Am Sonntagmorgen (Ortszeit) ist am Flughafen Muan International in Südkorea ein Flugzeug über die Landebahn hinausgeschossen. Die Maschine krachte in eine Mauer und explodierte.
Das Unglück ereignete sich kurz nach 9 Uhr Ortszeit. Die Behörden haben offiziell 179 Tote bestätigt. Nur zwei Crew-Mitglieder überlebten die Explosion.
Video zeigt Feuerball
Ein vom südkoreanischen Fernsehen ausgestrahltes Video zeigt, wie die Boeing 737-8AS ohne ausgeklapptes Fahrwerk über die Landebahn schlittert. Am Ende der Strecke kollidiert die Maschine mit der Mauer, woraufhin ein grosser Feuerball zu sehen ist.
Nach ersten Erkenntnissen hatte es bei der Landung Probleme mit dem Fahrwerk gegeben. Dieses konnte offenbar nicht ausgefahren werden. Mehrere Augenzeugen am Boden berichteten laut Yonhap, Flammen an einer der Turbinen gesehen und mehrere Knallgeräusche gehört zu haben.
Ermittlungen laufen
Die Behörden gehen davon aus, dass die Piloten infolge eines sogenannten Vogelschlags das Fahrwerk nicht ausfahren konnten und es daher zu dem Unfall kam. Die Piloten sollen einen ersten Landeversuch abgebrochen haben, wie Yonhap berichtet. Offenbar entschieden sie sich daraufhin zu einer Bruchlandung.
In einem ebenfalls im südkoreanischen Fernsehen gezeigten Video ist angeblich der Vogelschlag zu sehen. Die Aufnahme zeigt, wie ein Gegenstand das Flugzeug streift. Worum es sich bei dem Gegenstand handelt, ist nicht erkennbar. Die Untersuchungen zu den Hintergründen der Tragödie laufen.
Zweifel an der Vogelschlag-Theorie
Ob wirklich ein Vogelschlag die Ursache für den Absturz der Boeing 737-800 war, bezweifeln Experten. «Ein Vogelschlag ist nicht ungewöhnlich, Probleme mit dem Fahrwerk sind nicht ungewöhnlich. Vogelschläge kommen viel häufiger vor, aber sie führen in der Regel nicht von selbst zum Verlust eines Flugzeugs», sagte der Flugverkehrsexperte Geoffrey Thomas der Nachrichtenagentur Reuters, wie der «Spiegel» schreibt. Zudem habe er noch nie gesehen, dass ein Vogelschlag das Ausfahren des Fahrwerks verhindert habe.
Zwei Crew-Mitglieder haben überlebt
Unter den Opfern seien 84 Männer und 85 Frauen, während das Geschlecht von neun Verstorbenen noch nicht bestätigt werden konnte, da die Körper der Opfer so stark entstellt waren, so die Behörde. Die zwei Überlebenden des Absturzes, ein männliches und ein weibliches Besatzungsmitglied, werden derzeit im Spital behandelt.
Die beiden seien aus dem Heckbereich der Maschine gerettet worden, dem einzigen Teil der Maschine, der noch einigermassen seine Form behalten hatte, sagte Muan-Feuerwehrchef Lee Jung-hyun in einer Pressekonferenz. Weiter heisst es, eine der beiden habe Rauch an einem der Triebwerke entdeckt.
«Passagiere wurden aus dem Flugzeug geschleudert»
In einer Erklärung der Feuerwehr in Muan hiess es: «Die Passagiere wurden aus dem Flugzeug geschleudert, nachdem es mit der Barriere kollidiert war, sodass die Überlebenschancen gering sind.» Das Flugzeug sei bei der Bruchlandung «fast vollständig zerstört» worden.
Laut CNN versuchte das Flugzeug zunächst, auf der Landebahn Nummer 1 zu landen, als der Kontrollturm warnte, dass sich Vögel in der Gegend befänden und ein Einschlag möglich sei. Ungefähr eine Minute später setzte der Pilot einen Mayday-Ruf an den Tower ab.
Der Kontrollturm wies das Flugzeug daraufhin an, in entgegengesetzter Richtung auf Landebahn Nummer 19 zu landen, wo die Maschine kurz darauf gegen eine Mauer prallte. Die Blackbox des Flugzeugs sei laut Behördenangaben mittlerweile geborgen worden, einschliesslich der Flugdaten und der Sprachaufzeichnung.
«Wie bin ich hierhergekommen?»
Einer der Überlebenden (33) soll laut «Yonhap News» auf die Frage eines Arztes, wo er Schmerzen habe, gesagt haben: «Was ist passiert?»
Der Flugbegleiter soll offenbar vergessen haben, dass er gerade einen Absturz überlebt hat. Er soll den Arzt gefragt haben: «Wie bin ich hierhergekommen?». Offenbar war er in dem Glauben, dass das Flugzeug ganz normal gelandet sei, er sich aber daran irgendwie nicht mehr so richtig erinnern könne.
Der Mann war im hinteren Teil des Flugzeuges, als es zu dem Absturz kam. Er soll sich ersten Informationen bei dem Unglück die linke Schulter gebrochen haben. Ausserdem erlitt er offenbar eine Verletzung am Kopf.
Ein Passagier schickte einem Verwandten eine SMS, in der er ihm mitteilte, dass ein Vogel in der Tragfläche des Flugzeugs feststecke, berichtete die Nachrichtenagentur «News1». Der Inhalt der SMS: «Soll ich meine letzten Worte sagen?»
Mehrheit der Passagiere aus Südkorea
Bei dem betroffenen Flug handelt es sich um 7C2216, durchgeführt von der südkoreanischen Billigfluglinie Jeju Air. Die Maschine kam aus der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Unter den 175 Passagieren befanden sich 173 südkoreanische und zwei thailändische Staatsangehörige.
Muan liegt knapp 300 Kilometer südlich der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Der inmitten einer Staatskrise geschäftsführend tätige Präsident Choi Sang Mok (61) begab sich zum Unglücksort.
Jeju Air erklärt in einer auf der Website der Fluggesellschaft veröffentlichten Mitteilung: «Wir entschuldigen uns zutiefst bei allen, die von dem Vorfall am Flughafen Muan betroffen sind.» Das Unternehmen bedauere das entstandene Leid und werde alles daran setzen, das Unglück aufzuklären. Alle weiteren Flüge von und nach Muan wurden gestrichen.
Untersuchung könnte laut Behörden bis zu drei Jahre dauern
Die Regierung von Südkoreas Interimspräsident Mok, der erst am Freitag nach den innenpolitischen Turbulenzen im Land ernannt wurde, ordnete «umfassende Rettungsmassnahmen» an. Zudem wurde eine Krisensitzung angeordnet.
Wie aus weiteren Berichten bekannt wurde rief Mok eine siebentägige Staatstrauer ausgerufen. Sie solle bis kommenden Samstag gelten, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap. Mok sagte demnach: «Wir sprechen den Hinterbliebenen, die bei dieser unerwarteten Tragödie ihr Leben verloren haben, unser tiefstes Beileid und Mitgefühl aus.»
Untersuchungen könnten bis zu drei Jahre dauern
Die Untersuchung der Ursache des Vorfalls könne laut dem südkoreanischen Ministerium für Land, Infrastruktur und Verkehr bis zu drei Jahre dauern. Da das Flugzeug ausserhalb Südkoreas hergestellt worden sei, müssten die Ermittler die Hersteller wichtiger Teile des Flugzeugs konsultieren, was die Untersuchung verzögern könne.
Es ist das erste tödliche Unglück in der Geschichte der 2005 gegründeten Fluggesellschaft Jeju Air, einer der grössten Billigfluggesellschaften des Landes. 2007 kam ein von Jeju Air betriebenes Flugzeug vom Typ Bombardier mit 74 Passagieren an Bord aufgrund starker Winde auf dem südlichen Flughafen Busan-Gimhae von der Landebahn ab. Damals wurde ein Dutzend Menschen verletzt.