee verwendet 8,1-Zentimeter-Minenwerfer.
Foto: © VBS/DDPS (PRESSEBILD)
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Ginge es nach dem Rüstungskonzern Ruag, dann hätte es den schwarzen Montag nie gegeben. Am 4. April 2022 kam es in Schattdorf UR kurz nach 8.30 Uhr zu einer heftigen Explosion. Der Raum war voller Blut. Laut der Kantonspolizei Uri gab es zwei Schwerletzte und mehrere Leichtverletzte. Ein Helikopter flog einen Schwerverletzten ins Spital.

Seitdem herrscht grosses Schweigen. Weder auf der Website noch im Geschäftsbericht wird der Arbeitsunfall erwähnt. Dabei geht es um eine heftige Explosion – ausgelöst von einer Mörsergranate eines 8,1-Zentimeter-Minenwerfers mit einer Nettoexplosionsstoffmenge von fast 500 Gramm. «Die zwei Ruag-Mitarbeiter hatten Glück. Sie könnten tot sein», sagt ein Insider zu Blick.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt

Während des Kalten Kriegs waren Minenwerfer eine gefragte Waffe. Zwischen 1956 und 1980 bestellte die Schweizer Armee zig 8,1-Zentimeter-Minenwerfer. Danach wurde das hochexplosive Material nach und nach ausgemustert. Die Ruag bekam den Auftrag, die Granaten zu delaborieren: So heisst in der Fachsprache der Prozess, wenn scharfe Munition in ihre Einzelteile zerlegt wird. 

Der Vorfall vom April 2022 beschäftigt die Bundesanwaltschaft (BA). «Die BA führt eine Strafuntersuchung gegen unbekannt durch wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht und schwerer fahrlässiger Körperverletzung», teilt die BA mit. «Da die betreffende Strafuntersuchung noch hängig ist, können wir zurzeit keine weiteren Angaben machen.»

Die Ruag-Mitarbeiter sind wieder im Dienst

Die Ruag teilt mit: «Die beiden Mitarbeitenden sind genesen und arbeiten nach wie vor in ihren angestammten Funktionen. Es wurde kein Schmerzensgeld ausgerichtet.» Sowohl die Personalabteilung als auch ein externes Careteam haben die betroffenen Familien intensiv betreut.

Nach dem Unfall habe die Ruag die Prozesse überprüft. «Der Arbeitsschutz entsprach den gültigen Arbeitsanweisungen und den Prozessabläufen», betont sie. Der Konzern sei «zu jedem Zeitpunkt den Pflichten als Arbeitgeber nachgekommen». Den verletzten Mitarbeitern sei kein Vorwurf zu machen: «Sowohl die Anweisungen als auch die Prozesse und die Sicherheitsvorschriften wurden eingehalten.»

«Gewisses Restrisiko»

Doch wie konnte es dann überhaupt dazu kommen, dass die Granate in die Luft ging? «Seit 1995 wurden über eine Million solcher Minenwerfergeschosse delaboriert. Der Umgang mit Munition und Explosivstoffen ist aber immer mit einem gewissen Restrisiko behaftet; eine hundertprozentige Sicherheit gibt es leider nicht», teilt die Ruag mit. 

Unklar ist, warum der Betriebsleiter in Schattdorf gekündigt hat. Die Ruag lässt verlauten: «Wir können bestätigen, dass der Standortleiter ordentlich aus dem Unternehmen ausscheiden wird. Dies steht in keinem Zusammenhang mit dem Ereignis.»

Klar ist: Die Ruag kommt nicht zur Ruhe. Der neue Verwaltungsratspräsident erbt einen Konzern mit vielen Baustellen. Zu den Favoriten für die Nachfolge zählen der ehemalige Ruag-CEO Peter Bodmer (60) und der Rüstungsmanager Theo Staub (64). Das VBS teilt mit: «Der Bundesrat wird die Nachfolge von Nicolas Perrin zu gegebener Zeit beschliessen und kommunizieren.»

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