Darum gehts
- Fliegen bleibt trotz Unfällen sicher, Experten sehen eine zufällige Häufung
- Sparmassnahmen und Personalmangel können die Flugsicherheit gefährden
- 2024: sieben Abstürze bei 40,6 Millionen Flügen, 244 Todesopfer
Mehrere Flugzeugabstürze in den letzten Monaten sorgen bei vielen Passagieren für ein mulmiges Gefühl. Beim schlimmsten dieser Unfälle starben Ende Dezember in Korea 179 Menschen. Weitere 67 Personen kamen bei einer Kollision zwischen einem Passagierflugzeug und einem Helikopter in Washington ums Leben.
Ist das Fliegen trotz allem technischen Fortschritt unsicherer geworden? Pilot Peter Wild (56), der an der ETH zum Thema Luftfahrt lehrt, glaubt das nicht. «Das ist eher als zufällige Häufung zu sehen», sagt der Experte gegenüber Blick.
«Etwas vom Sichersten im Leben»
«Das Fliegen ist etwas vom Sichersten im Leben», sagt Wild. «Das Gefährlichste ist wohl der Weg an den Flughafen und von dort wieder zurück.» Um sich das zu vergegenwärtigen, lohnt sich ein Blick in die aktuellen Zahlen der International Air Transport Association (IATA). Demnach gab es im Jahr 2024 sieben tödliche Unfälle mit Passagierflugzeugen bei insgesamt 40,6 Millionen Flügen.
Bei diesen sieben Unfällen starben 244 Passagiere und Crewmitglieder, die meisten davon beim Absturz in Korea. Zum Vergleich: Im sehr sicheren Jahr 2023 gab es 72 Todesfälle an Bord, der Fünfjahresschnitt beträgt 144 Todesfälle. «Bei diesem Sicherheitsniveau müsste eine Person 15'871 Jahre lang jeden Tag mit dem Flugzeug reisen, um einen tödlichen Unfall zu erleben», schreibt die IATA.
Unfälle haben stark abgenommen
Dazu kommt: «Grundsätzlich zeigen die Statistiken, dass Fliegen immer sicherer geworden ist», sagt Thomas Steffen (50), Vorstand des Pilotenverbandes Aeropers. Laut IATA lag der Fünfjahresdurchschnitt vor zehn Jahren (2011-2015) bei einem Unfall (tödliche und nicht-tödliche) pro 456'000 Flüge. Heute liegt der Fünfjahresdurchschnitt (2020-2024) bei einem Unfall pro 810'000 Flüge. Dabei gibt es grosse regionale Unterschiede: Vergleichsweise viele Unfälle gibt es in Russland und in Afrika, Europa und Nordamerika sind hingegen deutlich sicherer als der Durchschnitt.
Doch die Verbesserung der Sicherheit ist kein Selbstläufer. «Es braucht stetig grosse Anstrengungen von allen Beteiligten, am Boden und in der Luft, um einen Flug sicher durchzuführen», so Steffen, Flugkapitän Airbus A330. «Wenn der Druck auf das Personal zu gross wird oder bei der Ausbildung gespart wird, dann sinkt die Flugsicherheit.»
Gefährliche Sparmassnahmen
So berichtete der US-Sender CNN in einem Artikel zur Flugsicherheit nach der Serie von Zwischenfällen und Unfällen in den USA von Personalmangel in der Flugsicherheit. «Die Entwicklungen in den USA machen uns grosse Sorgen», sagt auch Steffen. Die Luftfahrt sei dort schon in der Vergangenheit am Anschlag gewesen. «Und jetzt wird von der neuen Regierung zusätzlich dringend benötigtes Personal abgebaut.»
Wie riskant Sparmassnahmen in der Luftfahrt sind, zeigt auch der Fall Boeing 737 Max. Im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Software stürzten in den Jahren 2018 und 2019 zwei Maschinen des Typs ab, 346 Menschen starben. Boeing hatte zuvor bei der US-Luftfahrtbehörde FAA auf eine rasche Zulassung des neuen Fliegers gedrängt, obwohl die Software nicht ausgereift war. Die Firma befürchtete, vom europäischen Konkurrenten Airbus überflügelt zu werden.
Heute geht Steffen davon aus, «dass Boeing die Lektion gelernt hat und in Zukunft keine unausgereiften oder schlecht dokumentierten Flugzeuge mehr ausliefert». Bleibt zu hoffen, dass nicht nur Boeing, sondern die gesamte Luftfahrtindustrie die Lektion beherzigt und die ohnehin schon sehr gute Sicherheit noch weiter verbessert.