Er ist Mitglied der Covid-Taskforce des Bundes und oberster Repräsentant der Schweizer Wissenschaft. Der Epidemiologe Marcel Tanner (67) warnt nun, sich beim Coronavirus auf die im Epidemiengesetz enthaltene Impfpflicht abzustützen. «Das ist die falsche Diskussion», sagt er den Tamedia-Zeitungen.
«Man sollte sich nicht auf die Impfpflicht abstützen», erklärt er. «Wir kriegen eine Herdenimmunität hin, wenn sich 80 Prozent der Menschen impfen lassen, auch ohne Streit auf einem Nebenschauplatz wie dem Impfzwang.»
Auch einem Fokus auf einem in der Schweiz hergestellten Coronavirus-Impfstoff erteilte der Basler Experte eine Absage. Er glaube, es sei falsch, sich auf die Herkunft eines Impfstoffes zu fokussieren. «Wichtig ist, dass schnell ein brauchbares Produkt da ist», betont Tanner.
Mehrgleisige Vorgehensweise
Die Schweiz sollte bei der Entwicklung eines Coronavirus-Impfstoffes mitmachen, sagt er. «Je näher Sie dran sind, desto besser», mahnt er. «Wir müssen international zusammenarbeiten», hebt Experte Tanner in diesem Zusammenhang hervor. Die Schweiz sollte dabei aber mehrgleisig fahren und sich nicht nur auf eine Aktivität konzentrieren.
Tanner zeigte sich gegenüber den Zeitungen allerdings wenig zuversichtlich, dass es rasch einen Coronavirus-Impfstoff geben werde. «Wenn alles sehr gut läuft – also keine Nebenwirkungen! –, dann können wir in einem Jahr einen Impfstoff haben», sagt er. Allerdings sei der Stoff dann noch nicht produziert und verteilt, merkte er einschränkend an.
Doch selbst wenn ein Schutzmittel rasch gefunden würde, dürfte dies nicht das Ende der Pandemie sein. «Ein 95- bis 100-prozentiger Schutz wäre ein Lottosechser», sagt Tanner. Gegenüber den Tamedia-Zeitungen weist er darauf hin, dass Impfstoffe der ersten Generation meist nur teilweise schützten.
Handhygiene und Social Distancing müssten aufrechterhalten werden. (SDA/uro)