Die Spitze der Grossbank Credit Suisse kann noch so viele Beruhigungspillen verschicken, die Anleger glauben die Durchhalteparolen offenbar nicht mehr – und flüchten aus dem Titel. Das letzte Memo von CS-Chef Ulrich Körner (59) vom Freitag vermochte die Märkte auf jeden Fall vorerst nicht zu beruhigen.
Zum Handelsstart am Montag verlor die CS-Aktie fast 11 Prozent, fiel vorübergehend auf ein neues Rekordtief von 3.52 Franken. Erst am Nachmittag setzte eine Erholung ein. Zum Börsenschluss grenzte die Aktie ihre Verluste auf –0.93 Prozent ein – dank Schnäppchenjägern, die beim Tiefstpreis den Einstieg wagten.
Übers Wochenende war die Gerüchteküche übergekocht, verschiedene Medien hatten gar über eine Pleite der Schweizer Grossbank spekuliert. Allerdings: Von einem sogenannten «Lehman-Moment» ist die Bank doch noch ein ganzes Stück entfernt. Zur Erinnerung: Am 15. September brach die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers zusammen und riss die Finanzmärkte mit in den Abgrund.
Der Umbau wird teuer
Diese Angst vor einem globalen Aktiencrash könnte erklären, warum nun Notenbanken und Aufsichtsbehörden bei der CS alarmiert sind. Gemäss der britischen Zeitung «The Telegraph» soll die Bank of England ein wachsames Auge auf die Schweizer Grossbank geworfen haben. Auch weil die Preise für Absicherungspapiere gegen eine Pleite der Bank – sogenannte Credit Default Swaps – in den letzten Tagen massiv angestiegen sind.
Noch ist die Kapitaldecke der CS genügend dick. Doch fraglich ist, ob sie auch in der Zukunft ausreicht. Denn eines ist klar: Egal wie der Sanierungsplan der Bank aussieht, teuer wird es auf jeden Fall. «Je radikaler die Restrukturierung ausfällt, desto teurer wird es», sagt Andreas Venditti (50), Aktienanalyst bei der Bank Vontobel.
Denn sowohl der Abbau von Personal in grossem Stil als auch das Herunterfahren von Risiken in der Investment-Bank kosten Milliarden – ohne dass die CS damit einen einzigen Franken zusätzlich verdient hätte. «Dazu kommt, dass die CS im Moment Quartal für Quartal Verluste einfährt und das Marktumfeld überaus garstig ist», gibt Venditti zu bedenken.
Schwierige Ausgangslage
Das stellt die CS vor ganz andere Herausforderungen als die UBS, die sich nach der Finanzkrise 2008 wieder aufrappeln musste. Damals fand in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten die grosse Erholung statt, befeuert vom billigen Geld der Notenbanken. Ganz anders die Situation heute, die Notenbanken haben die Schleusen wieder geschlossen, die Zinsen steigen und wegen des Ukrainekrieges droht eine globale Rezession.
Bleibt also fraglich, ob die Kapitaldecke dann wirklich bis zum Abschluss der Restrukturierung reicht. Gut möglich, dass es später doch noch eine Kapitalerhöhung braucht oder ein weisser Ritter wie Warren Buffet (92) als Investor in die Bresche springen muss.
Bank sind die Hände gebunden
Die CS-Führung steckt in der Falle. Eigentlich müsste die Bank all den Gerüchten energisch entgegentreten. «Das Management müsste diese Negativspirale an Gerüchten und Kursverlusten durchbrechen», sagt Venditti. Doch weil sie sich selbst Zeit gegeben hat bis zum 27. Oktober, bis die Bankspitze die Pläne für den Umbau der Bank kommunizieren möchte, bleibt Platz für ganz viele unkommentierte Gerüchte. «Ich verstehe, dass die Bank Zeit braucht, aber der Druck auf die Konzernspitze steigt mit jedem Tag», so der Analyst.
Zudem dürfte die Bank im Moment Verkaufsgespräche über einzelne Teile der Bank führen. Da darf nichts nach aussen dringen, um die heiklen Verhandlungen nicht zu gefährden.
Der Staat würde einspringen
Bleibt noch die Frage, was passiert, wenn der Bank tatsächlich das Geld ausgehen sollte und die Pleite droht? Nicht viel, ist man versucht zu sagen, denn am Ende würde der Staat einspringen und die Bank retten. Denn die CS ist wie auch die UBS «too big to fail», darf also nicht untergehen, um die Stabilität des Finanzsystems nicht zu gefährden.
Auch Kleinsparer müssen sich keine allzu grossen Sorgen machen: Wer ein paar zehntausend Franken auf dem CS-Konto hat, der bekommt – egal was passiert – sein Geld zurück. Dafür sorgt die sogenannte Einlagensicherung, die im Falle eines Konkurses Gelder bis zum Maximalbetrag von 100'000 Franken pro Kunde oder Kundin garantiert.
Der tiefe Fall der Credit Suisse