Nach den letzten Zuckungen der Black-Friday-Wochen kam der schwarze Mittwoch. Und damit wurde klar, was lange schon vermutet wurde: Der österreichische Investor René Benko (46) sitzt auf kolportierten 15 Milliarden Euro Schulden. Der einstige «Wunderwuzzi» muss seine Pleite eingestehen.
Die Signa Holding, zu der auch die Schweizer Warenhausgruppe Globus gehört, stellt in Wien einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverantwortung. Dieses Verfahren, eine Art österreichisches «Chapter 11», gibt insolventen Unternehmen die Möglichkeit, mit eigenem Management ein Sanierungskonzept zu entwerfen und umzusetzen.
Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Für die Globus-Gruppe, die im Februar 2020 je hälftig von Signa und der thailändischen Central Group übernommen wurde, ist die Signa-Pleite das vorläufige Ende eines Schreckens. Seit Wochen brachte jeder Tag neue Bad News zu Signa, was das Zeug hatte, Globus-Mitarbeitende und Lieferanten zu verunsichern.
Womöglich hatte man gar nicht mehr auf eine gütliche Lösung gehofft. Benko war zuletzt verzweifelt auf Geldsuche und wandte sich dabei in extremis an den angelsächsischen Hedgefonds Elliott Investment Management. Dass dort kein Gnadengeld floss, ist wohl eine gute Nachricht. Das Finanzvehikel des New Yorkers Paul Elliott Singer gilt als wenig zimperlich im Umgang mit seinen Beteiligungen.
Diese Erlösung weicht jetzt der Unsicherheit darüber, was nun nach diesem Misserfolgseingeständnis mit Globus passiert. Und was das für die Finanzen der Schweizer heisst. Die Warenhausgruppe kann aktuell offenbar nur erschwert auf ein Darlehen zugreifen, das ihr die Migros im Frühling 2020 gewährt hatte (siehe Box).
Thailändische Central Group steht Globus bei
Im aktuellen Fall erscheint es als ausgemachte Sache, dass die Globus-Co-Besitzerin, die thailändische Central Group, den Schweizern weiterhin beisteht. Das jedenfalls hat das Unternehmen kurz nach Bekanntgabe der Signa-Insolvenz am Mittwoch der Nachrichtenagentur AWP gemeldet: «Unabhängig von der Position unseres Joint-Venture-Partners beabsichtigt Central Group all ihre europäischen Luxusgeschäfte, einschliesslich Globus, zu unterstützen.»
Die Firma werde sicherstellen, «dass sie die notwendige Unterstützung erhalten, um ihren Betrieb wie gewohnt weiterführen zu können.»
Damit erhält die These Auftrieb, dass die Central Group das tun wird, was sie kürzlich in England getan hat. Dort besassen Signa und Central Group zusammen die Warenhauslegende Selfridges. Als Signa dramatisch zu taumeln begann, sicherten sich die Thais eine Mehrheit und retteten Selfridges.
Eine Aktion, die so auch ins Schweizer Beuteschema der Central Group passen würde.
André Maeder mit wichtiger Rolle
Wird der Schlachtplan umgesetzt, dann wird eine Schweizer Führungskraft wichtiger, die schon lange in den Diensten von Signa und der Central Group steht: André Maeder. Der Retail-Profi verdiente sich seine Sporen von 1995 bis 2002 bei der englischen Warenhausjegende Harrods ab.
Weniger glücklich agierte Maeder, als er vor bald 15 Jahren versuchte, Charles Vögele (CV) mit dem Einsatz der spanischen Kinoikone Penélope Cruz hip zu machen. Nach knapp zweieinhalb Jahren kam es bei CV zu Maeders Abgang. Weil er die Schweizer Agglo-chic-Kleiderhändlerin in Höhen habe heben wollen, wo sie niemals hingehörte, nörgelten die einen. Die anderen nahmen Maeder in Schutz: Für eine derart aussergewöhnliche Imageveränderung habe ihm der Verwaltungsrat viel zu wenig Zeit gegeben.
Mehr zum Zusammenbruch der Signa-Gruppe
Nach dieser Schmach war Maeder zehn Jahre Chef der Kadewe-Group, zu der auch das namengebende Berliner Warenhaus gehört. Der Schweizer kennt beide Kadewe-Group-Co-Besitzer – Signa und Central Group. Und er setzte dort seine Vision eines «Trading-up» erfolgreich durch. Seine Reputation hat Maeder also trotz der Charles-Vögele-Niederlage längst wiederhergestellt. So sehr, dass er per Mai 2024 zum Chef der britischen Luxuskaufhausgruppe Selfridges befördert wurde.
Jene Selfridges, die im Signa-Strudel nun von der Central Group gerettet wurde. Maeder wird in England zum Grossherzog des paneuropäischen Warenhausgeschäfts. Zum Imperium gehören auch die niederländische Warenhausgruppe De Bijenkorf sowie die Häuser von Brown Thomas und Arnotts in Irland. Vor drei Wochen verabschiedete sich Maeder mit einer Grussadresse auf dem Karrierenetzwerk Linkedin von seinem Kadewe-Job: «Ich beginne ein neues aufregendes Kapitel in meiner über 40-jährigen beruflichen Laufbahn.»
Aktuell sitzt der Mann, der seit 2020 auch im Globus-Verwaltungsrat drin ist, zwischen zwei Jobs. Vielleicht nicht mehr lange. Für Beobachter gilt es als ausgemachte Sache, dass Maeder für die Central Group jener Stratege ist, der ihre europäischen Luxuswarenhäuser besser verzahnen, organisieren und dabei Synergien heben soll. Ob und wie sehr es bei Signa in den nächsten Tagen knallt, könnte bestimmend für seine Rolle sein. Beobachter der einstürzenden Altlasten von Signa jedenfalls sehen Maeder als jenen Mann, der die ganze europäische Luxuswarenhausgruppe der Central Group in neuen Schwung bringt. Auch Globus.
Migros und die 200 Globus-Millionen: Ein Darlehen, kein Discount
Als die Migros am 4. Februar 2020 den Verkauf der Globus-Warenhäuser an das Joint-Venture von René Benkos Signa und der thailändischen Central Group bekannt gab, nannte sie keinen Preis. Kolportiert wurde damals ein Bruttobetrag von 1 Milliarde Franken.
Kurz nach Beginn der Pandemie – der Bundesrat rief Mitte März 2020 eine «ausserordentliche Lage» aus – machte ein weiterer Betrag die Runde: Die Migros sei den Käufern mit 200 Millionen Franken entgegengekommen. Ein Rabatt quasi, der den neuen Besitzern helfen sollte, während der ungewissen Corona-Zeiten über die Runden zu kommen. Zwei unabhängige Quellen bestätigen der «Handelszeitung», dass die Summe der 200 Millionen in etwa stimme. Es handle sich dabei aber nicht um einen Discount auf den Kaufpreis, sondern um ein Darlehen. Kein Preisnachlass also, sondern vielmehr ein Kreditrahmen, der nicht den neuen Käufern, sondern gezielt Globus gewährt worden sei. Dies als Massnahme, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.
Gemäss dieser Darstellung sei es Globus möglich, in Zeiten erschwerter Liquidität variabel Tranchen dieser Kreditfazilität zu beziehen. Gemäss den Quellen habe Globus seit 2020 einige Male davon Gebrauch gemacht; das ursprüngliche Darlehen sei nun zu einem Teil beansprucht. Seit das Signa-Imperium wankt und die Situation zunehmend unsicher wurde, sei Darlehensgeberin Migros zurückhaltender geworden mit Auszahlungen, heisst es. Die Migros selber will dazu keine Stellung beziehen: «Über die Verkaufsdetails wurde Stillschweigen vereinbart.»