Warum vertraut der Bund diesem Medikament?
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CEO der Pharmafirma erklärt:Warum vertraut der Bund diesem Medikament?

Schweiz sichert sich Vorzugszugang
Das müssen Sie zum neuen Corona-Medikament wissen

Ist das der Durchbruch im Kampf gegen das Coronavirus? Das Bundesamt für Gesundheit sichert der Schweiz 200'000 Dosen eines vielversprechenden Medikamentes. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vertrag der Schweiz für das Covid-19-Medikament.
Publiziert: 11.08.2020 um 17:26 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2020 um 14:22 Uhr
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Bekommt fast 10 Millionen vom Bund: Pharmafirma Molecular Partners in Schlieren ZH.
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe

Lange stand die Schweiz nur an der Seitenlinie, doch nun langen die Behörden richtig zu. Das Land sichert sich mit einem Millionen-Betrag Zugang zu einem potenziellen Medikament im Kampf gegen das Coronavirus.

Es geht Schlag auf Schlag: Am letzten Freitag informierte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) über den ersten Impfstoffdeal mit der US-Biotechfirma Moderna. Am Dienstag schliesst das BAG einen Reservierungsvertrag mit dem Schweizer Unternehmen Molecular Partners ab.

Das Medikament der Zürcher Biotechfirma ist vielversprechend. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den neuen Hoffnungsträger gegen Covid-19.

Was bezahlt der Bund und was ist die Gegenleistung?
Das BAG pumpt rund 10 Millionen Franken in die Firma aus Schlieren ZH. Mit dem Vertrag sichert sich der Bund Zugang zu den ersten 200'000 Dosen des Covid-19-Medikaments sowie ein Recht auf Lieferung von bis zu drei Millionen weiteren Dosen.

Warum steckt der Bund sein Geld ausgerechnet in ein Medikament, das noch gar nicht am Menschen getestet wurde?
Es ist ein Schweizer Produkt, das zudem recht kostengünstig zu produzieren ist. Zudem sichert sich die Schweiz so den Zugriff auf das Medikament. Dieser wäre auch gewährleistet, sollte sich Molecular Partners mit einem ausländischen Konzern zusammenschliessen oder aufgekauft werden.

Wozu verwendet die Firma das Geld?
Das investiert Molecular Partners in die Produktion des Wirkstoffs. Die Forschung sei abgeschlossen, sagt CEO Patrick Amstutz (45) im Gespräch mit Blick TV. Jetzt gehe es darum, genügend Wirkstoff für die klinischen Tests zu produzieren.

Hat das Medikament schon einen Namen?
Nein, denn Medikamentennamen werden von der Weltgesundheitsorganisation WHO vergeben. Im Moment hat der Wirkstoff das interne Kürzel MP420.

Wie wirkt MP420?
Bei MP420 handelt es sich um ein sogenanntes Immunotherapeutikum. Das besondere dabei ist, dass MP420 drei Wirkstoffe in einem Medikament bündelt. Das macht es umso wirkungsvoller, denn jeder einzelne dieser sogenannten Proteinbinder verhindert, das Eindringen des Virus in eine Zelle. Zudem liesse sich das Medikament auch als Prophylaxe einsetzen.

Klappts mit der Marktzulassung noch in diesem Jahr?
Das kann noch dauern, denn im Herbst beginnen überhaupt erst die klinischen Tests. Normalerweise braucht es dafür Jahre. Amstutz ist aber zuversichtlich: «In dieser speziellen Situation kann es schneller gehen mit der Zulassung, das muss nicht mehrere Jahre dauern.» Denn dank internationaler Kooperation liessen sich viele Prozesse verkürzen. Auf einen genauen Zeitpunkt will er sich nicht festlegen.

Gibt es in der Schweiz genügend Testpersonen, also an Corona erkrankte Patienten?
«Zum Glück nicht», sagt Amstutz spontan. Das heisst, Molecular Partners sucht international nach Kooperationspartnern, die dabei helfen, die Tests durchzuführen.

Ist das der grosse Durchbruch im Kampf gegen Corona?
Das wäre zu früh zu sagen. Es ist eines von vielen Medikamenten, das im Moment erprobt wird. MP420 ist aber sicher einer der ganz grossen Hoffnungsträger. «Es ist ein vielversprechender Schuss gegen das Virus», sagt CEO Amstutz.

Wie reagiert die Börse?
Den Anlegern gefällt, wenn der Bund MP420 mit seinem Engagement sozusagen den Ritterschlag erteilt. Die Investoren greifen zu, die Aktie schiesst durch die Decke, steigt zeitweise um 40 Prozent an. Corona scheint Anlegerfantasien auszulösen.

Der Bund spielt Lotto. Kann er sein Geld verlieren?
Kann er, denn jede Medikamentenentwicklung ist mit viel Risiko verbunden. In normalen Zeiten erhalten gerade mal fünf Prozent aller erforschten Wirkstoffe am Ende auch die Zulassung für den Einsatz am Patienten. Sollten also die klinischen Studien nicht den gewünschten Erfolg bringen, wäre der Millionenbetrag futsch. Doch dieses Risiko muss die Schweiz eingehen.

Wieviel Geld will der Bund locker machen, um Impfstoffe und Medikamente zu beschaffen?
Insgesamt sind 300 Millionen Franken für die Beschaffung von Impfstoffen und Medikamenten vorgesehen. Dabei setzt der Bund auf unterschiedliche therapeutische Ansätze. Allerdings fehlen offenbar weitere medizinische Erfolge, in die der Bund sein Geld investieren möchte.


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